Hier

Die schnellen Züge halten kaum in unsrer Gegend
wer sieht den Weg schon hier das Feld umfassen
seitlich so als hielte er allein es davon ab
das Korn mit einer Husche in die Furchen zu verstreuen
so wie die Männer hier auf Rädern sich begrüßen
es nichts bedarf als eines Nickens anerkennend
um zu sagen: ich seh du lebst
vom Zug aus ist das alles immer schon in rechts
und links geschieden bleibt die Landschaft nur ein Anblick

Waren zwei aus dieser Gegend die sich neulich
an einem dieser Landschaftstage wo man sich
vom Zug aus träumt wie hier ein Leben gehen könnte
zwischen Leißling und dem Wehr bei Weißenfels
auf die Gleise legten – kam der Zug zum Stehen
war die Welt am Ziel des schnellen Zuges aus den Fugen
sah ein Reisender nach langem Stehen in der mitteldeutschen
Leere tatsächlich einen Unterschied im Weiß
der Häuser an der Straße die zum Waldrand führt

Wir standen hoch auf Goseck sahen fern den Staub
der Dreschmaschinen über Eulaus Steinzeitgräber ziehen
die die stark verletzten Schädel aller 13 Toten bargen
den Zug den einer der das alles eher als wir verstand
wie eine Gliederkette durch die Ebne zog
sahen wir und wußten nicht warum er hielt hier
in unsrer Gegend wo die Züge selten halten
ein früher Herbsttag war das und die zwei die waren
aus der Landschaft ganz heraus gerissen oder ganz
in sie hinein - wir gingen weg als sie den Fahrer
wechselten eines schnellen Zuges der jetzt langsam anfuhr

© Wallstein Verlag
Extraído de: V. Gedichte
Göttingen: Wallstein Verlag, 2014
Produção de áudio: Literaturwerkstatt Berlin / Haus für Poesie, 2016

Here

The express trains hardly stop in our neck of the woods

after all who sees how the path embraces

the field from all sides as if it alone were keeping the grain 

from scattering in a sudden flood into the furrows

the way men greet each other here on bicycles

with only a nod of recognition

in order to say: I see you are alive

from the train all this is split into right

and left the landscape just a view


two fellows there were from these parts who recently

on one of those countrysidedays when from inside the train

you daydream about what it would be like to live here

laid themselves on the tracks between Leißling 

and the dam near Weißenfels—the train stopped

the world the express train was heading for derailed

after stopping for a long time in the central German emptiness

a traveler could actually distinguish the shades of different white paints 

on the houses along the street that leads to the edge of the woods


we stood high up on Goseck saw from afar the dust 

of the threshing machines passing over Eulau’s stone-age graves

that hold the crushed skulls of all thirteen of their dead

the train being pulled through the plain like a linked necklace

by one who grasped all this more quickly than we did 

we saw and didn’t know why it had stopped here

in our parts where the trains hardly ever stop

an early autumn day it was and those two they were

ripped right out of the landscape or right into 

it—we left when they had changed drivers

on the express train that now slowly started up again

Translated by Monika Cassel