Beatrix Kersten 

Translator

die Zeit der Albträume bricht an – so beginnt der August –

schrecklicher als die zerlöcherte Kriegsbettdecke

oder lichter als der Wassermelonenschnitz eines Kinderlächelns

mit keinem Armeefernglas sind sie von hier auszuspähen

ich sehe nicht, worauf ich stehe

falle nur in Schlaf

falle in Schlaf

falle in Schlaf

falle in Schlaf

in einem bösen Traumgesicht eingeringt in einer Eiche im nahen Park

was ist es heut schwül – sagst du –

und zerfließt im Dunkel der Kriegsberichte

die sich um den Hals schlingen als schwarzes Band

ich sage – mir ist aber kalt – ich will schlafen

die ganze Zeit schlafen

die ganze Zeit schlafen

die ganze Zeit schlafen

als könnte man den Krieg unterm erstickenden Kissen eines Nickerchens töten

und zücke einen Albdruck aus dem Schlaf eines Fremden

wie das Messer aus der Hosentasche Verzeihung

und das Blut tut nicht weh

fällt nur

fällt

fällt

fällt

als Tränen ukrainischer Gärten 

ein erstarrtes Menschenmeer wälzt den Stein um im Mund

jene tote Sprache der Zeit, in die wir uns verwandeln

wenn der Wind den Lebensfaden kappt wie eine Blüte

und verwebt in die lange Nacht des Vergessenwerdens

die Toten sagen: wir suchten Heimstätten wie das Licht

und fanden sie nicht und die Erde setzte uns an den Tisch

und jetzt essen wir täglich die schmutzige Musik der Stille

dunkle Gräuel aus Erinnerungen übertragend vom Hörensagen

die Toten sagen: ums Gedenken zu kämpfen obliegt den Lebenden

wir halten uns an den Grabinschriften

wie Bäume mit vertrockneten Wurzeln an der Luft

in den Handtellern der Kinder aber stechen die wie Schlangen

die Toten sagen: alles, was wir wussten, ist fremd geworden

unsere Straßen sind uns unter die Erde gefolgt

und aus dem Ghetto der Geschichte kommen wir jetzt nicht mehr heraus

ist unsere Vergangenheit doch ein totes, vergiftetes Wasser

die Toten sagen: die Lebenden trinken die Hoffnung aus unseren Knochen

die Hoffnungssamen aber sind uns abhanden gekommen unterwegs

sind in der Kehle aufrecht stecken geblieben und wenden den Blick ab

wie der Stein, der den Lebenden schwer unter der Zunge liegt

das Gedächtnis vertrocknet wie sommers im Garten das Gras

(alarm luftgefahr im großteil der ukrainischen oblaste)

ich drehe den Schlüssel im zerbrochenen Schloss

und die Tür zur Vergangenheit schließt sich

den Raum im Osten irgendwo da mitten in mir

überwuchert das Unkraut der Bedrohung irgendwo hier und nirgendwo

Verschüttet werden in der Abraumhalde – Lieblingsschauermärchen aus Kindertagen

(achtung alle in den schutzraum)

was fühlen Sie jetzt

wird in so gut wie jedem Interview gefragt

den Eisklumpen Krieg*

wie der abgeschlagene Flaschenhals Donbas mir die Kehle aufschlitzt

und die Scherben einer gestohlenen Jugend Hände und Füße

diese schönen Metaphern – Zerrspiegel Literatur

ich kann mich nicht entsinnen

was ich fühle

(achtung entwarnung luftgefahr beendet)

und klammere mich aus

* im Original Deutsch

kommt bei uns aus dem Hahn heißer Krieg

kommt bei aus dem Hahn kalter Krieg

wie kann das sein, gar kein Krieg

der war aber doch für nach Mittag versprochen

haben es mit eigenen Augen angekündigt gesehen

«Krieg stellt sich ein ab 14 Uhr Null Null» 

schon drei Stunden jetzt ohne Krieg

sechs Stunden ohne Krieg

was, wenn kein Krieg kommt bis Abend

Bügeln geht nicht ohne Krieg

Kochen geht nicht

Tee ohne was Süßes geht nicht ohne Krieg

schon acht Tage jetzt ohne Krieg

wir haben begonnen zu müffeln

die Frauen wollen sich nicht mehr zu uns legen

die Kinder haben ihr Lächeln vergessen und greinen

warum haben wir immer geglaubt, dass der Krieg niemals aufhört

wieder und wieder zu den Nachbarn gehen um Krieg

drüben auf die andere Seite unseres grünen Parks

Angst haben, den Krieg zu verschütten auf dem Weg

Leben ohne Krieg als vorübergehende Erschwernis gelten lassen

Hierzulande gilt als widernatürlich 

wenn kein Krieg durch die Leitungen strömt

in jedes Haus

jede Kehle

Der Regen fiel vier Monate ohne Unterlass,

vernichtete die Saat, riss das Obst vom Baum,

bewässerte sorgfältig die Sträucher am Straßenrand, war zögerlich

wie Rekruten auf ihrem Marsch zu einem fremden Krieg.

Und keiner von uns wusste, wo genau das Kampfgebiet begann,

und keiner vermochte sich das wahre Ausmaß der Verluste vorzustellen.

Und um die Moral zu stärken, stieß zu uns eine Frau namens Nadeschda,

sie dachte überhaupt nicht ans Sterben.

Jeder Mann, wiederholte sie, führt seinen eigenen Krieg,

hat eine heiße Waffe in der Hand und ist bereit, bis ans Ende daran

festzuhalten,

aber dem Sieg ist es egal, mit wem er‘s hält, er ist eine Schlampe

und gehört niemandem.

Und wir hörten, wie in ihrer Kehle der Donner rollte,

als sie ihre abenteuerlichen Marsch- und Wiegenlieder sang,

und in jedem Tropfen ihres aseptischen Speichels

war das Gift der Liebe.

Denn jede Frau, sagte sie, erlebt eine solche Liebe,

die sie in die Knie zwingt, ihr einen Lauf in den Mund steckt

und dann – nicht tötet. Es regnet durch sie hindurch,

Kolonne nach Kolonne,

um ihr Blut wegzuspülen.

alles, was sie mich lehrten — ist wertlos jetzt

nichts nehmen, nichts geben, gleich vergessen

bloß nichts verfechten

(und gleich komme ich mir wie ein Fechter vor)

alles, was sie mich lehrten

sind Regeln fürs Degenfechten

— die Linie nicht überschreiten

— sich an die Vorschriften des Angriffsrechts halten

(Wir sind hier beim Sport, nicht im Straßenkampf!)

— Ausfallschritt links, Ausfallschritt rechts —

das ist alles, was sie mir über die Freiheit sagten

noch immer lese ich die Zeichen deines Respekts

wie Verkehrszeichen, die die Vorfahrt regeln auf schmaler Straße

und halte mich sklavisch daran

ließe ich mir selbst freien Lauf

stellte sich alles, was sie mich lehrten

als wertlos heraus

lass die, die auf Fotos allein sind, zu Paaren werden

lass die, die morgens nicht aufstehen mögen, Sinn erfahren,

lass die, die Beschuss und Brand entkamen,

ein Haus, einen Sohn, Einkäufe haben, sich um Gardinen sorgen,

lass die sich vergeben, die alle Brücken abbrach,

lass den die Hände heben, dem man im Nacken sitzt,

lass die Wartenden abwarten, die Schlafenden aufwachen

bei Tagesanbruch, doch nicht vor Qual,

lass das Haus, das Vater erbaute, erhalten bleiben,

lass dicke Haut zärtliche Leidenschaft spüren

lass den Vogel nicht in der Hand, sondern Vogel sein,

Vogel im Wortsinn, auf Baumwipfeln, Leitungen

lass die Matrosen von der Fahrt, aus Gefangenschaft heimkehren

lass saubere Schuhe sein und Lavendel im Schrank und Nacht

lass alle schreiben „du bist mit uns”, synchron

und sogar, wenn es nichts einbringt oder hilft

lass es verschütteten Tee und späte Tänze geben

lass es dünne Kleider und Regenbögen und Winter geben

lass jede Begegnung notwendig in Abschied münden,

doch wertvoll in sich sein, nicht im Gedenken

lass Ideen sein und Arbeit und Zeit

wer die Hände hob, den lass sich retten und errettet werden

lass die Gerechten mit den Gerechten aufstehen oder mit denen,

die was recht ist, vielstimmig hören

lass die Klugen lernen und die Dummen lass auch lernen

lass jeden nach seinem Verdienst und einfach so

lass es unserer Erde helfen, und sei’s nur ein bisschen,

dass wir uns und einander selbst in der Hand haben

und da lebst du dann wie es scheint ohne Recht auszubrennen

wie es scheint ohne Pläne, und hinter jedem Sieg mit einem neuen Berg

die Freunde haben ein großes, weißes Boot an den Pier gelegt

um acht legt es ab, bloß den Morgen erreichen

und da bist du dann wie es scheint liebend, glaubend, arbeitsam

lebend, du stiehlst nicht, brichst nicht die Ehe, hast keinen getötet, 

suchst nicht das Deine, verteilst deine Worte,

und achtest wie es scheint die Pflichten und Rechte

im Büro für Schöpfer, Produktion und gute Taten

dein Tisch steht dort zur Rechten, wo jeder Dritte gern wäre

himmlisches Licht, Reinheit und Blumen und schon ist es Zeit

und das Recht auszubrennen kommt dir nicht zu

und da bist du dann wie es scheint begreifst du, siehst ein,

bis zum Hals in Arbeit. Und die Finsternis naht, ringsum Finsternis,

und zum allerletzten Mal hängt alles von dir ab

und hast du keinerlei Recht, heute auszubrennen

das weiße Blatt, der Stift, der Stapel gelesener Bücher

die Freunde, das Schiff, unbedingt kehrst du dahin zurück

ein Herbstblatt mitten im Sommer, ein neuer Baukran

Ladezustand halten, sonst ist der große Schirm tot

Meine Ukraine ist eine Patchworkdecke,

genäht aus allerlei Flicken mit grobem Stich, schneid ja nichts weg und wirf nichts fort.

Oh fantastisch gesprenkelte Amme,

oh heiliges Land der Sonnenblumenfelder und Plastikfenster.

All deine Städte sind dekommunisiert,

all die kaputten Straßen und schwarzen Flüsse sind Lebensadern,

alle Menschen und Unmenschen, ununterscheidbar von außen,

begegnen mir, damit ich jetzt weitergehe.

Und trennen sie eines Tages in Kyjiw

oder im geliebten Gebiet Tschernihiw mich auf,

wird auch meine Flickenukraine aufgetrennt,

und ihre lebendige Saat sprießt zwischen den Garagen.

Ich werde bei dir bleiben, das sicher, oder vielleicht.

Und kein Pathos, nur ein Schrei für die Länge eines Atmers

durch die Fabriken, Kirchen, Plattenblöcke, Rathäuser:

“Sei gesegnet! Einen anderen Ausweg hast du nicht".

Zu mir kommen Kuriere.
Montags liefern sie Wasser.
Dienstags Karten für einen satanischen Ball.
Mittwochs Blumen gehüllt in Papier.
Donnerstags eine Schachtel mit Kätzchen.
Freitags einen Strafzettel für Falschparken.
Samstags einen Stapel Zeitungen mit Fehler.
Am Sonntag Medikamente für den Nachbarn, er war gerade gegangen. Ein Antiallergen gegen
intergalaktischen Transport und weiße Fahnen auf dem Feld. Dazu ein Flüstern. Und die Haut,an
die wir uns gewöhnen, so dass wir nicht mehr davon lassen können.
Ich stehe da, halb von Sinnen.
Nirgendwo enden die Schwellen.
Ich schlucke Nachbars Tabletten.
Wasser gibt’s noch genug.
Blumen auch für eine Woche.
Der Nachbar wartete nicht auf die Post,
er kreist in seinem Orbit
und schickt mir Kuriere.

Vielleicht wurde er als Abhörer von Telefongesprächen geboren
Er trank und hörte zu
Begriff den Mechanismus
Spürte, wie die Telefonschnüre zu unfreiwilligen Zeugen zitternder Stimmen wurden
Nicht umsonst binden kleine Kinder sie sich unten am Rücken fest
Und tun, als seien sie geschwänzte Teufelchen
Ja, da ist was dran, dabei wissen die Kinder doch gar nicht, 
Dass die Schnüre, ehe man sie vom Hörer geschnitten hat,  
Mit Beziehungen vollgestopft worden sind 
Die dann durch die Löcher an beiden Enden herausquellen
Und mit dem Klang der Schellengürtel verschmelzen,
Die die Kinder beim Melanka-Fest um die Taille tragen
Ihr Klang erinnert ja an das Läuten
eines alten Telefonapparats
Später schlugen sie dem Abhörer das Fenster ein
Da trank er und hörte zu
Wie der Wind kleine Stückchen Fensterglas zum Läuten brachte
Aber er hörte nicht mehr
Was als Antwort verhallte. 

“Nichts gibt es in diesem Land”, sagte Lots Frau
voller Wut und Verachtung. “Was kriegt man hier schon?”
Die Suppe köchelt, ein fremdes Kind schläft (dwadzieścia Zloty die Stunde),
und Lot schafft derweil Autos aus Holland ran.

Alles hatte sie durch - Erdbeeren pflücken, eine Alte pflegen
in einer Stadt, wo die Leute nur in ihren Betten starben,
wo ungeschriebene Regeln seit Jahrhunderten galten,
wo die Wasserspeier an den Kirchen fett wurden.

Die Hauptsache ist - sich nicht umzudrehen, um nichts in der Welt zurückzugehen.
Es sei denn in fremde Zimmer. Um Kleider und Schuhe abzulegen,
Ewigkeiten unter der heißen Dusche zu stehen und immer
schon einzunicken, wenn der Himmel sich beige verfärbt.

Die Hauptsache ist - die Tochter zu drillen. Denn hier ist nichts.
Nur die Morgende zu Haus, so klingend, und die Stille am Abend…
Und plötzlich schreit sie fürchterlich, etwas von Gott,
wenn der Zöllner wieder ihre Habe durchsucht.

Lot ist gegangen, Mama ist krank. Harrt aus. Stellt zu Peter und Paul
eine Kerze auf. Das Licht kratzt an ihren kalten, rauen Händen.
Sie weiß genau, irgendwo irgendwann geht ein Schuss fehl.
Warum sonst wären diese Wangen so salzig?

Menschen in Flip-Flops gegen Menschen in Kampfstiefeln.
Obwohl, nein, da gibt es kein “Gegen”.
Keinen Gegensatz.
Menschen in Flip-Flops warten
auf Menschen in Kampfstiefeln,
messen jeden Schritt ab, jeden Tag –
dreihundertfünfundsechzig, dreihundertvierundsechzig…

Oder warten nicht.
Packen Koffer für Griechenland.
Ferien, Sommer.
Niemandes Pflicht, letzten Endes…

Oder warten nicht, packen Koffer für Griechenland,
spenden aber, spenden,
neue Sommerstiefel aus Cordura und Nubuk
für alle Achille.
Um zu retten.

Der Möglichkeiten sind viele.
Alle richtig oder nicht.

Abends werfen Menschen in Kampfstiefeln Ballast ab
und krebsen zurück in ihre Schalen,
ihre Schlafsäcke.
Scrollen noch eine Weile
durch parallele Leben in Smartphones,
wundern sich ein wenig.
“Griechenland. Geil. Will ich auch mal…”
Und dann kommen kurze, quälende Träume
von Mänaden oder Sirenen
mit Honigstimmen.

Schlaf, Geliebter.
Du weißt, gegen Morgen
träumt man immer
von den Liebsten,
jenen in Flip-Flops
und jenen in orthopädischen Sandälchen.

Die Geschichte des bukowinischen Herbstes ist ein halbes Hundert Monate meines Lebens lang. Es ist meine persönliche Geschichte: Ich habe 16 Jahre in Czernowitz gelebt, ich habe also 16 bukowinische Herbste auf dem Buckel. Ein weiteres Jahr wohnte ich in den Bergen, wo ich als Lehrer arbeitete. Noch ein bukowinischer Herbst. In den Büchern, die ich geschrieben habe, haben die Herbste ihre Spuren hinterlassen, Lesezeichen, gewebt aus Rauch und bestickt mit den Funken der Holzfeuer. In meinen Gedichten, insbesondere den frühen, kann man den trockenen Husten des Oktobers hören und riecht den säuerlichen Geruch eines Regenmantels, der der ins Dämmerlicht sinkenden Sonne übergeworfen wurde. Sollte die Geschichte des bukowinischen Herbstes jemals zum Schulfach werden, könnte der Geschichtslehrer ein, zwei Zitate zum Rauch, dem Prasseln und dem Husten gut einflechten. Ihren Autor zu nennen, stünde ihm frei.

Wo anfangen?

Mit den wuchernden Kreuzblütlern?

Dem Chor der Kapelle?

Oder ganz direkt:

mit dem Südflügel und dem Refektorium der Mönche?

Ja, über den Hof mit den Arkaden, an der Rabatte entlang

über der die Quadriga schwebt, Dionysos und Aridane,

im Vorbeigehen die Loggia küssen mit ihrer runden Nische,

mit den Augen den Pilaster streifen,

von Haus der Zöllner aus bleibt das unsichtbar.

In der Bibliothek im Nordflügel wird gekocht.

Ein Ziegel längs, ein Ziegel quer

Und hier, einen Steinwurf weiter -

ich folge brav -

der Seitenflügel mit den Gemächern der Fürsten.

Die Wendeltreppe, die Turmgalerie. Der Ostflügel mit dem Saal

für die Zusammenkünfte unserer Lippen. Endlose Fluchten,

ich bin ja auch mal auf der Arbeit, von Wartezimmern.

Warum bin ich nicht Shiva, diese Kreatur aus einem Oktopus und einer Tausendfüßlerin?

Eine Hand da - im Hohlraum, eine Hand dort - im Kranz der Wappenzähne

die dritte auf dem Turm

mit dem Walmdach.

Und wohin jetzt?

Durch die Doppeltür mit ihren prachtvollen Verzierungen

oder durch das Bronzeportal des Haupteingangs?

Zwischen den geborstenen Giebeln auf allen Vieren zum Torhaus

durch das Glockengestühl?

Oh, du meine romanische, meine spätgotische,

meine sechsschiffige

mit deinem durchbrochenen Schnitzwerk!

Die Bewegung der Tür, wie wenn ein Mensch stöhnte im Schlaf.
In tiefer Stille wartete ich unruhig
bis die offene Tür zuging, und dabei 
das höhere Stöhnen umschlug in ein tieferes Timbre, ein Stöhnen im Bass.
Ich stellte mir den Menschen vor, als Kind, beim Versteckspiel, hatte er sich
hinter dem unscheinbaren Türchen
in der dämmrigen Ecke der Wohnung verborgen.
Ich fragte mich, warum man ihn so lange nicht gefunden hatte.
Es hatte wohl niemand in dieser Ecke gesucht, da war der Mensch eingeschlafen
und mit der Zeit einfach hineingewachsen in die Tür, und jetzt 
ertönte sein Stöhnen.
Ging die Tür auf, war das Stöhnen zarter, fröhlicher,
als sähe der Mensch, dass die Tür offen war und er frei,
ging die Tür wieder zu,
stöhnte der Mensch im Bass, unwillkürlich,  
als wäre es das letzte Mal.
Da hielt ich es nicht mehr aus und schrie:
He du, Mensch, ewiger Türsteher, der du eingewachsen bist in die Tür! 
Wach auf, ich will weder blindlings hinstürmen, 
noch klopfen, noch herausposaunen, dass du da bist, 
aber ich habe dich gefunden, Mensch, 
wo alle dich verlassen haben, habe ich dich gefunden.
Wach auf, ich bin gekommen,
dich herauszuholen aus der Tür
und sie zu schmieren
mit meiner eigenen Stimme.