[Perhaps if I'd nurtured some]

Perhaps if I'd nurtured some divine disease,
like Keats in eternal Rome, or Chekhov at Yalta,
something that sharpened the salt fragrance of sweat
with the lancing nib of my pen, my gift would increase,
as the hand of a cloud turning over the sea will alter
the sunlight – clouds smudged like silver plate,
leaves that keep trying to summarize my life.
Under the brain's white coral is a seething anthill.
You had such a deep faith in that green water, once.
The skittering fish were harried by your will –
the stingray halved itself in clear bottom sand,
its tail a whip, its back as broad as a shovel;
the sea horse was fragile as glass, like grass, every tendril
of the wandering medusa: friends and poisons.
But to curse your birthplace is the final evil.
You could map my limitations four yards up from a beach –
a boat with broken ribs, the logwood that grows only thorns,
a fisherman throwing away fish guts outside his hovel.
What if the lines I cast bulge into a book
that has caught nothing? Wasn't it privilege
to have judged one's work by the glare of greater minds,
though the spool of days that midsummer's reel rewinds
comes bobbling back with its question, its empty hook?

© by Carl Hanser Verlag München Wien 1998
Extrait de: Mittsommer / Midsummer
München Wien: Carl Hanser Verlag, 2001
ISBN: 3-446-20102-5
Production audio: 2001 M. Mechner, literaturWERKstatt berlin

MITTSOMMER XXIX

Vielleicht wenn ich irgendeiner göttlichen krankheit nahrung
gegeben hätte wie Keats im ewigen Rom oder Tschechow auf Jalta,
etwas das den salzigen geruch von schweiß mit der lanzettenspitze
meiner feder schärft, ginge meine gabe auf in einer art offenbarung
wie die hand einer wolke die sich überm meer dreht: je geballter
sie wird desto mehr ändert sich das licht – wolken fleckig wie
       tafelsilber,
blätter die weiter versuchen mein leben auf einen nenner zu bringen.
Unter der weißen koralle des hirns wimmelt es vor ameisen.
Du hattest einen felsenfesten glauben an das grüne wasser, einmal.
Von deinem willen gehetzt blieb den fischen nur auszureißen –
der rochen halbierte sich selbst im klaren sand des grundes
sein schwanz eine peitsche, sein rücken breit wie eine schaufel;
das seepferdchen war zerbrechlich wie glas, wie gras das aufgleißen
der ranken einer dahintreibenden meduse: freunde und gifte.
Aber das gröbste übel ist den eigenen geburtsort verflucht zu heißen.
Ziehen ließen sich meine grenzen auf den vier metern vom strand
       zum weg –
ein boot mit gebrochenen spanten, das blauholz das nur dornen treibt,
ein fischer der fischgedärm aus seinem schuppen schmeißt.
Was wenn diese angeln die ich auswerfe wie ich meine sätze sage
sich zu einem buch bauschen das nichts gefangen hat? War es kein
       privileg
die eigene arbeit beurteilt zu sehen von größeren denen ich respekt
       zolle
obwohl die schnur der tage die der mittsommer aufspult auf seiner
       rolle
zurückgehaspelt kommt mit einem leeren haken, einer frage?

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Aus: Derek Walcott: Mittsommer / Midsummer. Zweisprachige Ausgabe.

Aus dem karibischen Englisch übersetzt von Raoul Schrott.

München, Wien: Carl Hanser Verlag 2001 [Edition Akzente]