Wang Pu

китайский

Marc Hermann

немецкий

七·祭(节选)

1,晚点
是火车拒绝驶离十二月。是十二月拒绝作为掠过的风景。是继承人拒绝被惩罚,也拒绝赦免。
是慢车的硬座车厢。是临时停车:连铁轨也不闪烁,让人分不清前途和歧途。
几双生皴的手,紧抓着装了铺盖的化肥口袋。那行李静静地肿胀在常识之中。它再轻也是重的,像你刚刚长出的瘤子。你冷漠地转向车窗;那上面脏兮兮地映出小而坚固的恶因和恶果。

2,进村
雪总有密集而刺骨的寓意。亡者的隐讳,被徐徐揭开:那是被烧毁的家谱,那是遗照的底本。哭声四起,塞满那些临时的漏洞,像光天化日下的一阵黑暗,刺骨而密集。

3,夜
黑暗中一切都是黑暗的。像煤一样黑,比煤的燃烧更暗。人们填完肚子后伸手向火,寥寥闲谈中有大而广的怨恨。
黑暗中一切都是黑暗的。田野渐成深奥的煤。回到村庄的,在黑暗中被误认为外人。他来到蓝色的火苗前,照见自己的心是灼烧的邮包,在远海上。

4,又一夜
停电结束了:村委会也不得不表达一点畏惧。开着灯,亡者安心了。开着灯,生者也可以做梦。——
丈夫离家出走;姐夫顺势走进内室。小鬼子往寺院外拉村姑,男人们一边听着,一边缩着不动。修水库时有社员想火线入党,未成。大队会计抱着算盘拼命逃跑,一步跃入深云。矿山后边的矿山后边的矿山。县城师专里写情书,写揭发信。本科女同学叉开双腿。城市户口。——
灯开着;然后有人惊醒流泪,安慰自己:噩梦岂会是真相。


6,破土
那是一种老练尖刻的绿:冬小麦从积雪和泥泞中伸出稀稀拉拉的牙。后面几棵褐色的树,紧咬着自己的痛苦。它们深知风的流转,山的下沉,河流的消失,矿藏的亏空,和土地爷的伪善。阴阳先生三心二意地摆弄着新购的罗盘。在怀疑中,亡者的居所和后人的命运就确定了下去,漫如星象的“凶”和细如炊烟的“吉”也在此间依次落座。长子破土;汉子们用烈酒清理一下喉咙,干不洁净的活。不多时,土地就张开了一个大大的血口——要吃下什么?一小把尾巴明亮的鸟忽而惊飞,从顺治年间的田埂窜上未完工的高压电缆,缄默了,并没有义务传递任何征兆。

2006年初
2007修改

© Wang Pu
Аудиопроизводство: Literaturwerkstatt Berlin, 2015

Sieben. Gedenken (Auszüge)

1. Verspätung
Der Zug weigert sich, den Dezember zu verlassen. Der Dezember weigert sich, die vorbeihuschende Landschaft zu spielen. Der Erbe weigert sich, die Strafe auf sich zu nehmen – und auch, sie zu erlassen.
Ein Zweite-Klasse-Abteil in einem Bummelzug. Ein kurzer Halt: Nicht mal die Schienen schimmern, und niemand weiß zu sagen, wo Zukunft und wo Irrweg ist. Ein paar runzlige Hände umklammern Düngersäcke, gefüllt mit Bettzeug. Lautlos schwillt das Gepäck inmitten des gesunden Menschenverstandes. Egal, wie leicht es ist, es wiegt schwer – wie die Geschwulst, die dir soeben gewachsen ist. Apathisch drehst du dich zum Fenster: Klein und hart spiegeln sich auf der schmutzigen Scheibe böse Ursachen und Folgen.

2. Ins Dorf
Schnee hat stets die tiefere Bedeutung des Dichten und Durchdringenden. Die Geheimnisse der Toten kommen nach und nach ans Licht: verbrannte Ahnentafeln, die Vorlagen von Ahnenbildern. Ringsum stopft ein Schluchzen die flüchtigen Löcher, wie eine Finsternis am helllichten Tag, durchdringend und dicht.

4. Und wieder eine Nacht
Der Stromausfall ist vorüber: Auch der Gemeinderat kommt nicht umhin, ein wenig Angst zu äußern. Das Licht geht an, die Toten sind beruhigt. Das Licht geht an, und auch die Lebenden können wieder träumen.
Der Ehemann verlässt sein Heim; prompt betritt der Schwager das Schlafzimmer. Die Frechdachse zerren die Dorfmädchen aus dem Tempel, die Männer lauschen reglos zusammengekauert. Angesichts des Stauseebaus will ein Genosse der Partei beitreten, doch erfolglos. Den Abakus im Arm, rennt der Buchhalter der Truppe um sein Leben und springt mit einem Satz ins dichte Gewölk. Das Bergwerk hinterm Bergwerk hinterm Bergwerk. An der Pädagogischen Hochschule der Kreisstadt schreibt man Liebes- und Enthüllungsbriefe. Eine Bachelor-Studentin spreizt die Beine. Gemeldeter Wohnsitz in der Stadt.
Das Licht geht an – und unter Tränen schreckt jemand aus dem Schlaf auf. Und tröstet sich: Seit wann sind Albträume wahr?

6. Frühjahrsarbeit
Abgeklärt und bissig kommt das Grün daher: Durch den Schneematsch schiebt der Winterweizen seine lückenhaften Zahnreihen. Dahinter verbeißen sich ein paar braune Bäume in ihren Schmerz. Sie wissen um die Zirkulation der Winde, den Untergang der Berge, das Verschwinden der Flüsse, die Verschuldung der Bodenschätze und die Heuchelei der Erdgötter. Unschlüssig fummelt der Fengshui-Meister an seinem neu gekauften Kompass. Inmitten von Zweifeln werden die Heimstätten der Toten und die Geschicke der Nachfahren bestimmt, und auch das Unheil, weitläufig wie die Sterne, und das Glück, schmal wie eine Rauchsäule, nehmen ihre Plätze ein. Die Erstgeborenen bestellen den Acker. Die Männer schmieren die Kehlen mit Schnaps, ehe sie mit ihrer schmutzigen Arbeit beginnen. Bald klafft in der Erde ein blutiger Schlund – der was verschlingen will? Ein aufgeschreckter Vogel mit kleinem, hellem Schwanz flattert vom Qing-zeitlichen Ackerrain empor. Auf der unfertigen Hochspannungsleitung sucht er Zuflucht und versinkt, bar jeder Pflicht als Omenüberbringer, in Schweigen.


                                                                 Anfang 2006, überarbeitet 2007

© Übersetzung: Marc Hermann