Rita Dove

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Fred Viebahn

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THE BRIDGETOWER

per il Mulatto Brischdauer
gran pazzo e compositore mulattico
–– Ludwig van Beethoven, 1803

IF was at the Beginning.  If
he had been older, if he hadn’t been
dark, brown eyes ablaze
in that remarkable face;
if he had not been so gifted, so young
a genius with no time to grow up;
if he hadn’t grown up, undistinguished,
to an obscure old age.  
If the piece had actually been,
as Kreutzer exclaimed, unplayable–– even after
our man had played it, and for years
no one else was able to follow––
so that the composer’s fury would have raged
for naught, and wagging tongues
could keep alive the original dedication 
from the title page he shredded.  

Oh, if only Ludwig had been better looking,
or cleaner, or a real aristocrat,
von instead of the unexceptional van
from some Dutch farmer; if his ears
had not already begun to squeal and whistle;
if he hadn’t drunk his wine from lead cups,
if he could have found True Love.  Then
the story would have held:  In 1803
George Polgreen Bridgetower,
son of Friederich Augustus the African Prince
and Maria Anna Sovinki of Biala in Poland,
traveled from London to Vienna
where he met the Great Master
who would stop work on his Third Symphony
to write a sonata for his new friend
to premiere triumphantly on May 24,  
whereupon the composer himself
leapt up from the piano to embrace
his “lunatic mulatto.”
  
Who knows what would have followed?
They might have palled around some,
just a couple of wild and crazy guys
strutting the town like rock stars,
hitting the bars for a few beers, a few laughs . . .
instead of falling out over a girl
nobody remembers, nobody knows.

Then this bright-skinned Papa’s boy 
could have sailed his fifteen-minute fame
straight into the record books–– where
instead of a Regina Carter or Aaron Dworkin or Boyd Tinsley
sprinkled here and there, we would find
rafts of black kids scratching out scales
on their matchbox violins–– so that some day
they might play the impossible:  
Beethoven’s Sonata no. 9 in A Major, op. 47,
also known as The Bridgetower.

© Rita Dove
Iz: Sonata Mulattica
New York & London: W.W. Norton & Company, 2009
Avdio produkcija: Literaturwerkstatt Berlin 2009

DIE BRIDGETOWER

per il Mulatto Brischdauer
gran pazzo e compositore mulattico
Ludwig van Beethoven, 1803

WENN stand ganz am Anfang. Wenn er nur
älter gewesen wäre, nicht dunkel,
die braunen Augen lodernd
in seinem bemerkenswerten Gesicht;
wäre er nur nicht so begabt gewesen, so jung
ein Genie, ohne Weile, erwachsen zu werden;
wäre er nicht, ohne sich weiter hervorzutun,
zu einem obskur hohen Alter gelangt.
Wenn das Stück tatsächlich,
wie Kreutzer behauptete, unspielbar gewesen wäre -- selbst
nachdem unser Mann es gespielt hatte, und jahrelang
ihm niemand zu folgen vermochte --
sodaß des Komponisten Empörung umsonst
gewütet und Hörensagen die ursprüngliche Widmung
am Leben erhalten hätte
von der Titelseite, die er in Fetzen riß.

Oh, wenn Ludwing nur stattlicher gewesen wäre,
oder sauberer, oder wirklich von Adel,
von statt des ordinären van
eines niederländischen Bauern; wenn seine Ohren
nicht schon angefangen hätten zu quietschen und zu pfeifen;
wenn er nicht seinen Wein aus Bleibechern getrunken hätte,
wenn es ihm gelungen wäre, wahre Liebe zu finden. Dann
wäre in die Geschichtsbücher eingegangen, daß sich im Jahre 1803
Georg Polgreen Bridgetower,
Sohn von Friedrich Augustus dem afrikanischen Prinzen
und Maria Anna Sovinki aus Biala in Polen,
aufmachte von London nach Wien,
wo er den Großen Meister traf,
der daraufhin die Arbeit an seiner Dritten Symphonie unterbrach,
um für seinen neuen Freund eine Sonate zu schreiben,
die am 24. Mai ihre triumphale Uraufführung erlebte,
woraufhin der Komponist höchstpersönlich
vom Klavier aufsprang und die Arme
um seinen "tollen Mulatto" schlang.

Wer weiß, wie die Geschichte gelaufen wäre?
Sie wären vielleicht weiter miteinander rumgezogen,
zwei Burschen außer Rand und Band,
die die Stadt auf den Kopf stellten wie Rockstars,
sich in Kneipen ein paar Biere kippten und einen Jux machten...
statt sich wegen eines Mädels zu entzweien,
an das sich niemand erinnert, das niemand kennt.

Dann hätte dieses bronzehäutige Vatersöhnchen
auf seinem Fünfzehnminutenruhm zielsicher
in die Ruhmesbücher zu segeln vermocht -- wo wir,
anstatt einer Regina Carter oder einem Aaron Dworkin oder Boyd Tinsley
hier und da, Scharen schwarzer Kinder
finden würden, wie sie ihren Schulgeigen
krächzende Tonleitern entlocken, sodaß eines Tages
ihnen das Unmögliche zu spielen gelänge:
Beethovens Sonate Nr. 9 in A-Dur, Opus 47,
auch bekannt als "die Bridgetower".

Übersetzt von Fred Viebahn