Günter Grass
TANGO NOCTURNO
Der Herr knickt die Dame,
nein, biegt sie, so beugsam die Dame,
der Herr gibt sich steif.
Zwei Körper, die eins sind, doch nichts
von sich wissen, geschieden in Treue,
in Treue vereint.
Die Hand in der Beuge, gedehnt tropft die Zeit,
bis plötzlich die Uhr schlägt:
fünf eilige Schritte.
Wir stürzen nach vorne und retten uns rücklings,
wo nichts ist als Fläche,
nach vorne zurück.
In Angst, doch ich fange – der Sturz
ist gespielt nur – mit rettendem Händchen
dich oftgeübt auf.
Sind leer jetzt mit Haltung und schauen
im Schleppschritt, beim Leerlauf mit Haltung
uns unbewegt zu.
Das ist der Tango, die Diagonale.
Aus Fallsucht zum Stillstand.
Ich höre dein Herz.