Henning Ahrens
ZEITALTER, WASSERMANN
ZEITALTER, WASSERMANN
Mitte Januar sprießen die Tulpen;
Magnolien und Weiden treiben Knospen;
der über die Ufer getretene Fluss
hat die Wiesen überschwemmt; der Himmel
ist so grau wie das Gesicht einer Wasserleiche.
An Weihnachten lag zwar Schnee, doch das
war noch wundersamer als Jesu Geburt, und jetzt
heult wieder der Wind, und der Regen
hämmert den ganzen Tag auf die Dächer,
als wollte er allen beweisen, dass er
das beherrschende Element dieses neuen Zeitalters ist.
Im Bruch fliegen Silberreiher auf,
eigentlich Mittelmeervögel und vielleicht
die Vorboten einer Ära der Extreme, was mir
allerdings egal ist, weil sie in ihrer Eleganz
und Anmut Engeln gleichen. Aber, ach,
da sind sie schon wieder, die Krähen, und krächzen,
im Schlamm hockend, Tod und Verderben.
Verschwindet, ihr schwarzen Seelen!, schreie ich.
Ihr vermiest mir die Schönheit des Untergangs!