Jürg Halter
Ich bin ein schwarzer, in die Mitte des Denkens fliehender Punkt
Ich bin ein schwarzer, in die Mitte des Denkens fliehender Punkt
Ich bin ein schwarzer, in die Mitte des Denkens fliehender
Punkt
und bestehe in der Vernunft der Buntheit der Welt der
ich nicht entkomm
Ich bin gestoßen aus der trockenen, kalten Erde
geboren unter einen dunkeln, hinfälligen Stern
ich wurde aus der finster leuchtenden Erde gehoben
Ich sitze gebeugt auf einem Stein im Feld
das Zirpen der Grillen:
Aphorismen über den Tod, doch –
Breite ich die Arme aus, sehe ich hoch zur Sonne als ihr
traurigster Strahlenempfänger
ist meine Anwesenheit auf der Erde das letzte Streichholz
im Mundwinkel
meines Feindes, der Handlung
in meinem Kopf: auf einer Kreuzung hält sich
ein müder Flaneur die Hände vors verbrannte Gesicht und –
Meine Beine knicken ein, es flieht die Erde an die Kniee
Was ist mein Status? – Ich bin betrübt
und finde keine Lücke.
Ich lerne zu sterben, ohne aufzugeben
ohne an mir zu verarmen, ohne einen Schritt zu vollziehen
ohne zu streben
übe ich mich, verteidige und verrate ich mich
Dem hellen folgt der dunkle Augenblick
senkt sich das Lid
setzt sich hinter dem Auge die Geschäftigkeit fort
Dort, angesichts der Unendlichkeit bin ich
ein in den Weltraum gespuckter Kirschstein, der fragt:
»Was ist ein Lichtjahr?«
– mein Flug dauert keine drei Meter –
welches wäre die notwendige Tat?
Ich halte und lehne mich
im schweren Sessel zurück
Ich bin der, der fragt: »Und wenn ich nun melancholisch
gern mich fühlte?«
So hält sich eine leichte Melancholie
für die Dauer eines Barbesuches in meiner Brust auf.
Meine Gedanken sind ein Spaziergang durch die beiläufigen
Städtefotografien an der Wand und –
Du fragst nach dem Bestand? – Ich sage, es nimmt mein Totenkopf nach
der Apokalypse den unversehrten Spiegel in die Hand und fragt: »Bin ich
das Paradies oder die Hölle oder doch nur der eine ungläubige Schädel in
der Stätte der menschlichen Geschichte? Könnte es sein? Ich, der letzte
Schädel?«
Du fragst nach deinem Platz? – Du verkündest, du seist eine
Impfung
die nach ihrem Verstand fragt
der Glaube sei ein Schloß, gebaut aus Luft, die du nicht in
deinen Lungen führst
und du sprichst gewiß, doch unvernünftig an mir vorbei
du liegst, du schläfst, ich sehe dir zu
du sagst, der Wille sei ein unruhiges Pferd, die Zunge ein
in Fäulnis übergehendes Lorbeerblatt
Du sitzt auf dem Bettrand
schluckst Wasser
gehst durch die Türe, steigst die Treppe empor
du stehst auf dem Dach, ich sehe du
nimmst auf einem Stuhl Platz
du stützt deinen Kopf, deinen Blick –
Zwischen Himmel und Erde – es passiert nichts
du hast hellwache Augen – ich kenne dunkle Tricks