Adam Wiedemann 

Translator

O nein, liebe Eule, ich werde nicht bleiben,
auch wenn der Wind das Laub der Weiden

im Sommer rascheln lässt wie Unterröcke,
selbst wenn im Winter zwischen der Strecke

aus Hasen und Rehen ein Einhorn läge,  
gefangen im Schoß der Jungfrau – so träge

mag ich nicht sein. O nein, liebe Eule,
hier ist es schön, doch eine Fäulnis

von Seelen, die nie und nie fliegen,  
und der Staub dürrer Geister liegen

wie ein Fluch auf dem Land. Ohne Ende  
rennt man hier gegen menschliche Wände

und fällt stets auf sich selbst zurück.
Warum, liebe Eule, soll man gebückt  

über Feld und Wiese gehen, wenn man
auch aufrecht verschwinden kann?

Hier stehe ich und kann nicht anders,
als innerhalb dieses gelben Rechtecks zu bleiben,
das akkurat auf den Bahnsteig gemalt worden ist.

Ob die anderen Fahrgäste uns Raucher  
neidisch oder verächtlich beäugen, weiß ich nicht,
doch ich weiß, dass ich dieses Ghetto

den Fundamentalisten zu verdanken habe,
gleich welcher Couleur, und daher:
Fahrt zu Hölle, ihr Fundamentalisten!

Was wir im Augenblick erleben, ist ein Rollback
hinter die Grenzen von Freiheit und Toleranz
im Namen dessen, was angeblich gut für uns ist,

ein bequemes Argument, das vielen Eltern
seit jeher als Vorwand dient, ihre Kinder zu quälen,
und wann, fragt man sich, begehrt endlich jemand dagegen auf?

Doch wir sind alle so träge geworden,
so träge und satt, und während ich rauche,
muss ich feststellen, dass der Qualm,  

vom Wind getragen, die Frechheit besitzt,
sich über das gelbe Rechteck hinwegzusetzen,
und das – gibt mir irgendwie zu denken.

Schalt alles aus, ob Licht oder Leben,
und was du eben  
sagtest – wir wollen nicht reden,  

sondern barfuß über das Wasser gehen,
und zwar solange, bis unsere Zehen
blutig gelaufen sind. Verstehen

werden wir nichts, aber das ist egal,
denn unterwegs wird die Sonne fahl
und fahler werden, das leuchtende Mal

auf deiner Stirn wird heller strahlen  
als je zuvor, und auch die Male
auf deinen Brüsten werden wie klare

Sterne die dunklen Körper erhellen.
Wir stoßen vor bis zu den Quellen
dessen, was ist, und aufwärts durch Schnellen

gelangen wir schließlich zu Stillstand und Strom.

Schon wieder ein Kreatief, und das am Dienstag!,
denke ich, als ich im Schlafzimmer stehe,

vor mir mein schlafzerwühltes Bett
und den Herrendiener, der mit dem Pyjama

wie eine Vogelscheuche aussieht,  
die Albträume abschrecken soll. In der Luft  

liegt dieser Muff, halb heimelig
und halb erstickend, ausgedünstet

vom Organismus, der über Nacht
im Standby-Modus läuft und dessen Augen,

nach innen gerichtet, Höhlenforschung
in Geist und Seele betreiben, stets auf der Suche

nach Verbindungstunneln und Verliesen,  
in denen Sukkubus und Dämon

darauf warten, Amok laufen zu können.
Genau diese Freiheit brauchen sie manchmal,

doch ich habe sie offenbar so tief eingekerkert,
nachdem sie, entfleucht, zu wild gewütet hatten,

dass ich sie nicht mehr finde. Wieder am Schreibtisch,  
knirsche ich ohnmächtig mit den Zähnen   

und beschließe meinen Roman mit einem Happy-End.