Silke Scheuermann
Die Lampe
Die Lampe
Ich öffne die Tür einen Spalt breit:
immer noch der Flur mit der altmodischen
Leuchte. Früher spukte es hier. Wenn ich heute
die Treppe hochgehe, weiß ich nie, was das Zimmer
für mich bereit hält. Wird der Raum ausgeräumt sein,
kalt und kahl? Ist er zur Abstellkammer geworden für
eine Kollektion Madonnen? Wie alt ist er eigentlich,
inzwischen, der Raum meiner Kindheit? Er ist
der Raum meines Lebens geworden, hat sich
so oft verändert. Doch jedes Mal erkennen wir uns wieder.
Phosphoreszierender Staub im Dunkel. Die Rücken der Bücher sammeln
den Schmutz. Worte kaum lesbar, der Schnitt vergoldet, die Buchstaben
auch. Das war lange bevor ich zu lesen begann, wir lagen
im Wasser wie Narzissen. Der See war vom Haus gerade noch weit entfernt
genug, als dass wir uns unbemerkt im Arm halten konnten. Danach
flüchtete ich in das Zimmer. Die Tür fiel zu. Ich wollte die Rücken
der Wörterbücher streicheln, doch man hatte sie
eilig weggebracht. Wohin? Ich stand da, allein
mit den Wänden. Und dachte an dich, allein mit den Steinen.
Sterne zwischen uns, ein Lichthell wie es dem
Flur nicht einmal anzudeuten gelingt. Ich
musste schon wieder hinaus aus dem Raum,
dich zu suchen. Ich gehe. Immer wieder. Er bleibt.