Jan Volker Röhnert
Die Mauersegler
Die Mauersegler
Sie haben ihr Reich auf Luft gebaut,
Wirbel, Widerstände, Windkanäle,
Zufall und Gesetz der Strömungslehre
im Element, das unsichtbar die anderen umgibt.
Sie schlüpfen aus Fugen, Rissen, Giebelschlitzen
wie Hasen aus dem Hut des Zauberers
plötzlich da – ohne dass jemand gesehen hat,
wie sie Wald, Wüste, Alpen überqueren
in konzentrischen Schleifen, Möbiusbändern,
die wie Wetterkarten wandernd
den Globus überziehn: Kontinent
aus Flügelspannen, pechschwarzer Sturmhaube
und einem Aug, das im Himmelblau
vom ersten bis zum letzten Sonnenstrahl
das Delirium der Landschaft träumt –
großes Kino ohne Dunkelheit,
als Popcorn Mücken, Fliegen oder Larven
ihnen zugeflogen, in den Schnabel,
der, aus den Kehlen, wie eine ferne Sonde sirrt,
die in die Atmosphäre bricht
und des Kosmos fremdes Rauschen hörbar macht,
im Hintergrund des Tages,
dem sie seinen Himmel wiedergeben:
Die Mauersegler sind das Blau;
federleichte, beinah schwerelose Flügelsehne,
die den Sommerhimmelbogen spannt.