Tobias Roth

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Amanda DeMarco

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Ritratto di gentiluomo sulla terrazza

                                       Lorenzo Lotto, 1533, 108cm x 101cm

Einige Blätter und Blüten Jasmin auf dem Tisch.

Die Landschaft klar wie Granatapfelfleisch.

Der Genuss muss nicht gerufen werden.
Gestützt auf einen Brief, die Hand grüßt nach außen.


Durch Städte bin ich gegangen,
Nicht mehr und nicht weniger.
Da habe ich Menschen sehen können,
Frauen, als sie klassisch hießen,
Männer, die als erhaben galten,
In dem Moment, als sie es waren,
Ohne es zu wissen.
Ich dachte an Kinder und Greise,
Die zueinander aufblicken.

(Sein Weg geht an Landhäusern vorbei
Und an hängenden Gärten
Tief im Inneren einer Stadt,
Wo Zitronen vor die Füße fallen.)

Alte Säulen säumten meinen Weg.
Man sagt, ich hätte sie zu deuten gewusst,
Wie den frischen Mohn unter ihnen,
Aber ich sage auch nach der langen Arbeit,
Von der niemand wissen darf,
Ich habe sie nicht verstanden.

(Selbst mit einem Namen wird er
Sich nicht mehr beschweren wollen.
Vielleicht fliegen gerade Falken
Und Botschafter an ferne Türen,
Aber er achtet nicht darauf.)

Kurz bevor ich aufwache
Habe ich keine Erinnerung an mich;
Kurz bevor ich einschlafe
Vergesse ich alles von mir;
Vielleicht ist die Sehnsucht
Des einen nach dem anderen
Das Band, das mich zusammenhält.

(An den Schläfen entlang geflochtene Zöpfe
Und ein Sturzbach daneben:
Rispenbündel Weizen,
Dichte Kordeln Ruß.)

Ich sehe die Welt und ihr
Rohes Fleisch und verbrauche
Mich im Widerstand.
Ich kann Zeit vernichten,
Aber niemals Zeit vergessen.

(Er darf niemals müde sein.
Das ist sein Kreuz.)

Ich finde keine Form.
Die Frage ist nicht, was einst
Mit meinen Gütern geschehen wird.

(Er wird lächeln wie eine Sonne.
Ob du willst oder nicht,
Ob er es fühlt oder nicht.)

© Verlagshaus J. Frank, 2013
Iz: Aus Waben
Berlin: Verlagshaus J. Frank, 2013
Avdio produkcija: Literaturwerkstatt Berlin, 2013

Ritratto di gentiluomo sulla terrazza

                                       Lorenzo Lotto, 1533, 108cm x 101cm

A few leaves and blossoms of jasmine on the table.

The landscape clear as pomegranate arils.

Pleasure need not be summoned.
One hand resting on a letter, the other beckons beyond the frame.


I made my way through cities,
Nothing more, nothing less.
There I saw the people,
Women, as they’re classically known,
Men, who were considered noble,
At that moment they really were
Without knowing it.
I thought of children and the old,
Who raise their eyes to one another.

(His path passed country houses
And hanging gardens
Deep within a city
Where lemons fell at men’s feet.)

Ancient pillars lined my path.
They say I would have known what they meant,
Like the fresh poppies beneath them,
But I say, even after that long travail,
Which no one must know of,
I did not understand them.

(Even with a name, he will
No longer want to complain.
Maybe falcons are flying just now
And ambassadors at distant doors,
but he pays this no mind.)

Just before I wake,
I have no memory of myself;
Just before I fall asleep,
I forget all I know of myself;
Maybe the longing
For the one after the other
Is what holds me together.

(Plaits along their temples
And a coursing stream beside them:
Sheaves of wheat,
Thick cords of soot.)

I see the world and its
Raw flesh and I consume
Myself in resistance.
I can kill time,
But I can never forget time.

(He must never grow tired.
That is his cross to bear.)

I find no form.
The question is not what
Will happen to my goods.

(He will smile like a sun
Whether you want it or not,
Whether he feels it or not.)

Translated by Amanda DeMarco