Megan Matich 
Translator

on Lyrikline: 1 poems translated

from: 德文 to: 英文

Original

Translation

Ausschreibung zum Familienfest

德文 | Max Czollek

ich wende mich an diejenigen
die gebrauchte zahnbürsten kaufen
für den bürgersteig und merken
die arbeit ist bereits getan

die an regenschirme glauben
auch bei bombenwetter
und werden vom schweiß ganz nass

die einen bauchschuss vortäuschen
um durch die musterung zu kommen
und dabei so überzeugend sind
dass sie verbluten

die sich freuten
würden fremde ihr gesicht besetzen
ohne erst um erlaubnis zu bitten





ich wende mich an diejenigen
die als väter auszogen
und zurückkehrten als söhne

die im lidl standen und glaubten
es sei zeit zu den waffeln zu greifen

die in der morgendämmerung
eine tür eintraten
und sich anschließend entschuldigten

die sich auf keinen fall
lebendig fangen lassen, deren blutkörper
kugelsichere westen tragen





ich wende mich an die letzten minuten
auf der wilhelm gustloff, an die brennende heimat

ich wende mich an diejenigen
die die zündschnur nicht bemerken
die von den worten in die vergangenheit reicht

die mit einem stuhlbein auf der ostsee treiben
die im tauwasser der eisberge geweihten

die nach der sturmflut hühnergötter suchen
und bernstein, die in erdgeschichte bewanderten
die immer seetang finden und keine haare





ich wende mich an diejenigen
die im fischmarkt einen aal ersteigern
ihn wieder in die elbe schmeißen
denen sonst nichts einfällt
zum thema freiheit

die hollywoodschaukeln besitzen
und genügend aufgänge
ein leben treppen zu steigen

die ihre hände strecken zur kapitulation
und dabei behaupten
sie würden nach sternen greifen

die nordsee für ein geräusch halten
die sich eine flasche
auf die augen drücken
die den einsatz verdoppeln
aussteigen, ohne ihr blatt zu zeigen





ich wende mich an diejenigen
die keine lastwagen an der ampel sehen
sondern deutsche in osteuropa

die keine flugzeuge am himmel
ohne new york, damaskus, kabul, caracas
seoul, ramallah, belgrad, tel aviv, heiligendamm

ich wende mich an diejenigen
die im schatten der giganten marschieren
denen angenehm kühl ist dabei

an jene in geliehenen anzügen
in ubahnen, schauläden, leeren gläsern
in himmelbetten, bester erinnerung
in meinen gebeten





ich wende mich an die zugvögel
denen ich glauben schenken möchte
von ganzem herzen

an die tanzenden, ich versuche sie
mir in die dämmerung zu stellen, mit ihren
beinen aus carbon

ich wende mich an die adern
meines schläfendeltas, deren verlauf ich
im kalklicht der besuchertoilette einer gedenkstätte
zu orten versuche

und dabei merke, dass ich bereits alles
wieder vergessen habe





ich wende mich an diejenigen
die schon immer mal lucky strikes
an einer tankstelle rauchen wollten

die sich bärte wachsen lassen
um dahinter ihre zähne zu verstecken
die keine angst mehr haben vor den ärzten

eine geheimwaffe erfinden
und die baupläne auf dem weg zum treffpunkt
unter ihrer sitzbank vergessen

wende mich an diejenigen
die gürtel besitzen für ihren bauch
und einen koffer für stark frequentierte orte
hauptbahnhöfe, große freiheit, stelenfeld





ich wende mich an diejenigen
die keine albträume haben
denen die welt auch so eine kugel gibt

deren geballte faust die eigenen
finger bricht, die im schlaf
schon über dachkanten hinaus

ich wende mich an diejenigen
unter birkengestöber
für die es im frühjahr schon schneit

die schulen besetzen
weil sie nicht mehr weiter können
die in meiner scheiße waten
die ich vergessen habe





ich wende mich an diejenigen
deren auszug für heute geplant ist
die wissen, wo sie ihre bücher lassen

die lieder kennen
von denen keiner mehr sagen will
er habe sie vorher nicht gemocht

an diejenigen, die erdfrüchte
in salzwasser tunken, die fröhlich sind
und wissen, es ist doch ohne grund

die den göttern ihre erwartungen opfern
die nur noch lyrik verstehen und sonst nichts





schließlich wende ich mich an diejenigen
die glauben, nachts warten die leeren spiegel
auf ihr verlassenes gesicht

diejenigen, die die verweinten augen
ihrer eltern vergruben und dabei unheilbar waren
wie himmel am abend

diejenigen, die sind wie die schwalben
die schlafen im flug

die am ende vom himmel fallen
ohne viel geschrei

© Verlagshaus Berlin
from: Jubeljahre
Berlin: Verlagshaus Berlin, 2015
Audio production: Haus für Poesie, 2017

Open Call: Family Party

英文

i now turn to those
who buy used toothbrushes
to scrub the sidewalk
and realize the work
has already been done

who trust in umbrellas
even under clear skies
and end up soaked in sweat

who fake a shot to the stomach
to fail the military physical
and are so convincing
they bleed to death

who’d be glad
if their face were occupied by a stranger
who didn’t first ask permission

i now turn to those
who left as fathers
and returned as sons

who stood in Lidl and reckoned it time
to pull the pin from their pomegranades

who kicked in the door
at dawn
and apologized after

who, under absolutely no circumstances
will be captured alive, their blood cells
clad in bullet proof vests

i now turn to the final moments
aboard the wilhelm gustloff, to the burning homeland

i now turn to those
who don’t notice the lit fuse
traveling from what’s already been said

those adrift in the baltic, baptized in the meltwater
of icebergs, clinging to a chair leg

those who search for adder stones after storm tide
and amber, who, so well-versed in earth science
always find kelp, and never hair.

i now turn to those
who bid on an eel at the fish market
to chuck it back into the elbe—
nothing else occurs to them
on the topic of freedom

those who own porch swings
and enough staircases
to climb them for a lifetime

those who reach for the sky just to surrender
and contend
they’re trying to touch the stars

those who believe the north sea is a sound
who press a seashell
to their eye
who double their bets
and fold without showing their cards

i now turn to those
who don’t see trucks at the traffic light
but instead germans in eastern europe

who don’t see planes in the sky
without new york, damascus, kabul, caracas
seoul, ramallah, belgrad, tel aviv, heiligendamm

I now turn to those
who march in the pleasant chill
of the shadows of giants

to those wearing borrowed suits
in metros, showrooms, empty glasses in canopy beds, in fond memories
in my prayers

I now turn to the migration of birds
in which I want to believe
with all my heart

to the dancers
with carbon legs I try
to poise in the dusky light

I turn to the veins
in the delta of my temple, whose paths I seek
in the limelight of the public toilet
at the memorial site

before I notice I’ve already
forgotten everything I learned in this place

i now turn to those
who’ve always wanted to smoke lucky strikes
at the gas pump

who let their beards grow
to hide their teeth
no longer afraid of the dentist

who invent a secret weapon
and forget the blueprint under a bench
on their way to the rendezvous point

i now turn to those
who own a belt to strap to their chest
and a suitcase for heavily-trafficked places
train stations, st. mark’s, the holocaust memorial

I now turn to those
who don’t have nightmares
because the world is hard enough

whose clenched fist
breaks its own fingers, who roll
off the roof in sleep

i turn to those
caught in a gust of birch seeds
when it’s already snowing in spring

who shelter in schools
because they can’t go any farther
who wade in my waste
whom I have forgotten

I now turn to those
who know where to leave their books
before the exodus today

who profess the old songs
but don’t want to admit
they had to hide them before

to those who dip celery
in saltwater, happy even though
they know there’s no reason for it

who sacrifice their expectations to the gods
who only understand poetry and nothing else

I finally turn to those
who believe empty mirrors hold vigil
for their vacant faces

who buried the tear-stained eyes
of their parents, incurable
as the sunset’s reds

who are like the swallows
that sleep in flight

and fall from the sky
without making a fuss

Translation Megan Matich