In letzter Zeit träume ich oft, dass ich eine Pflanze bin.
Winzige Wurzeln, wie scharfe Gedanken,
die sich weit in der Erde verzweigen;
sie finden Ritzen, wo Ritzen am unwahrscheinlichsten sind.
Ritzen im Dunkeln, die, hat man sie erstmal gefunden,
ihre Bedeutung verändern.
Was zu Beginn vielleicht nur eine Veränderung ist
wird später zu einer feingliedrigen Schöpfung führen:
Aus den Ritzen werden Tunnel,
wird eine geheime Art der Ernährung.
Zunächst beherrscht deine Dramatik das Geschehen:
Vom Stiel sprießen frische weiche Härchen,
gegen die selbst die Haut von Frauen irgendwie künstlich wirkt.
Aber Künstlichkeit ist nicht der Punkt; wichtig ist,
sobald man die Symbolik dieses Stiels erfasst
wird aus den Eingebungen der Erde
eine Art Lebensfreude, die offenbar nur du verstehst.
Und was noch wichtiger ist, solange es Leben ist
wird es insgeheim antworten. Es ist also
kein bisschen überraschend, dass du noch in dieser Tiefe
das Zwitschern eines Zeisigs hörst.
Schon aus einer einzigen Antwort können die Karten werden,
die man aufdeckt: Weißt du, ich träume so etwas
wirklich nicht nur für mich.
(November 2010)