Oliver Mertins
Journey
Warfen die grünen Haselkleider von uns, zogen aus,
wohin es sollte, wußtens nicht, ins Unbekannt, ins Unbenannt,
was wir gesehen, Gleißen in einem Wolkenwirbel das geblendet,
uns verbrannt, bis wir die weißen Gesichter verloren,
hüllten uns in Zimt und Nelken, brüllten auf in schlechtem Wein,
und der Wiedehopf mahnte –
Wie lange noch nur Nüsse und Rosinen verlangen –
und die weiß zur Ernte kamen nannten sich durchdunkelt
wie den Zucker auf der Glut, den braunen Hut des Sommerflieders,
verbrannt, verbannt in trunkener Wut
und ohne Namen endgültig losgesagt von Stamm und Wurzel,
warfen die gewürfelten Kleider in den Becher, zogen aus,
wohin es wollte, ahntens schon, in einen Namen, eine Klamm,
ins Tal das ein Berg, nach innen gestülpt, ein Strumpf des Geizes
und der Gier, zum Tor eines Mundes, einer Frucht, in Feuer
getaucht und um den Wurm geschlossen,
und der Wiedehopf mahnte –
Das Herz ist dein Meister, laß ab von der Rose und vom Roten –
da es heißt, in jedem August mußt du dich beugen
unter heiß gespannten Himmeln tiefer über dein Versagen
und die zertretene Nacktschnecke küssen, bis dir
hinter allen Fragen Schrei um Schrei am weißen Wolkenkragen
das Bussardmal dein Herz zerspleißt,
was uns geschehen, die ersten brachen hier den Bund
und vernähten ihre Lippen um einen Mundvoll Staub,
da ihre Hände hohlen Lautes taube Früchte nach uns warfen
die zerfielen zu Faullaubgemunkel am Grund wie Gerüchte
und die Raupen spannen klebrig Schlaf –
Hüllten uns ins Maulwurfskleid mit dem Stern vorn an der Nase,
was wir gesehen, auf jedem Dorn ein Falter in den Schlehen,
das Korn geschoren, der übermannshohe Wiedehopfmaisschopf,
unter Schwalbensicheln hüben wie drüben nichts als Rüben
und brach lag die Sonne auf den Feldern, kalt und fern im weiten Raum,
und eine Stunde zum Donner gefroren stand im Tauperlentag
und die Wespen verschliefen die Kelter im Pflaumbaum
und die Meisen riefen winterleise kiwitt kiwitt
alles ist Tand, nichts ist zu fassen
und in Fichtenschneisen schwand über Sinterterrassen Licht
im Schlund von hundstagegelbem Sand,
nur die Kreuzotter unterm Kreidestein, rasselndes Gebein
im Grillenbecher und die Schleierspur vom Wimpernschlag,
traumalter Reiherflug vor blauen Nebelwäldern,
brustüber Sumpfdotter, Schlingen und Krallen bei prasselnden Beeren,
Erlenlabyrinthes Smaragdgewölbe, rotgeäderter
Holunder und Burgunderschwären von Nesselschlägen auf der Haut,
überall Fallen, wo bist du, kann nicht, weiß nicht, hier, hier, hier, Echolaut
den Reisenden allein geblieben,
und der Wiedehopf mahnte –
Geh Schritt für Schritt sonst geht der Weg und nur dir verloren,
wer den fünften Becher greifen will muß vieren erst entgegenreifen –
da gingen wir Hand in Hand, zogen am Spinnenstrang durch trübe Luft,
wochenlang schauerummantelt und naß bis auf die Knochen
in tropfendem Farnwald und dunstrotem Fluß wenn die Nacktschnecken
aus ihren Blattverstecken krochen
zum Schnitterklopfen im Hopfenherzen,
fanden das Tal, den verschleierten Baum, daran jedem die Steinfrucht
im Moschusduft brannte, was uns geschehen, in der Frucht war ein Glanz,
war ein Wurm und im Wurm waren Augen und in den Augen tanzten
Hyazinthpupillen aus Trauer und Haß wie eiserne Stanzen –
Und der Wiedehopf mahnte –
Verzehre dein Ich und schlag den Hund daß der Löwe zittert –
was geschah, die letzten verloren Rat ans Rätsel und den Pfad,
einer senkte seine Hände in Blut, rannte gellend durch den Wald,
einer verlor sein Gesicht an die Furcht und verwitterte,
bitterte zum Gast aus Stein, doch einer lang vergangen blieb und sang,
der einen Namen trug, welcher wie dieser hieß und doch nicht klang
wie dieser, schwere Last aus Scheitern, einfach, weiß es nicht,
und der Wiedehopf mahnte –
Wann hörst du auf die Kelle zu lieben und suchst das Wasser? –
was er sah, ein Leuchten, in einer Mauer eine Nische darin ein Glas
um eine Flamme sternenstill, und was er sieht, den Glanz,
Tropfen wie er und meerversunken,
der heller wird, entfernt er weinend Haut um Haut, und was er schaut,
Tropfen wie er und meerversunken,
ist Licht, im roten Zwiebelherzen, das ihn blind macht für die Schleier,
ihren Reigen der in Nacht verhallt, ihm enthüllt sein flaches Auge
zu einem Berg aus Tränen der ins Tal stürzt und ihn namenlallend
mit sich reißt dem Meer entgegen das ihn ruft bei seinem Namen
jener klingt wie deiner nur den er schrie nur wenn er träumte,
und es hieß, dies war der Falke, im Windhosenstrudel gefangen,
und es hieß, dies war die Nachtigall, abgehangen, blutig tropfend
auf dem Dorn der Rose, kommt er, durchkommt die Klamm in deinem Namen,
unter dem Libellenflügel,
schwarze, grüne Schale brich sie, die melonenrote Lohe, weis sie,
spreng die Erbse aus der Schote,
geh nicht, fließe, geh nicht unter, Sonne auf dem Wellenkamm
Tropfen wie er und meerversunken