Wulf Kirsten
STANDORT
STANDORT
tritt vor die tür, und schon kannst du
hindurchgehn, hinein und wieder hinaus,
eine welt für sich sehn als andere
schöpfungsgeschichte aus erster hand,
das ödland und der ballungsraum haarscharf
getrennt, skyline, hintergründig,
kalkanzeiger, sternhaarig, im kontrast,
augenfällig donnerdistelland, was entlief
nicht alles in die wiesen?
blühgemeinschaften schnellfüßig die hangkante
hinunter, lauter ausgedachte gebilde
voller lichthunger würgendes gehänge,
mächtig aller drei sprachen des himmels,
sich selbst überlassen, wo die natur
mit ihrem pfunde wuchert, nur noch
zu zeugen aus liebe, was immer sie liebt:
das unberechenbare, in parzellierter
wildnis aufgelaßner gärten, geflammt
und gefleckt, blumen in allen farben,
selbstanbieter ohne vorbedacht, wer wohl
brachte den speierling auf mit baumeignem
naturell und setzte ihn derart lebensecht
ins buckelnde gewell, daß er fortwuchs
und fort aus einem stück holz,
mainoberwärts? der quellhorizont
im gedriesch, ringsum erdfälle, strossen,
mag alles sein, die berge zerschmelzen
wie wachs, der standort Deutschland
bewegt sich, wenn der schleichsand
es will und der schmirgel im sinngefüge
der welt - such den punkt, der dich trägt.