Michael Lentz
oma hat nie das meer gesehen
für oma maria
oma hat nie das meer gesehen immer
auf tiere auf sprung der horizont war nichts
für sie zuviel verborgener schrecken schwimmende
tiefe und über den wolken alles weithin
»unintressant« ihr langerwehe hatte
atem mehr als gott eine ungelernte
immer grünelebenslange immer
neuzusprechende zeile voller rade
brochener kola in sich heiliger
rabatten das genügte weltauf zu leben
kleinbei und jede woche vierhundert mark
ganz bar im briefumschlag zu fuß von der bank
die angst hält jung und in den schlimmsten träumen
weiß man wofür man lebt dem morgen ist alles
entfallen wie eos dem himmel der tau doch eines
tages getunkt in lethe fand oma die ferne
bedienung nicht mehr doch alles andere tat’s
genauso gut zu sehen was nicht ganz
genau zu sehen war wie auch der gott
des verbergens gelehnt in kutte geht in knüttel
glüht in ketten dein name ist dein antlitz
wie »so!« und endet »erschossen« an natur
hat sie mehr geglaubt als an dich der die wand verziert
damit der himmel nicht leer ist die scheune schauer
darin obskur ein paar ungebundene schuhe
schreiten schur der seele bombenfrisur
armee der samstagshaubitzen die doch nichts
als sich selber will gemachtes haar gemachte
welt geföhnte einkehr des draußen die nur
den spiegel kennt das sehnsüchtig leere blatt
bleibt unbeschrieben brennpunkt locke getönter
trost mit diesem helm aus haar gefeit
vor geist blüht sie auf ganz in der gesellschaft der un
befleckten empfängnis keine liebe macht dick
der körper ist ein zufall der vergeht denn
oma hat nie das meer gesehen immer
auf angst auf scham es könnte sie jemand erkennen
hörensagen kontakt der genüge steifrock
der sinne beschämtes früchtgen heilec einvalt
geriet sie schwer durchs abgeschrankte leben
jetzt legt sie den leibrock ab kein ring zitiert ihre
hand der geisterbus schiebt ihr gewand
in leichenheit zieh aus zieh aus das antlitz
aus es muss im himmel helfen läuten
heuten sinn erbeuten sinn bedeuten
liegt maria ungezähmt im kiefer
ihrer brandenburg mit zeilen von blumen
und bergen und schuhen – von allem irdnen riecht sie
am schönsten und summt wenn sie geht im stehenden feuer
das sich ihr bigott entgegenbringt