Jürgen Nendza
Picknick I-IX
Picknick I-IX
I
WIR BREITEN UNS AUS
auf einer Decke
aus Euphonie und Zufall,
auf der wir uns näher
verbergen beim Betrachten
des Distelfalters: Masala,
sein gewürzfarbener Flug
im Aufwirbeln von Licht
und Staub. Die Luft
ist ein Kopfkissen
unter der Esche, das wir
uns teilen,wie das Flüchtige,
das uns zusammenhält,
die Picknick-Box,
das metallische Band der Straße,
der Geruch geschnittener
Gräser, unter dem wir
Empfindungen sehen,
die uns umkreisen: Tandemflüge
über dem Weiher. Körper,
die einem Meeresfisch
ähneln und verfliegen
in dem, was wir sagen,
zwecklose Prozesse,
unbehaust wie Sonne,
Tee und Gebäck.
II
KLEINIGKEITEN
picken wir auf im Mittagslicht,
das sich staut, das Gras
überzieht
mit einer Bewegung,
in der wir schwimmen
im Denken, wie das Gehirn
schwimmt in einer Flüssigkeit
in uns, weltumspannend
in eine Teezeit hinein
und sich verzweigt
mit einer gefiederten Maske:
Der Distelfink sprenkelt
dein Ohr. Dein Bild
von ihm gleicht einer Perle,
um Sand gebaut, ein Stern,
der nicht aufgehen kann
hinter den Augen,
der sich täglich nähert
im Grün, in Krümeln
und Käfern, während wir
uns versorgen und
die Apfelhälfte
nachdunkelt
in deiner Hand.
III
AUFGEFALTET
haben wir unsere Haut
zu einem Fallschirm,
zu einer geräumigen Fläche,
die sich verschiebt
in das Ausmaß deines Zopfgummis
am Handgelenk: Eine Spirale,
Sequenzen, hineingebunden
in die Welt, in eine Fallhöhe
von Augenblick und Zukunft.
Ein Abschnitt von uns
lockert die Erde
unter dem Grün,
die uns beschläft
mit ihrem Gedächtnis,
durchwächst mit einer fernen
Verbindung. Und siehst du das
Gras an, siehst du das
Unsichere, das sich aufrichten
wird mit jeder Erwartung,
die anderes sieht
als sich selbst.
IV
ESCHEGEFIEDER,
das Unsichere richtet sich
ein in der Verschiebung
von meeresfischähnlichen
Körpern, die über eine Decke
fliegen, die keinen Rand hat
außer uns. Wir essen,
trinken wie Einübungen
in eine große Euphonie,
mit Empfindungen,
die uns zerstreuen
zu einem Teelicht
unter der Sonne. Das Gras
selbst sei ein Kind,
sagst du und entfaltest
dich in eine Handbreit
Vertrauen, das sich dreht
mit der Erde, in Spiralen,
die einander umlaufen
mit Halmen am Schuh.
V
DAS MITTAGLICHT
wächst durch uns
hindurch und der Distelfalter
zieht mit seinem geräumigen
Ausmaß ins Gebirge
und Denken, das seine Fühler
ausstreckt und aufliest
einen Käfer in der Hand,
geschnittenes Gras und
Gebäck. Du weißt nicht,
sind wir wirklich
im Freien, wenn wir
uns immer näher verbergen
in dem, was wir sagen
und das Flüchtige
uns zusieht und teilt,
während die Apfelhälfte
nachdunkelt
hinter den Augen
und das metallische
Rauschen zwecklos
ein Sandkorn umkreist.
VI
UNSERE HAUT
ein Gefieder, das auffliegt
in Klarnamen,
in Stieglitz: Das Gehirn
ein schwimmender Stern,
unter dem wir
uns erheben und beugen
aufgefaltet in Teezeit,
Augenblick und Erwartung,
in Krümeln unter der Esche.
Etwas von uns
lockert die Erde,
zieht Perlen auf
eine Spirale. Dein Zopfgummi,
hineingebunden
in eine Fallhöhe ´
Hand in Hand,
in ein Bild,
das Verbindungen
verschiebt, Denken
und Gras.
VII
AUF UNSERER DECKE
geschnittenes Gras
und zufällig mit uns
verteilt unter der Sonne
schwirrt ein komplexes
Auge im metallischen
Rauschen. Wir sehen
Gefieder, teilen Geruch,
und Gebäck, das Kopfkissen
aus der Homöo-Box. Meeresfische
richten sich auf
mit dem Flimmerhaar
in deinem Nacken, Empfindungen,
die uns näher verbergen
und sammeln zu einer Handbreit
Vertrauen: Masala,
die Krümel, die Esche
und was alles als etwas
schwimmt in deinem Gehirn,
weltumspannend in Perlen
aus Licht und Staub.
.
VIII
EINE RANDLOSE
Fläche, das Gras,
auf dem wir liegen
im Sprechen, das in uns
kreist um Kleinigkeiten
und wie gemalt
hockt der Distelfink
in der Verzweigung. Umläuft
ein Kettchen seinen Fuß?
Du übst dich ein
ins Verkörpern. Wir
essen, trinken mit Käfern
am Ohr, sehen
im Denken unbehaust
das Mittagslicht,
als wäre es
ein spielendes Kind
mit Halmen an Schuh
und Spiralen und
die Maske,
die nachdunkelt
in deiner Hand,
ist ein Apfel.
IX
WIR TEILEN
die Geräumigkeit
eines Augenblicks und
das Gebäck, indem
das Flüchtige beginnt
uns zu erinnern: Die Esche,
ihr Pfeil in den Gliedern. Sequenzen,
eine Fallhöhe aus Zufall
und Sonne, die uns durchwächst
mit einem Distelfalter
hinter den Augen.
Wir brechen auf,
falten die Decke zusammen,
die keinen Rand hat
außer uns und sammeln
das Unsichere ein,
während die Welt
am Weiher sich dreht
um ein fernes Gedächtnis
und du sie hineinbindest
mit einem Zopfgummi
in dein Haar.