Kwame Dawes

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Uljana Wolf

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ROPE

To hold our lives together on the cart
before the slow march after midnight
along back-roads, blind-driving, the scent
of the exhaust making us drowsy, every
shadow in the fields a threat of sorts;
we use rope thick as two thumbs side-by-side,
pulling hard on the knot to keep our
parts from falling by the wayside. We
have kept this rope supple with oil,
constant use, never letting it stay
idle long enough to rot. It is hard
to look at the coiled silence of our
strongest rope and not think of what
it has held; the heavy grey –green
battered bucket knocking the stone
sides of the wall; top water spilling
back down, this cherished substance,
carrying our lives; the mare, white
and grey, plodding across the wide
open field at dusk, her head heavy
with labor, the rope a caress
against her neck, the way she
turns towards a gentle tug, we
hold the balance of our need
in thin rope; the dead weight
of Junebug at dawn, his skin still
steaming, his beautiful black skin
catching the morning light, tender
among the leaves, how we found him
there, his neck stretched, the wrapping
of several yards of taut rope
around the drooping branch; where
we found it, how we undid the knot,
let his body down into our
arms then carried it like a soldier’s
flag; bearing it behind the cart
shaking along with his swollen body.
This ordinary rope, this gift
we cannot forget, this remembrance
of what we have lost. Some day,
a soul will come out of the fields
to claim it, and then we will know.

© Kwame Dawes
Iz: from Rattle #40, Summer 2013
Avdio produkcija: Literaturwerkstatt Berlin, 2015

Das Seil

Um uns am Leben zu halten, zusammen,
auf dem Wagen vor dem langen Marsch
nach Mitternacht, auf Landstraßen, halb-
blindes Fahren, wo Abgase uns schläfrig
machen, jeder Schatten Gefahr ruft im Feld:
fassen wir ein Seil, zwei Daumen dick,
krallen uns um den Knoten, damit wir
nicht hinunterfallen, tot am Wegrand liegen.
Wir haben dieses Seil gepflegt mit Öl,
mit ständigen Gebrauch, nie lange ruhen
lassen, dass es uns zerfällt. Man kann kaum
das geflochtene Schweigen unseres stärksten
Seils betrachten, ohne dran zu denken,
was es hielt: den schweren, graugrün
zerbeulten Eimer, der an die Steinwand
seitlich schlug; das Wasser oben, das
hinunter rann, die heilige Substanz,
die unser Leben sichert; die Stute, weiß
und grau, wie sie sich abschuftete, das
weite, offene Feld am Abend, ihr Kopf
schwer vom Joch, das Seil ein Sanftes
am Hals, wie sie danach den Kopf dreht,
bei jedem leisen Ziehen, wir balancieren
mit diesem Seil, dünn, unsere Not;
die tote Schwere von Junebug am
Morgen, seine Haut noch warm,
seine schöne, schwarze Haut im
Morgenlicht, so zerbrechlich zwischen
den Ästen, wie wir ihn fanden, dort,
sein Hals gestreckt, das straffe Seil
so viele Male um den hängenden
Ast gewunden; wo wir ihn fanden, wie
wir diesen Knoten lösten, seinen Körper
auffingen mit unseren Armen, ihn trugen
wie eine Soldatenfahne; trugen hinterm
Wagen, zitternd mit seinem geschwollenen
Leib. Dies einfache Seil, diese Mitgift,
die wir nicht vergessen können, Erinnerung
an das, was wir verloren. Eines Tages wird
eine Seele aus den Feldern treten und es
zurückfordern: dann werden wir erfahren.

Übersetzt von Uljana Wolf