Alistair Noon 
Translator

on Lyrikline: 11 poems translated

from: alemão, húngaro to: inglês

Original

Translation

Only Rock 'n' Roll

alemão | Paulus Böhmer


In der Hand hielt ich drei
Policen. Ich sah
im Ausguß ein paar
Haare ganz nah.

Ganz nah ein Kamm,
ein Tuch, ein Schwamm.
Im Eisschrank Lamm
von Tengelmann..

Auf dem Tisch die Post
mit dem Wiedehopf.
Daneben fünf Mark.
Ein Manschettenknopf.

In the days before rock 'n' roll, im Meer:
Aus der Zeitachse fällt alles Fleisch, verquer,
fällt vorwärts, vorbei an der Achse, fällt
rückwärts ins Broca, Wasser enthält
keine Zeit. Wasser
klebt in Hose, im Rock,
am Eingang der Scheide, im Darm, im Dock
der Organe, in Telegrammen, im Geld,
in Kilometern von Roggenfeld.
Planeten stürzen, von Gas und Staub
gebremst, ins Zentrum, von den Bäumen das Laub
wird zu Fallaub, das Knochengestell
wird zu Schiefer & Öl,
wird dunkel, wird hell,
wächst zu Nugen und Fängen,
zum Highnoon des Sekrets,
in den Farben von Sandstein, Himbeere, Aids.
Wellen, anlaufend, ablaufend,
laut, werden zu Fleisch, unter der Haut
wachsen Pflanzen, Bakterien, Säuren, Sand, Werk=
stätten wuchern im brachen Land, Epi=
phanien, gesäumt am Rand
von Kränen, Containern, Niemandsland,
fallen lautlos vom Himmel, schwarz
steht der Wald, schwarz
ist die Pampe am Wolgastrand.
Schwarz ist die Scheiße, der Sklavenreflex,
schwarz dein Gewächs, schwarz die Farbe des Specks.
An der Zeitachse rutschen
die Furien herab, lutschen
und lecken die Nässe im Grab.
Profanes Fleisch verrottet noch
in Senken, Tränken, in Löchern, im Loch
der Mutter, im Ziel
der Kloaken: im Moloch.

In der Hand hielt ich drei
Policen. Ich sah
im Ausguß ein paar
Haare ganz nah.

Liebe hockt
in den Erddeponien der Dealer.
Liebe lockt
in Knackärschen, unbehaarten, behaarten, glitzert
in Bierschaum, Speichel, in Wind, Hitze, Steilheit,
in Gangsterhöhlen, in Autoscheiben,
die der Fahrer herunterläßt.

Im Stehen ißt ein Kind sein Eis,
blickt starr vor sich her, über die Wangen
laufen ihm Tränen, eine Frau
bockt ihre Hüften.
Die Erde schlingert leicht auf Bahnen, die sich
nach tausend Jahren wiederholen, leicht
schlingert ein Hund, als habe er sich
von seinem Körper entfernt, seinen Körper
schon vor dem Tod abgeworfen wie eine Haut.
An der Ecke werden
Schwarzfahrer exekutiert.

Ganz nah ein Kamm,
ein Tuch, ein Schwamm.
Im Eisschrank Lamm
von Tengelmann.

Nachts leuchten
die Augen der Kaimane
auf im Glück.
Mechanisch wie ein Paarungsakt
bewegen sich die Kiefer.
Die Erde schnurrt zusammen
wie ein Ballon. Die Callas
verlor Onassis an Jackie, Jackie verlor
Onassis an den Tod.
Die Erde schnurrt.
Die Augen der Kaimane leuchten.

Schwer hängt der Himmel überm Bruch.
Bussarde. Gelber Raps.
Erstarrt steht Nyssia, Gyges kniet
neben ihr. Die Wiesen summen.
Sterbende liegen
mit flatterndem Mund
im Bett. Sie wollen ins Meer, un=
sterbliche Molekulargedichte. Eis.
Kälte. Kälte. Eis.
Molekular=
gedichte.

Auf dem Tisch die Post
mit dem Wiedehopf.
Daneben fünf Mark.
Ein Manschettenknopf.

Die Person, die kommt, ist immer
der Tod. Befleckt
ist der Slip, verdreckt der Zeh.
Wenn du kommst, dann komm,
wenn du gehst, dann geh.
Die Zunge ist dick wie der Arm einer Frau,
die du nicht liebst, eine arme Sau
stirbt im Hof, schließ die Augen
vor ihrem Manschettenknopf.
Schließ die Augen, Liebe, glaub mir nicht,
wenn ich sag, ein Molekulargedicht
bist du, ein Tröpfchen im Meer.
Das Meer wird nicht leer.
Geh nicht, komm her.

In der Hand hielt ich drei
Policen. Ich sah
im Ausguß ein paar
Haare ganz nah.

Ganz nah ein Kamm,
ein Tuch, ein Schwamm.
Im Eisschrank Lamm
von Tengelmann.

© Paulus Böhmer
from: Wäre ich unsterblich. Gedichte 1996-1999.
Deutscher Taschenbuch Verlag, 2001
Audio production: 2005, M.Mechner / Literaturwerkstatt Berlin

Only Rock 'n' Roll

inglês

(für Werner Söllner)

I held three insurance
policies in my fingers.
Up close, I saw
some hairs in the sink.

Up close, a comb,
a cloth, a sponge.
And Tesco’s lamb
was there in the fridge.

The head of the hoopoe
looked out from the letter.
Five marks and a cufflink
lay on the table together.

At sea, in the days before rock 'n' roll:
all flesh falls awry
from the timeline, falls forwards,
past the timeline,
falls back into the Broca. Water holds
no time. Water
sticks to trousers,
to a skirt, to the entrance to the vagina,
to the organs’ dock, to the bowels,
to money, to telegrams,
to miles of fields of rye.
Planets crash, braked by dust and gas,
into the centre the tree leaves
become fallen leaves, the bundle of bones
becomes shale and oil,
becomes light, dark, grows
into claws and the High Noon of secretion,
in the colours of sandstone, Aids and raspberries.
Waves noisily putting in,
putting out, become flesh, under the skin
grow plants, bacteria, acids, sand,
workshops proliferate on the waste land,
epiphanies, at their edges are seams of cranes,
no man’s land, containers,
silently falling from the sky, the woods
are black, the mud
on the Volga’s shores is black.
Shit is black, as is the reflex to slavery.
Your plant is black, the ham
is coloured black. The furies slide
down the timeline,
sucking and licking at the damp
in the grave.
Secular flesh still rots
as we sink, soak and bore
in the mother’s hole
in the cesspits’ goal:
in the juggernaut.

I held three insurance
policies in my fingers.
Up close, I saw
some hairs in the sink.

Love sits
upon the dumpsites of dealers.
Love will lure
from a firm arse, hairy
or hairless, it glitters
in the froth on the beer, in spit,
in heat and steepness,
in the wind,
in gangster hideouts,
in car windows
let down by the driver.

A child licks
his ice cream standing up,
stares ahead, tears roll down his cheeks,
a woman bucks
her hips. The earth lurches a little on its orbits
each millennium, a dog
lurches a little, as if it had left its own body,
discarded its own body like skin,
before dying. They are executing
fare-dodgers on the corner.

Up close, a comb,
a cloth, a sponge.
And Tesco’s lamb
was there in the fridge.

At night the caimans’ eyes
light up. Their jaws move
as mechanically as the sex act.
The earth contracts
like a balloon.
Callas lost Onassis to Jackie,
Jackie lost Onassis to Death.
A purring sounds from the earth.
The caimans’ eyes are alight.

The sky lies heavy above
the fault. Buzzards.
Yellow rapeseed.
Nyssia stands frozen.
Gyges kneels
beside her. The humming meadows.
The dying stay in bed, their mouths streaming.
They want to walk into the sea,
immortal molecular poems. Ice.
Coldness. Coldness.
Ice. Molecular poems.

The head of the hoopoe
looked out from the letter.
Five marks and a cufflink
lay on the table together.

Whoever knocks,
it’s always Death. The knickers
are stained, the toe
is mucky. When you come,
then come. When you go,
then go. The tongue
is thick as the arm
of a woman you’re not in love with,
and out in the yard
some poor sod is dying,
shut your eyes so you won’t see his cufflink.
Love, shut your eyes,
don’t trust me when I call you a molecular poem,
a tiny drop in the ocean.
The ocean won’t run dry.
Come here. Don’t go.

I held three insurance
policies in my fingers.
Up close, I saw
some hairs in the sink.

Up close, a comb,
a cloth, a sponge.
And Tesco’s lamb
was there in the fridge.

Translated by Alistair Noon

Die Sprache gibt den Löffel ab

alemão | Orsolya Kalász

                    für Verena Kammerer

Wer kommt in meine Sprache?
Frag ich dich
frag du mich
du Schlaflose.
Komm
frag mich doch, du mich doch, ich dich dann wieder.
Gibt es das Tor in deiner Sprache
das auf mein Herzklopfen sich öffnet?
Hör mich doch, du mich doch, ich dich dann wieder.
Was können die Tränen in deiner Sprache?
Was können  Tränen in deiner Sprache
wenn ich von der
Rebe
der Rebe des Weinen
die salzigen Trauben
heimkarre
und sie
auf dein Gesicht lege
läßt du sie dann rollen, rollen sie in deiner Sprache?
Frag ich dich, frag du mich, du mich doch, ich dich dann wieder.
Wollen sie heim
die erratenen Worte
heim in die Dämmerungsanstalt?
Was mußt du dann abgeben, du in deiner Sprache?
Du, den Löffel.
Ich, ich in meiner Sprache den Schlüssel.
Da liegen noch ein paar Vergleiche im Keller.
Ich bin schuld! Du bist schuld!
Wer ist schuld!
Die verdammten Ratten sind schuld!
Frag du mich, frag ich dich, du mich doch, ich dich dann wieder.
Was erwartet die Hand in deiner Sprache?
Ich hatte ihren Kopf, einen an jedem Arm
damit ließe sich etwas anfangen
anfassen, umarmen.
Dir zeigt sie nur ihre Kehle
die Handkehle.
Was kann eine Kehle
außer singen, oder schreien
einschießen in die volle Traube.
Dann sing eben, sing, schrei, verschluck dich
schluchze, röchle
speie die Kummerbrocken
auf ein weißes Blatt:
Ein Bild. Ein Mädchen und eine Wildgans. Die Gans hat ein Bein hochgezogen.
Das Mädchen lehnt den Kopf an ihren dünnen langen Hals.
Wer kommt in meine Arme
hör ich dich, mich, hör du mich
hör doch
die erratenen Worte
haben das Herztor aufgestoßen
die Trauben
zertreten, zertreten, zertreten


Laß uns tauschen
gib mir den Löffel
nimm du den Schlüssel.

© Orsolya Kalász

Language Cashes Its Chips

inglês

             for Verena Kammerer

Who will come into my language?
I ask you
you ask me
you restless one.
Come on,
ask me anyhow, you me anyhow, then I you again.
Is there a gate in your language, girl,
that opens to my heartrace?
Hear me anyhow, you me anyhow, then I you again.
What can the tears in your language do?
What can tears in your language do  
if I cart home the   
vine 
of the vine that unwinds tears  
salty grapes
and cart it home
place these grapes 
on your face 
to let you shed them as tears, tears in your language?
I ask you, you ask me, you me anyhow, then I you again.
Do they want such a home,
these guessed words,
home in our institute for the dim?
What must you relinquish, you, when you die in your language?
You: you cash in your chips.
I in my language: I give up the key.
And there’s still a few skeletons in the closet to compare.
It’s my fault! It’s your fault!
Who did this!
Rats! The rats are at fault!
I ask you, you ask me, you me anyhow, then I you again.
What does the hand expect in your language?
Each with its palm, on the end of each arm
with this palm it can head toward a
touch, embrace.
To you it bares only its throat,
the hand’s throat.
Where can a throat head
but to sing or shriek,
outpour into the full grape?
So sing anyhow, sing, shriek, choke out
a sob, ruckle
spit the worrygob out
onto the blank page:
An image. Girl and wild goose. The goose with one leg up.
The girl rests her head on its willowy neck.
Who will come into my arms
I hear you, me, hear you me
hear anyhow
the guessed words
have pushed wide the heart’s gate
the grapes
trodden, trodden, trodden

Now let’s trade
hand me the chips
you take the key.

translated by Erín Moure with Alistair Noon
Versschmuggel, Poesiefestival Berlin 2007

An Angel

alemão | Paulus Böhmer


Licht, Dunkelheit,
Inseln von Dunkelheit,
Inseln von Licht.
Angie schleuderte
ihr dickes schwarzes Haar nach hinten, belehrte
mich über die Grausamkeit, alles,
was wir aus Liebe tun, wird
für niemals Bestand haben,
mischte mir, damit ich nicht mehr begehre,
das Hirn der Katze mit Schnipseln
von Briefen, schleuderte mir
ihr dickes Haar, durch=
stieß mich.

In Europas Städten schrieen die Geistesgestörten.
Kleine Jäger schleppten ihre Beute ab.
Vom Mond fiel das Licht wie Puder
und bedeckte die Orte.
Weiß
wie das Rauschen der Sprache.
Wie das Summen der Sonnensysteme.
Schiele umspielt die Scham
mit Beinen, die man nicht liebt.
Mit liegenden, knieenden, rück=
wärtigen Positionen: Fremd
bleibt, was man liebt.
Teilchen vernichten einander im Blitz.

Nager wisperten
in den Krümmungen ihrer Gänge.
Das Schaben tektonischer Platten,
die zischende Auffächerung
der Säugetiere vor aller Zeit:
Ich hörte.
Ich schlief.
Korallen errichten Millionen
Kubikmeter Riff und verschwinden.
Die Spuren der Plünderungen verwischt.
Die Leichen seitwärts geschafft. So
tauchen die Sieger auf, als
Angie mich durchstieß.

Ich rede
von kleinen verlogenen Händen.
Vom Pochen der Pfortadern. Vom Oberst
mit den Gewehren. Aus der Ohm
wachsen Inseln. Gewitter wuchern.
Der flache Atem der Tierkörper. Die
erschreckenden Innenauskleidungen
der Frau. Als eine Frau
das Kinn eines Mannes berührt, um seinen Blick
aufzurichten, beginnt er zu weinen.
Zwischen den Zweigen
erscheint ein Gesicht und verschwindet
für alle Zeit.

Inseln von Dunkelheit.
Inseln von Licht.
Wie Brausepulver glitzerte Angie auf meiner Haut.
Es fiel ihr dickes Haar.
Es ist eine alte Geschichte.
Und meine Hände griffen
in einen Laut,
der schmeckt wie Erde,
griffen in Licht, das sich
anhört wie Blut.
Für alle Zeit.

© Paulus Böhmer
from: Wäre ich unsterblich. Gedichte 1996-1999.
Deutscher Taschenbuch Verlag, 2001
Audio production: 2005, M.Mechner / Literaturwerkstatt Berlin

An Angel

inglês

Light and darkness,
islands of darkness,
islands of light.
Angie hurled back
her thick black hair and taught me
about cruelty, nothing
we do for love will be final,
and to kill all my desire
she mixed me the cat’s brain
with snippets of letters, and hurled
her thick hair towards me
and impaled me.

The insane were screaming in the cities of Europe,
small hunters dragging off their kills.
Light fell like powder from the moon
and covered the towns.
White
as the noise of language.
Like the hum of the solar system.
Schiele dribbles around shame
with legs we don’t love.
Prone, on knees, from behind:
what you love
stays strange.
Particles destroy each other in lightning.

Rodents whispered
in the curves of their corridors.
The tectonic plates scraped,
the mammals hissed as they diversified
before time kicked off:
I listened.
I slept.
Corals build their million cubic metres
of reef, and vanish.
The traces of pillage blur.
Corpses pushed to one side,
the victors appear
as Angie impaled me.

I’m talking
about small and dishonest hands.
How the portal veins throb. About the Colonel
and his guns. Islands grow
from ohms. Storms rampage.
The shallow breath of animal bodies.
The horrific inner lining of women.
When a woman touches
a man’s chin to make him look up,
he starts to weep.
A face appears
between the branches and vanishes
for all time.

Islands of darkness.
Islands of light.
Angie glittered on my skin like sherbet powder.
Her thick hair fell.
It’s an old story.
And my hands grabbed
at a sound
that tastes like earth,
grabbed at light that sounds
like blood.
For all time.


Translated by Alistair Noon

Wenn du deine Finger aus der Erde ziehst

alemão | Orsolya Kalász

für Stevan Tontic


Warum willst du einen Garten
mit hohen Mauern?
Warum soll dich dort niemand sehen?
Du hast noch nie fremde Stimmen im Kopf gehört.
Niemand velangt von dir,
daß du Reue zeigst.
Und wer sollte dich nach dem Wort Trauergras fragen.
Warum glaubst du keine andere Wahl zu haben
als jenen Garten zu finden und dort
deine Finger in die Erde zu graben
und zu warten, daß das Trauergras
in die Tiefe sprießt.
Wirst du deine Finger aus der Erde ziehen,
werden deine Nägel schwarz umrandet sein.
Zehn taube
Zehn stumme und blinde
Trauergestalten.
Eine andere Hand war es
die jene Zeile schrieb:
"Mein Herz versinkt in einem Brunnen, das keinen Boden hat."

© Orsolya Kalász

If you pull your fingers out of the ground

inglês

for Stevan Tontič

Why do you want a garden
with high walls?
Why should no one see you there?
You’ve never heard strange voices in your head.
No one insists
that you show remorse.
And who would ask you for the grieving-grass word?
Why do you think then you have no choice
but to seek out that garden and
sink your fingers in its soil
and wait for the grieving-grass
to sprout up from the depths.
When you pull your fingers out,
your nails will be black with grime.
Ten deaf
Ten dumb and blind
grief-blades.   
Not your hand but another
wrote the line:

“My heart sinks in a well; it has no bottom.”

translated by Erín Moure with Alistair Noon
Versschmuggel, Poesiefestival Berlin 2007

nocturne für jesse thoor

alemão | Andre Rudolph

ich hatte kontakt zu einem heiligen
in hohen, fettglänzenden
schuhn

er ließ sich von seinen füßen tragen
in würde, er entleerte sich
in der früh in würde

so war er.

die toten amseln fielen von seinen
schultern, wenn er
sich zuckte

er rieb seinen schwanz an den mauern
der häuser, wenn es
ihn juckte

und roch nach frischem sperma
und rosmarin, wie
ein könig

so war er.

die zahmen häuser peitschten
seinen scheitel auf, bis
er lachte

die schenkel der triangeln glühten,
wenn er es ihnen
machte

so war er.

rasend schnell, und schlaflos, und
expressiv, als er mich
im vorübereilen

segnete und sagte: „iss deine
pizza, herzchen
und stirb!“

© luxbooks2012
from: Confessional Poetry. Gedichte
Wiesbaden: luxbooks, 2012
Audio production: Literaturwerkstatt Berlin 2011

nocturne for jesse thoor

inglês

I was in touch with a saint
in high, polished shoes

he let his feet carry him
with dignity, he cleared his bowels
at dawn with dignity

that’s the kind of guy he was.

dead magpies fell from his shoulders
when he shrugged

he rubbed his dick against the walls
of buildings when it itched

and smelt of fresh sperm
and rosemary, like a king

that’s the kind of guy he was.

the tame buildings whipped up
the parting of his hair
until he laughed

the sides of the triangles went red
when he did it to them

that’s the kind of guy he was.

breakneck, insomniac
and expressive
as he hurried past me

and gave me his blessing, saying
“eat up your pizza, honey,
and die!”

Translated by Alistair Noon

diesen abgerissnen streifen

alemão | Andre Rudolph

diesen abgerissnen streifen graues sandpapier
auf dem jetzt in beiden richtungen
die autos entlangrasen
hast du spendiert

es ist deine haut!
und du stellst sie uns zur verfügung  
wie selbstlos von dir

die beiden tunnelröhren da: das material
für ihre verschalung stammt
aus deinem innenohr
man kann das hören

licht an. licht aus
auch das licht kann man hören
(übe das)

die landschaft, die du so hübsch hingestellt
hast, hätten wir übrigens
gar nicht gebraucht
trotzdem danke

den ganzen nachmittag über greifen
links und rechts die leitpranken zu

(wir haben glück, und
entwischen…)

das alles macht dir scheinbar nichts
aus, man merkt dir
nichts an

(erst später im bett dann)
die halbe nacht

der vibrationsalarm deiner hände

© Andre Rudolph
Audio production: Literaturwerkstatt Berlin 2011

this torn-off strip

inglês

you treated us to
this torn-off strip of grey sandpaper
that cars now race along
in both directions

it’s your skin!
and you place it at our disposal
how unselfish of you

the two tunnels there: the materials
for their cladding have come
from your inner ear
we can hear that

on. off.
the light, too, is audible
(for you to practice)

oh and by the way
we didn’t need
that pretty landscape you put down there,
thanks all the same

all afternoon, the paws of the crash-barriers
grasp left and right

(we’re lucky and get away)

none of that seems to bother you, none of it
shows on your face

(later in bed though)
half the night

your hands’ vibrating alert

Translated by Alistair Noon

la defense

alemão | Monika Rinck

es sind nur wenige grad, vielleicht fünf
oder sieben, um die erhöht die glühende stadt
in semantischer drift, haitisch, ein tunis vielleicht,
in richtung äquator davontreibt, die wärme,

die verzweiflung, mein liebling, ich sehe,
wie der riemen, das glück, diese tasche,
dir in die schulter, die weiße, hineingeht,
hell, und niemals ganz trocken, ein streifen

am glücklichen himmel, so hoch oder höher,
verteidigen achsen das hohe gegen das weite
schneiden sie wege in das gequerte, senken
den hysterischen steg weit in die vorstadt

man fühlt die verzweiflung, man fühlt
was die glücklichen fühlen, es füllt sich
das forum, das große, noch größer,
mit menschen, der aufzug, die achsen

des kreislaufs, gerichtet, zum himmel,
zur wölbung, die quere, indes fahren die
freunde im gemieteten auto den zubringer
in einer nicht glücklichen richtung hinauf

denn die freunde sind wie die gefühle
gesteigert, sind wie die erwartung, sind
dialektische temperaturen, unterscheiden
zwischen glück und verzweiflung nicht mehr.

© M.R.
from: Verzückte Distanzen. Gedichte.
Springe: zu Klampen! Verlag, 2004
ISBN: 3-933156-81-5
Audio production: Literaturwerkstatt Berlin, 2004

la defense

inglês

it’s only a few degrees, just five
or seven, by which the scorching city
increases in heat, in semantic drift, haitiesque,
a tunis perhaps, floating towards the equator,

the desperation, my dear, I see
how the belt, contentment, the bag
slices into your shoulder, which is white,
shiny and never quite dry, a streak

across the contented sky, so high or higher,
axes defend height against width,
slice routes into what has been crossed, anchor
the hysterical jetty far into the suburbs

you sense the desperation, you sense
what the contented sense, the forum
is large, it is even larger, it fills up
with people, the lift, the axes

of traffic-flow directed to the sky,
to the arch, to the diagonal, meanwhile
friends in a hire car are travelling
the wrong way up the feeder road

for the friends, like feelings, have
intensified, they resemble expectation, they are
dialectical temperatures, contentment
and desperation now the same for them.

Translated by Alistair Noon

das wahre troja liegt innen

alemão | Andre Rudolph

einmal,
während jener belagerungszustände,
in die wir unsere körper
durch den reichlichen gebrauch von cocktails
versetzten, als wären wir
seefahrer oder huren nicht nur im traum,

wurdest du so nahbar,
dass mir davon die augen bluteten

die stadt lag friedlich wie je
und bemerkte gar nicht,
dass sie gerade beschossen wurde

ganze straßenzüge wurden unterdessen
ausgelöscht;
wir waren die einzigen, die das sahn

aber wir saßen fest
und warteten ab, dass es vorüberginge

dann sprudelte draußen
aus den abgeschlagnen köpfen der hydranten
frisches leben
und überschwemmte alles

du erinnerst dich, lieber christoph
wir gingen hinaus,
du mit deinem komischen hut
und ich mit ein paar hasenohren

aber wir kamen gut durch,
die laternen beugten sich mit ihren gebogenen
hälsen zu uns herunter,
friedliche saurier

sie fraßen uns
das licht aus der hand,

und ich erzählte dir,
dass ich neuerdings meditiere,
gegen die tödliche nervosität,
die mein ganzes leben bestimmt

© luxbooks 2012
from: Confessional Poetry. Gedichte
luxbooks, 2012
Audio production: Literaturwerkstatt Berlin 2011

true troy lies inside

inglês

once,
during one of those states of siege
we plunge our bodies into
through copious cocktail abuse, as if
we were seafarers or whores
and not just in our dreams,

you became so approachable
it made my eyes bleed

the town lay as peaceful as ever
and didn’t even notice
its bombardment

whole streets had been wiped out;
we were the only ones to see it

but we were trapped
and waited for it to pass

then fresh life bubbled up
from the severed heads of the hydrants
flooding just everything

chris, you remember
how we went outside,
you with your peculiar hat
and me with a pair of bunny ears

but we made it through,
the lanterns bent down to us
with their crooked necks,
placid dinosaurs

they ate the light
from our hands,

and I told you
I’d started meditating
to stop the lethal nervousness
that controls the whole of my life.

Translated by Alistair Noon

Futur II

alemão | Orsolya Kalász

Auf den gelenkigen Rücken
junger Hunde
jagen
vor unseren Augen
jene Momente
des Glücks
über die Parkwiese
die wir einst
gehabt haben werden.

© Orsolya Kalász

Future Perfect

inglês

On the lithe backs
of young dogs
they race
across the park grass
before our eyes:
those moments
of happiness
we will once
have had.

translated by Erín Moure with Alistair Noon
Versschmuggel, Poesiefestival Berlin 2007

es war vorbei

alemão | Monika Rinck

es war vorbei – der sommer war es sicherlich
die sonne kannte nur noch gegensätze
und wo sie fort war war sie fort.
ab sonntag deutlich kühler, aber
jetzt noch nicht – was für ein licht
das uns verlängerte und die fassaden
in den rechten winkel brachte, harte schatten
geometrisches – ein enggeschnürtes päckchen
war die summe dieses sommers – warte doch
herr doktor benn fegt eben noch
die fetten rosen hin –

© M.R.
from: Verzückte Distanzen. Gedichte.
Springe: zu Klampen! Verlag, 2004
ISBN: 3-933156-81-5
Audio production: Literaturwerkstatt Berlin, 2004

been and gone

inglês

been and gone – but it had been summer
the sun all binary now
had left where it had left.
from sunday on becoming cooler but
not yet – my god what light
that had elongated us and set
façades at right angles, tough shadows
the geometrical – summed up this summer
was a parcel strung up tight – leave
the plump roses, Dr Benn here
will deal with them –

Translated by Alistair Noon

Egy mondatban

húngaro | Orsolya Kalász

Az a lázas bűvölet, amely
Marokkó köves sivatagában
leheletvékony szemeteszacskók
lélektáncát látta
nem tűri meg
hogy ellene szavaid
megbocsássam.

© Orsolya Kalász

In a phrase

inglês

The feverish ecstasy
that in Morocco’s
stony desert
sees breath-thin garbage bags
dance alive
makes your words
against them
quite unforgiveable.

translated by Erín Moure with Alistair Noon
Versschmuggel, Poesiefestival Berlin 2007