Michael Apweiler 
Translator

on Lyrikline: 5 poems translated

from: malteščina to: nemščina

Original

Translation

Tak, jako pták

malteščina | Antoine Cassar


Este nervio enroscado, estas escamas de ayer,
und die Erschöpfung folgt. Giù per gli urbani paschi,
dal-ġisem tqil li nġorr għal għonq it-triq tal-maskri,
flux d'encre qui se sclérose entre âpres fibres de fer,

song perched in the leaves drowned by engines scratching the air,
skrataċ, skariġġ, skorfini, scorbuto venduto in fiaschi,
–můj mozek je mozaika, jak rozházené oblázky–,
Angst mit hungrigen Zähnen, escombros por doquier,

ah, les entrailles des choses! Voilà qu'ils souhaitent un vers
–yes, with a wistful sigh, a voice gone sombre and dusky,
b'geddum, b'għadab mirqum, b'tixbiha ma’ wiċċ Laskri–,
dites-moi, combien de fois dois-je dire «la mer», «la mer» ?

So, like a bird to fly through sky unseen unheard,
a word free from its form, a sound in beauty blurred,

a volo, ’il fuq, là-haut, sul vento me ne vo,
sa delli twil imneżża’ mal-ewwel xefaq jgħib...

glisser sur l'oreiller du soleil mouillé couchant,
refuge jusqu'à l'éveil, die Welt ein Schlummerreim.

© Antoine Cassar
from: Mużajk. An Exploration in Multilingual Verse
Edizzjoni Skarta, 2008
Audio production: Literaturwerkstatt Berlin 2009

So wie ein Vogel

nemščina


Nerven in Fetzen, Hautschuppen von gestern,
und die Erschöpfung folgt. Hinab durch Großstadtweiden,
der schwere Körper, den ich auf der Straße der Masken muss erleiden,
Strom von Tinte, wird zwischen harten Eisensehnen fester,

Gesang im Laub, übertönt von kreischender Maschinen Schall,
Hülsen, Lasten, Nüsse, Krätze verkauft in Flaschen,
–mein Gehirn ein Mosaik, wo Kiesel im Chaos rascheln–,
Angst mit hungrigen Zähnen, Schutt und Trümmer überall,

ah, die Innereien der Dinge! Denn sie rufen „Verse her“,
–ja, mit tiefem Seufzer, Stimme trüb, gedämpft und hastig,
Kinn misslaunig, Wut verfeinert, Gesicht wie Laskri–,
sprich, wie oft muss ich sagen „das Meer“, „das Meer“ ?

So wie ein Vogel fliegen durch den Himmel, ungesehen, ungehört,
ein Wort frei von Form, ein Klang, dessen Schönheit betört,

im Flug, hinan, hinan, der Wind trägt mich voran,
bis mein langer blanker Schatten mit dem ersten Horizont verschwindet…

gleiten auf dem Kissen der wässrig untergehenden Sonne,
Zuflucht bis zum Wecken, die Welt ein Schlummerreim.

Ins Deutsche übersetzt von Michael Apweiler

Hüzün

malteščina | Antoine Cassar


İstanbul'da bir güz. Tarifsiz bir hüzün:
toute épreuve n'est qu'ébauche. Schlafwandlerstadt, awash
amid the mist, ambula por la bruma, iroxx
liżar tal-fwar mal-lampa, qui nulle part n'y allume...

Blinking, beckoning, barking, basking in the dusk, strewn
with the absence of May. İpek gibi ve loş,
miroir brouillé de buée où la soif se reproche,
bħall-gawwi abjad ragħwa wara t-tranja tal-barkun.

İşte dumanlı nur, ein staubig Abendsturm,
pátina de hollín. In a back alley lodge,
un derviche s'épanouit comme une orchidée blanche,
reaching up to be gathered with the scythe of tattered moon.

Estambul es distancia, es ansia de otro ayer,
–bugün dün, yarın dün, ve dün sonsuz bir keder–

belt itqarnat max-xatt, titlenbeb miż-żinżifru,
belt tiżżerżaq mis-swaba’ appik appik imissu,
belt titfettet, titfellel, titgerrem mill-bebbux...

Bir varmış, bir yokmuş, açık kanatlı kuş,
er träumt von höherem Flug noch zwischen Sturz und Sturz.

Sous une lune en décours, j'ai lu dans la lueur
l'écriture qui demeure sur les murs de malheur:

Minarets pierce the clouds
pining towards the sun.
The flame has done its rounds.
The light, once more, undone.

Dans l'automne monochrome Istanbul embaume son âme.
Bu akşam boğuyor. Çan. Can. Ezan. Hazan.

© Antoine Cassar
from: Mużajk. An Exploration in Multilingual Verse
Edizzjoni Skarta, 2008
Audio production: Literaturwerkstatt Berlin 2009

Melancholie

nemščina


Herbst in Istanbul. Traurigkeit, nicht greifbar:
jeder Versuch ist reine Skizze. Schlafwandlerstadt, schwimmend
im Nebel, umherirrend im Dunst, eine Decke
von Dampf über die Lampe breitend, die das Nirgendwo bescheint …

Blinkend, lockend, bellend, badend in der Dämmerung, bestreut
mit dem fehlenden Mai. Samten und trübe,
dampfgetrübter Spiegel, Durst, der sich selbst rügt,
wie die schaumweißen Möven, die der Gischt des Boots folgen.

Dunstiger Glanz, staubiger Abendsturm,
eine Patina von Ruß. In einer Hütte in einer kleinen Gasse,
blüht ein Derwisch wie eine weiße Orchidee,
reckt sich hoch, wird von der krummen Sichel des Mondes abgemäht.

Istanbul ist Ferne, die Sehnsucht nach einem anderen Gestern,
–heute ist gestern, morgen ist gestern, und gestern ist endlose Trauer–

eine Stadt, ihre Tentakeln entlang der Küste ausgestreckt, geplättet vom beißenden Wind,
eine Stadt, die der sich schließenden Hand entschlüpft,
eine Stadt, in Scheiben geschnitten, zerkrümelt, von Schnecken zerfressen…

vor langer Zeit, ein Vogel mit weiten Schwingen,
er träumt von höherem Flug noch zwischen Sturz und Sturz.

Unter dem abnehmenden Mond las ich im Schimmer
die Schrift, die auf der Klagemauer bleibt:

Minarette durchbohren die Wolken
verzehren sich nach der Sonne.
Die Flamme hat ihre Runde vollendet.
Das Licht, wiederum, ungeschehen.

Im monochromen Herbst findet Istanbul Balsam für die Seele.
Dieser Abend ist erdrückend. Glocke. Geist. Der Ruf zum Gebet. Die Melancholie des Herbstes.

Ins Deutsche übersetzt von Michael Apweiler

Ciao amore ciao

malteščina | Antoine Cassar


Adagio, a tuo agio, il festeggiar d'un bacio,
tbissima lewn ix-xemx, turisti f'art il-ħolm,
arc-en-ciel, que tu es belle!, deux corps qui font une ombre,
si scioglie la mia lingua, e chiudo gli occhi, e taccio...

mais, vrai, j'ai trop pleuré! Bufera a fine maggio,
de rigueur, le malheur, perduto ormai l'amor,
old and cold, my soul sold, the seams of dreams untold,
e il cuore disseccato in un tubo da saggio.

Ahimè, me equivoqué, faccio un auto da fé,
una rosa è una rosa, ma tu sei una sposa,
u għad ninsa, għad ninsa t-togħma ta' ġildtek ħalib il-mogħża...

papillon de janvier, laissons-le, ça y est,
colorín colorado, este cuento se ha acabado,
my friend, this is the end, adieu, ho abdicato.

© Antoine Cassar
from: Mużajk. An Exploration in Multilingual Verse
Edizzjoni Skarta, 2008
Audio production: Literaturwerkstatt Berlin 2009

Leb wohl, meine Liebe

nemščina


Langsam, entspannt, der Kuss ein Fest,
Lachen in Sonnenfarbe, im Traumland auf Tour,
Regenbogen, wie bist du schön!, zwei Körper, ein Schatten nur,
meine Zunge schmilzt, ich schließe die Augen, verschweig den Rest…

aber, ja, zuviel geweint! Ende Mai ein Sturm,
unausweichlich, das Unglück, die Liebe verloren,
alt und kalt, die Seele bezahlt, die Säume der Träume verhallt,
und das Herz seziert, unterm Mikroskop wie ein Wurm.

Oh wie schlecht, Recht hatt’ ich nicht, mache ein Gottesgericht,
Rose ist Rose, doch du in verheirateter Pose,
ich werd vergessen, vergessen den Duft deiner Haut, die ich kose…

Falter im Januar, lassen wir ihn, das war’s,
colorín colorado, aus mit Bravado, vorbei,
mein Freund, ich danke ab, fort wie ein Tornado.

Ins Deutsche übersetzt von Michael Apweiler

C’est la vie

malteščina | Antoine Cassar

Run, rabbit, run, run, run, from the womb to the tomb,
de cuatro a dos a tres, del río a la mar,
play the fool, suffer school, żunżana ddur iddur,
engage-toi, perds ta foi, le regole imparar,

kul u sum, aħra u bul, chase the moon, meet your doom,
walk on ice, roll your dice, col destino danzar,
métro, boulot, dodo, titla’ x-xemx, terġa’ tqum,
decir siempre mañana y nunca mañanar,

try to fly, touch the sky, hit the stone, break a bone,
sell your soul for a loan to call those bricks your home,
fall in love, rise above, fall apart, stitch your heart,

che sarà? ça ira! plus rien de nous sera,
minn sodda għal sodda niġru tiġrija kontra l-baħħ,
sakemm tinbela’ ruħna mill-ġuf mudlam tal-art

© Antoine Cassar
from: Mużajk. An Exploration in Multilingual Verse
Edizzjoni Skarta, 2008
Audio production: Literaturwerkstatt Berlin 2009

C’est la vie

nemščina


Lauf, Hase, lauf, lauf, lauf, von der Wiege bis zur Bahre,
erst vier dann zwei dann drei, vor Fluss bis zum Maare,
spiel den Clown, Schule down, Fliege taumelt durch den Raum,
tue gut, verlier den Mut, lerne deine Regeln gut,

vorm Fasten iss, kack und piss, jag den Mond, Schicksal droht,
geh aufs Eis, würfel weis, mit dem Fatum tanz umher,
Pendeln, Arbeit, Schlaf; wieder aufstehn, Morgenrot,
immer morgen,morgen; Morgen kommt nie mehr,

fliege hoch, in das Blau, geh zu Boden, brich’s Gebein,
verkauf die Seel, nimm das Geld, nenn den Haufen Steine Heim,
verliebe Dich, steig empor, brich entzwei, kitt Dein Herz,

was wird sein? Wird schon gehn! Nichts von uns bleibt bestehn,
von Bett zu Bett, laufe Wett,gegen das Nichts,
bis die Seele von Mutter Erde wird verschluckt.

Ins Deutsche übersetzt von Michael Apweiler

A Dunánál

malteščina | Antoine Cassar


Talán Budapest ég. Tal vez se iluminaron
de poniente las calles. Perhaps the crats who freed her
now besiege her with colour, b'rebbiegħa dejjem ġdida...
Ah, дорогой товарищ ! Vigyázz - egy, kettő, három,

Semmi. Mennyi? Jobb áron: peasant blood by the gallon,
húzni, tolni, öffnen, schliessen, west to east and back, ida
y vuelta, cual muelle en manos de un niño fratricida…
És a Duna csak folyt, like the river of Charon.

O tempora, o mores! La ciudad de las flores
vendió su alma al dólar, her charm for neon furniture;

thus I, tourist of tongues, catador de amores,
bête en quête de beauté, verssorok őrült koldusa,

minn tarf il-pont imkisser inbul biex nara ddub
my tingling western shame in the kidney-brown Danube.
 

© Antoine Cassar
from: Mużajk. An Exploration in Multilingual Verse
Edizzjoni Skarta, 2008
Audio production: Literaturwerkstatt Berlin 2009

An der Donau

nemščina


Vielleicht steht Budapest in Flammen. Vielleicht sind die Straßen vom Sonnenaufgang illuminiert.
Vielleicht belagern die Mächte, die sie befreiten,
jetzt mit Farbe, mit ewig neuem Frühling…
Ah, mein guter Kamerad! Gib acht – eins, zwei, drei,

Nichts. Wie viel? Ein besserer Preis: Bauernblut kanisterweise,
ziehen, drücken, öffnen, schließen, von West nach Ost und dann zurück, hin
und her, wie eine Feder in de Hand eines Brudermörders…
Und die Donau fließt dahin, wie der Fluss in die Unterwelt.

O, Zeiten, o Sitten! Die Stadt der Blumen
hat ihre Seele dem Dollar verkauft, ihren Charm für Neonmobiliar;

so komme ich, der Tourist der Zungen, der Tester der Liebe,
das Biest, das Schönheit sucht, Wahnsinniger, der um Reime bettelt,

vom Ende der zerstörten Brücke pisse ich ins Wasser,
um meine westliche Scham in der nierenbraunen Donau sich auflösen zu sehen.

Ins Deutsche übersetzt von Michael Apweiler