BLIND LOVE

I

When Hitler married Eva Braun
just days before committing suicide,
the war now lost, the Allies advancing,
all of Berlin reduced to rubble,
was it blind love that drove him on
to marry Eva while defying his generals
who wanted nothing more than to surrender
ten-year-old boys still left to defend
Blut, Boden and Reich for their Führer
trapped in a bunker, no way out
but to marry the woman who loved him
and sought the blessing of God her maker?

II

In Otto Weidt’s workshop for the blind
one can still see the machines they used
for brooms and brushes wound in the dark
insidious days before the deportations,
Weidt’s own secretary, Alice Licht,
landing in Auschwitz, where, because
of his love, he made them an offer
on brooms and brushes in order to find
Alice alive and in a neighboring camp,
though he didn’t see her but only heard
she’d received the packages he’d sent
without knowing if he’d ever see her again.

III

Could it be true Frau Goebbels played
a game of solitaire after having killed
all five of her children as they slept,
cyanide preferable to what she imagined
the Russians would do once they arrived,
the children depending on her to help
soothe them asleep as the bombing continued
to pummel the air above the game
that she laid out, snapping crisply
each card on the table she had just used
to mix the doses the children drank
gladly before bedtime, could it, could it?

IV

“If only things could remain the same,”
Alice wrote to Otto on a card
thrown desperately from a passing train
and mailed anonymously by someone
who read, “Whoever finds this drop it
in a mailbox,” or “no trace of Ulkus,”
or “greetings Pappi!... heading to Birkenau”
and knew, despite the fact that Alice
would survive, come back to Berlin and leave
for America, where she would then marry,
ignoring Otto’s dying plea for her to return,
this was a message of hope for the future.

V

And so each night the prisoners played
scales and arpeggios, a Dvořák quartet,
secretly in the hold of the pathology lab
where by day the bodies were dissected
in search of abnormalities, the delicate
instruments filling the room with music
played from a score laid out on the table,
for all they knew this being their last
performance together while sawing away
at the hopeless, shattering grief contained
in the second movement of Schubert’s Eighth,
haunting and beautiful, and unfinished forever..

© Peter Filkins
从: unpublished
录制: 2005, M.Mechner / Literaturwerkstatt Berlin

BLINDE LIEBE

I

Als Hitler Eva Braun heiratete
wenige Tage bevor er Selbstmord beging,
den Krieg inzwischen verloren, die Alliierten
im Anmarsch, ganz Berlin lag in Trümmern,
war das blinde Liebe, die ihn antrieb
Eva zu heiraten, während er seinen Generälen trotzte
die nichts mehr wollten, als sich zu ergeben,
zehnjährigen Jungs war die Verteidigung von Blut
Boden und Reich überlassen, für ihren Führer,
der in einem Bunker gefangen, keinen andern Ausweg sah
als die Frau, die ihn liebte zu heiraten und
den Segen Gottes, ihres Schöpfers zu erbeten?


II

In Otto Weidts Blindenwerkstatt kann man
noch immer die Maschinen sehen, genutzt
um Besen und Bürsten zu knüpfen in den dunklen,
tückischen Tage vor den Deportationen,
Weidts eigene Sekretärin, Alice Licht,
landete in Ausschwitz, wo er, aufgrund
seiner Liebe, ein Angebot über Bürsten
und Besen unterbreitete, um Alice lebendig
und in einem benachbarten Lager zu wissen,
obwohl er sie nicht sah, sondern nur hörte,
dass sie die geschickten Päckchen erhalten habe
ohne zu wissen, ob er sie jemals wiedersähe.


III

Kann es wahr sein, dass Frau Goebbels
eine Patience legte, nachdem sie alle fünf
ihrer Kinder getötet hatte, während sie schliefen,
Cyanid sei dem vorzuziehen, was sie sich von den
Russen erwartete, wenn sie erst einmal da wären,
die Kinder verließen sich auf sie, die ihnen
sanft in den Schlaf half, im fortgesetzten Bombardement,
die gepufferte Luft über der Partie, die sie legte,
in Bewegung, jede Karte knapp auf den Tisch
schnappend, den sie gerade benutzt hatte
um die Dosis anzurühren, die die Kinder tranken,
frohgemut vor dem Schlafengehen. Kann es, kann es?


IV

"Wenn alles nur so bleiben könnte, wie es ist",
schrieb Alice an Oskar auf einer Postkarte
verzweifelt von einem fahrenden Zug geworfen
und von einem namenlosen Finder verschickt
der las: "Wer immer diese Karte findet, werfe
sie in den Briefkasten", oder: "keine Spur von Ulkus",
oder "Grüße Pappi!.. auf dem Weg nach Birkenau"
und der wusste, dass der Tatsache zum Trotz, dass Alice
überleben, nach Berlin zurückkommen und nach Amerika
auswandern, wo sie dann heirateten würde,
Oskars sterbende Bitte zur Rückkehr ignorierend,
dies eine Hoffnungsnachricht an die Zukunft war.


V

Und so spielten die Gefangenen Nacht für Nacht
Tonleitern und Arpeggios, ein Quartett von Dvořák,
geheim, in der Verborgenheit der Pathologie
wo tagsüber die Körper seziert worden sind
auf der Suche nach Abnormitäten, füllen
die feinen Instrumente den Raum mit Musik
von dem Blatt gespielt, das auf dem Tisch lag,
denn das würde - soviel sie wussten - ihr letzter
gemeinsamer Auftritt sein, während sie an der
hoffnungslosen, zertrümmerten Trauer im
zweiten Satz von Schuberts Achter drechselten,
gespenstig und wunderschön, und für immer unvollendet..

Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Monika Rinck