Arild Vange
Translator
on Lyrikline: 30 poems translated
from: allemand, norvégien to: norvégien, allemand
Original
Translation
Fukushima 24
allemand | Yoko Tawada
„Heute Ruhetag“ steht an der
Tür eines Friseursalons. Seit
drei Jahren hört der
Tag „Heute“ nicht
mehr auf und die Haare
wachsen woanders.
Audio production: Haus für Poesie / 2017
Fukushima 24
norvégien
«Lukket i dag» står det på
døren til en frisørsalong. I
tre år har dagen «i dag»
vart og håret
vokser et annet sted.
Westerland oder The Waste Land
allemand | Yoko Tawada
Humane Hormone
fließen als Fußgängerzone
zwischen Knochenhäusern
Fischfrikadellen
Matjesbrötchen
Urlaubsromane mit verschwitzten Busen auf dem Titelbild
Eine einheitliche Augenfarbe ultraviolett
Deine Ebbe und Flut
synchronisieren sich mit der Schaumwirtschaft
Eine Brise streut Salz
ins Gesicht
Hast du gesehen
Der Koch liegt tot
neben ihm seine drei Arme
abgeschnitten und hingeworfen
eine Schürze, faltig
wie die Nordsee, die er
täglich auf den Teller brachte
Nahrhaftes, Buntes, Gemischtes
Die Servietten sind beschmutzt von Hagebutten und dem Himmel
Als Nationalfahne nicht definierbar
Auch die Bettlaken mit ihren Traumspuren
lassen sich nicht waschen mitten in
verblassten Ordnungsresten ein Wachstum
oder industrielle Milchzähne als Säulen
ohne Dach
Audio production: Haus für Poesie / 2017
Westerland eller The Waste Land
norvégien
Humane hormoner
flyter som fotgjengersoner
mellom knokkelhus
fiskekaker
silderundstykker
ferieromaner med svette bryst på forsidebildet
En enhetlig øyefarge ultrafiolett
Din fjære og flo
samordner seg med skumnæringen
En bris strør salt
på ansiktet
Har du sett
Kokken ligger død
de tre armene hans ved siden av seg
skåret over og slengt ned
et forkle, krøllet
lik Nordsjøen som han
serverte på tallerkenen hver dag
næringsrikt, broket, blandet
Serviettene er tilgriset av nyperoser og himmel
Kan ikke defineres som nasjonalflagg
Heller ikke lakenene med sine drømmespor
kan vaskes midt inne blant
falmede ordensrester en vekst
eller industrielle melketenner som søyler
uten tak
diagonal
allemand | Yoko Tawada
Entlegene Ähnlichkeiten
Von einer Hand getragen durch Jahre
Ohne Einschreibung
Die Schlange sagt:
Was
Gebärdensprache der Initiale
Aus Deinem Namen herausgeschnitten
Wann
Gestutzte Fragen
Kurzschluß in meiner Vokabel
Busch der Reibung
Millionenfache
Überlagerung von Sternbildern
Hungrig unermüdlich tanzsüchtig
Keine Absprache
Über die Tetrapackung für die Milchstraße
Ungeteilter Alltag
Bei mir und zwischen uns
Bin in dieser windigen Stadt
Zurückgeblieben
Habe Sterne beobachtet
Im Bildschirm
Vielleicht ein Versuch
Das verlorene Netz mit einem Fisch zu fangen
Vom Stammbaum hinuntergefallen
Die Bauchkabel zerrissen
Jede gebärt jede
Mutterschaft als Übertreibung
Wohin
Schlaflose Fenster
In einem Spiel wird jedes Rätsel streng gelöst
Bügeleisenförmig
Ortsnamen sind seßhaft
Wohnen im Nirgendwo-Papier
Es funkt
Sendezeit erfüllt meine Ohren
Verschiebt aber den Augenblick der Adressierung
Nach der Wiedergeburt als erstes
In den Briefkasten hineingeschaut
Dann schnell zurück
Ins Mischwesen des Buches
Ein geschriebener Garten
Ein Verstummen auf der Brücke der Aufzählung
Abwesenheit der Gänse
Ihre Füße sind Wunderkerzen
Autoren stehen hinter den Gittern
der Autogramme
Von Dir her eine heitere Stufe - hellsichtig
Unser seltsamer Spaziergang
Durch einen augenlosen Fleck
Kein Denkmal steht dort
Flüchtig erscheint es
In einem Blitz
Die Einzige
Bis jetzt
Schreiben
In die Arme der Wiederholung
Deiner Worte
Audio production: Haus für Poesie / 2017
Diagonal
norvégien
Fjerntliggende likheter
Båret av en hånd gjennom år
Uten å bli innskrevet
Slangen sier:
Hva
Initialenes tegnspråk
Klippet ut av Ditt navn
Når
Stussede spørsmål
Kortslutning i glosen min
Friksjonsbusk
Millioner
Av stjernebilder lag på lag
Skrubbsulten utrettelig dansegal
Ingen avtale
Om tetrapakningen for melkeveien
Udelt hverdag
Hos meg og mellom oss
Har blitt igjen
I denne forblåste byen
Har observert stjerner
På billedskjermen
Kanskje et forsøk
På å fange det forspilte nettet med en fisk
Har falt ned fra stamtreet
Revet over navlekablene
Eihver føder eihver
Morskap som overdrivelse
Hvor hen
Søvnløse vinduer
I et spill løses hver gåte strengt
Strykejernformet
Stedsnavn er bofaste
Bo i ingenstedspapiret
Det funker
Sendetid fyller ørene mine
Men forskyver adresseringens øyeblikk
Det første etter gjenfødelsen
Var å se i postkassen
Deretter fort tilbake
Til bokas blandingsvesen
En skrevet hage
En forstumming på opptellingens bro
Fravær av gjess
Føttene deres er stjerneskudd
Forfattere står bak gitrene
av autografer
Fra deg og hit et lystig trinn – klarsynt
Vår merkelige spasertur
Gjennom en flekk uten øye
Ikke et minnesmerke noe sted
Flyktig kommer det til syne
I et lyn
Ei eneste
Til nå
Skrive
Inn i armene på gjentakelsen
Av dine ord
Widder
allemand | Yoko Tawada
Ich sei ein Tier mit Hörnern, sagte er,
würde immer in den ersten sieben Jahren des Lebens
verweilen. Verließe ich sie,
würde ich eingehen. Bleibe ich dort, gäbe es keinen
Sex. Mein Versuch, ein bewohnbares Alter zu finden.
Du hast es schon gefunden.
Offen die Hügellandschaft, Eingeschlossen
im Gehäuse der Kamera.
Es gibt keine Haiku über das Innere,
in dem es keine Jahreszeiten gibt.
Audio production: Haus für Poesie / 2017
Væren
norvégien
Jeg er et dyr med horn, sa han,
vil alltid bli værende i de første sju årene
av livet. Hadde jeg forlatt dem,
ville jeg strøket med. Forblir jeg der, blir det ikke noe
sex. Mitt forsøk på å finne en beboelig alder.
Du har allerede funnet den.
Landskapet med åsene er åpent, lukket inne
i kamerahuset.
Det finnes ingen haiku om det indre,
hvor ingen årstider finnes.
Vor einem hellen Vokal
allemand | Yoko Tawada
Gleich werde ich meinen
Bauch zeigen und tanzen an einem
Teich wo eine deutsche
Eiche steht. Ein gottloses
Buch werde ich
euch schreiben und steige
hoch auf den Galgen. Ich bin ein fliegender
Teppich mit einem
Kopftuch. So ein
Pech! Kann ich fliehen? Kennst du das Land
CH?
Die Lesart der heiligen S-
chriftzeichen c und h bleibt weiter offen
Audio production: Haus für Poesie / 2017
Foran en lys vokal
norvégien
Gleich skal jeg vise min
Bauch og danse rundt en
Teich hvor det står en tysk
Eiche. En gudløs
Buch skal jeg skrive til
euch stige
hoch opp i en galge. Jeg er et flygende
Teppich med
Kopftuch. For en
Pech! Kan jeg flykte? Kjenner du landet
CH?
Hvordan vi skal lese de hellige S-
chriftzeichen c og h forblir uavklart
Die zweite Person Ich
allemand | Yoko Tawada
Als ich dich noch siezte,
sagte ich ich und meinte damit
mich.
Seit gestern duze ich dich,
weiß aber noch nicht,
wie ich mich umbenennen soll.
Audio production: Haus für Poesie / 2017
Andre person jeg
norvégien
Da jeg fortsatt sa De til deg,
Sa jeg jeg og mente
meg.
I går begynte jeg å si du til deg,
men vet ennå ikke
hvordan jeg skal omdøpe meg.
Transformation Richard III
allemand | Yoko Tawada
Ein Seeteufel hängt seine zackige Flosse nach oben
Transparent die Schuppen Die Gräten einer Harfe
So viel Shakespeare hast du gespeist und getrunken
Eine Opfergabe für Götter: dein Fleisch und eine Karaffe
Die Theaterbühne ist dein Kostüm gesteinskörnig
Die Materie der Kulisse verletzt deine Haut
Ein Hemd zum Ausziehen aus Halsketten geknüpft
Der Buckel im Netz der Lederriemen ist ein Ich
Obszön und ungeschützt ist das Königreich der Insel
Erfolg stammt aus der Geschwulst im Herrscherhirn
Vom Gewand der Rede zieht sich zurück der Zungenzipfel
In die Stummheit eines Tiers Es trauert nicht gern
Regieren wollte der der hängt und baumelt Einsam
Überlebt der Schauspieler den König jeden Abend
Das Innere des Schuhs bleibt dunkel im Publikum
Deine Nachttieraugen erkennen jedes Gesicht
Audio production: Haus für Poesie / 2017
Transformasjon Richard III
norvégien
En breiflabb henger sin taggete finne opp
Skjellene er transparente En harpes fiskebein
Så mye Shakespeare har du spist og drukket
En offergave for guder; ditt kjøtt og en karaffel
Teaterscenen er ditt kostyme steinkornet
Kulissens materie skader din hud
En skjorte til å ta av seg knyttet av halskjeder
Pukkelen i lærremmenes nett er et Jeg
Obskønt og ubeskyttet er øyas kongerike
Suksess stammer fra svulsten i herskerhjernen
Fra talens gevanter trekker tungesnippen seg tilbake
Til et dyrs stumhet Det liker ikke å sørge
Den som henger og dingler ville regjere Ensom
Overlever skuespilleren kongen hver kveld
Skoens indre er fortsatt dunkelt i publikum
Dine nattdyrøyne skimter hvert ansikt
[I etterkant av ein nyfødt]
norvégien | Ingrid Storholmen
I etterkant av ein nyfødt
ein rest av hjartet, vinterfarga
som slektning å gjenta kvarandre
omtrent tydeleg
Når isen er kald
er isen vakker
det var min vinter og
eg græt om eg vil det
Med fostrets vissheit:
Du er barnet eg skulle ha vore
panna mot glaset
for trongt
Og fontanellen, enno vidopen
from: Krypskyttarloven
Oslo: Aschehoug, 2001
[Nach einer Geburt]
allemand
Nach einer Geburt
ein Rest Herz, winterfarben
als Verwandte einander wiederholen
fast deutlich
Wenn das Eis kalt ist
ist das Eis schön
mein Winter war es und
ich weine wenn ich will
Mit der Gewissheit eines Embryos:
Du bist das Kind, das ich hätte sein sollen
Stirn gegen Fenster
zu eng
Und die Fontanelle, noch weit geöffnet
[Du skal finne namnet til snøen]
norvégien | Ingrid Storholmen
Du skal finne namnet til snøen
Eg går frå fonn til fonn, kva heiter du vesle hagl
eg har samla så mange namn, dei er vakre, slik som Tankanama
Lendale, Ormadatina, Finkalatala, Jutipanano, Shibboleth
Eg har skrive ned namna på lappar, små, kvite lappar
lappane tyt ut av lommene mine, eg ser dei dett ned i snøen
dei er vanskelege å sjå: kvitt i mot kvitt i mot auget mitt
Korleis skal eg skille lappen med namnet frå snøen
men plutseleg finn eg noko, noko som ikkje er namn, ikkje er snø
Dekt av vinter utan å røpe ein einaste farge
from: Krypskyttarloven
Oslo: Aschehoug, 2001
[Du willst den Namen des Schnees finden]
allemand
Du willst den Namen des Schnees finden
ich wandere von Schneewehe zu Schneewehe, wie heißt du kleiner Hagel
ich habe so viele Namen gesammelt, sie sind schön, wie Tankanama
Lendale, Ormadatina, Finkalatala, Jutipanano, Schibboleth
Ich habe die Namen auf Zettel geschrieben, kleine, weiße Zettel
die Zettel quellen aus meinen Taschen, ich sehe sie in den Schnee fallen
sie sind schwer zu entdecken: weiß auf weiß in mein Auge
Wie soll ich unterscheiden zwischen Schnee und Namenszettel
plötzlich aber finde ich etwas, es ist nicht Name, ist nicht Schnee
Von Winter verborgen ohne eine einzige Farbe zu verraten
[Du er ikkje lenger eit ansikt]
norvégien | Ingrid Storholmen
Du er ikkje lenger eit ansikt
men ein pust
Eg vender meg mot snøen som dekker spora
etter ansiktet ditt i mitt
stille, stille snør eit kvitt alfabet
from: Krypskyttarloven
Oslo: Aschehoug, 2001
[Du bist nicht mehr Gesicht]
allemand
Du bist nicht mehr Gesicht
aber Atem
Ich wende mich dem Schnee zu, der die Spuren
deines Gesichts in meinem verwischt
leise, leise schneit ein weißes Alphabet
[Det har brent]
norvégien | Ingrid Storholmen
Det har brent
og det er villet
Klarere enn salt
og de 7 siste ordene
Ta fram noe husket
klemt som navn
I
rompa har jeg en bok
LYV!
Ikke lat som du gjør det
Ingen
litteratur er for brei (over røven)
Foran døren
alle skoene og der var det gjemt noen ord
Forvirr ikke! Forvirr ikke!
løftes lyses
lastes kastes
Hendene går rene langs bakken
takk er bedre enn angrep
Det temmede
diktet
kryper bort
på buken
å balansere
når man skjuler øynene sine
Det er bare deg som kan true deg
SKAMTALEN
rop gråt gråt
rop og gråt
står på en måte i kom
Avskriver meg
siles inn i organene mine
Dette har hender gjort!
Mens jeg skrev deg endret jeg deg
Skrive slag Slå
a
er
arr
armer
og jeg lever når jeg holder
Vi er ikke for små
skjær ørene av ordene
de skal ikke høre
så mange skrik
egne skrik
Andres tilfeldige skrik
mørke tenner
mørke
noen riktig stygge dikt
les det på plass
ORD JEG IKKE HAR LEVD
(spurvetåre)
Lengre nedover denne
bokstaven
skal du ikke gå
for da begynner du
å å
å
grå
åå
å
å
å te
Fordi det er falskt er det enkelt
fordi det er ekkelt skal det stilles opp mot en vegg
SKYT
Ingen vet hvem som dreper
alle skryter av at det var sin kule
Kast øynene først
Se, se så vakkert!
Slik jeg leste over dine skuldre
i mange, mange år
det halve ansiktet
mitt
Å ville mørket
alle slag som har gitt lys
de andres
ansvar å være avslått
Uskarpt skarpt
SKRIVER FRA
SKRIVER FRAM
SKAM
[Es hat gebrannt]
allemand
Es hat gebrannt
und es ist gewollt
Klarer als Salz
und die 7 letzten Worte
Nimm etwas Erinnertes hervor
zusammengepresst als Name
Im Po habe ich ein Buch
LÜG!
Verstell dich nicht
Keine Literatur ist zu breit (am Arsch)
Vor der Tür
die Schuhe alle und dort versteckt waren einige Worte
Keine Verwirrung! Keine Verwirrung!
gehoben geleuchtet geladen geworfen
Wenn die Hände sauber den Boden entlanggehen
ist Dank besser als Angriff
Das gezähmte Gedicht
kriecht davon auf dem Bauch
balancieren
wenn man die eigenen Augen verbirgt
Nur du kannst dich bedrohen
DIE SCHAMREDE
rufe weine weine rufe und weine
stehen irgendwie in komm
Geben mich auf
werden in meine Organe gesiebt
Dies haben Hände getan!
Während ich dich schrieb änderte ich dich
Schläge schreiben Schlage
a
ist
Arme
Narbe
und ich lebe wenn ich halte
Wir sind nicht zu klein
die Ohren von den Worten abschneiden
sie sollen nicht hören
so viele Schreie
eigene Schreie
Zufällige Schreie anderer
dunkle Zähne dunkle
einige richtig hässliche Gedichte
lies es zurecht
WORTE DIE ICH NICHT GELEBT HABE
(Sperlingträne)
Weiter nach unten
sollst du nicht gehen
an diesem Buchstaben
denn dann fängst du an
zu zu
zu
schluch
zuzu
zu
zu
zu zen
Weil es falsch ist, ist es einfach
Weil es eklig ist, wird es an eine Wand gestellt
SCHIESS
Keiner weiß, wer tötet
Jeder prahlt, dass es seine Kugel war
Wirf den Blick zuerst
Schau, schau wie schön!
So wie ich viele, viele Jahre
über deine Schultern gelesen habe
mein halbes Gesicht
Das Dunkel wollen
alle Schläge, die gebracht haben Licht
die Verantwortung anderer ausgeknipst zu sein
Unscharf scharf
SCHREIBE AUS
SCHREIBE HERAUS
[Brua er kvitleg, morkna, er eg framleis redd for elva under]
norvégien | Ingrid Storholmen
Brua er kvitleg, morkna, eg er redd for elva under
Det er nokon som går forbi meg mykje fortare. Langt framme
ser eg ei lita jente, ho står og vinkar. Brått skjøner eg
at ho ventar på meg at ho har stått her ei stund, kika
etter meg, det er godt eg slapp å leite, eg ville aldri
funne deg åleine. Ho liknar. Eg vil gi henne noko
men eg har ingenting som er fint nok. Ho svarar meg ikkje
tek berre fram ein istapp frå sekken, og eg veit eg må gjere meg varm
at ho vil stikke meg heilt til han brånar
from: Krypskyttarloven
Oslo: Aschehoug, 2001
[Die Brücke weißlich]
allemand
Die Brücke weißlich, morsch, habe ich vor dem Fluss unten noch Angst
Einer geht viel schneller an mir vorbei. Weit vorne
sehe ich ein kleines Mädchen, sie steht da und winkt. Plötzlich verstehe ich
dass sie auf mich wartet, schon eine Weile hier steht, nach mir
schaut, gut, dass ich nicht suchen musste, alleine hätte ich dich
nie gefunden. Sie ist ähnlich. Ich möchte ihr etwas geben
was ich habe ist aber nicht schön genug. Sie antwortet mir nicht
nimmt nur einen Eiszapfen aus der Tasche, und ich weiß, dass ich mich warm machen muss
dass sie mich so lange stechen wird, bis er schmilzt
[Isen i isen]
norvégien | Ingrid Storholmen
Isen i isen
snøen i strupen
no gå
ut gå
av ut
reiser gå
ein startar
mørkret dett
i ei uforløyst ro
from: Krypskyttarloven
Oslo: Aschehoug, 2001
[Das Eis im Eis]
allemand
Das Eis im Eis
der Schnee in der Kehle
nun geh
hinaus geh
aus hinaus
reist geh
einer bricht auf
das Dunkel fällt
in eine unfertige Ruhe
[Eg ser meg gjennom deg...]
norvégien | Ingrid Storholmen
Eg ser meg gjennom deg, det er kvitare enn narkose
eg vil likne di kvile
slik du let blikket kjenne over jordane og skogane her
over den nysterke, berre snøkamuflasjen
synkande utover mot isbarken
mannen som kryp bort, i skuggen, i vatna
dotter mi, eg sym rundt deg i ærleik
tek deg imot som ei beslutning
from: Krypskyttarloven
Oslo: Aschehoug, 2001
[Ich sehe mich durch dich]
allemand
Ich sehe mich durch dich, es ist weißer als Narkose
ich möchte deiner Ruhe ähneln
wie du den Blick über die hiesigen Felder und Wälder streichen lässt
die neustarke, nackte Schneetarnung
sinkend zu der Eisrinde
der Mann, der davonkriecht, im Schatten, in den Gewässern
meine Tochter, um dich herum schwimme ich in Ehrlichkeit
empfange dich wie einen Beschluss
Wieder die Wespe sein, die morgens
allemand | Brigitte Oleschinski
durch ein fremdes Zimmer taumelt, flirrend hoch
über den Baustellenwaben, den weit in den Beton hinaus gefächerten
Lastwagentrassen, den am Boden verstreuten Wäsche-
stücken, Bungee war das
an einem Seidenfaden, Bun-
gee –
from: Your Passport is not Guilty
Reinbek: Rowohlt Verlag, 1997
Audio production: 2001, M. Mechner, literaturWerkstatt berlin
Være den vepsen igjen, som om morgenen
norvégien
tumler gjennom et fremmed rom, flimrer høyt
over byggeplassenes vokstavler, de vifteformede lastebiltraseene
langt ut i betongen, klesplaggene strødd utover
gulvet, bungee var det
i en silketråd, bun-
gee -
Wie der hüpfende Atem
allemand | Brigitte Oleschinski
des Akkordeons hier die Fetzen übers Pflaster treibt, die alle im selben Viertel
wohnen, in derselben Niederlage. Getarnt. Zwischen Radkappe
und Rinnstein grinst ein verklemmter Heliumfisch, schlaffsilbern
von Kieme zu Kieme, der hauchblassen Snifftüte nach, die umherweht, bis sie
die Stufen findet. Zögert, sich umstülpt und auf ihren Ballerinastümpfen
aufwärts tanzt, weil im selben Luftschwall der Fisch
sich aufrichtet und applaudiert
from: Your Passport is not Guilty
Reinbek: Rowohlt Verlag, 1997
Audio production: 2001, M. Mechner, literaturWerkstatt berlin
Se den hinkende pusten
norvégien
fra trekkspillet driver fillene over fortauet her, de bor alle i samme
kvartal, i det samme nederlag. Kamuflert. Mellom hjulkapsel
og rennestein flirer en forklemt heliumfisk, sølvskimmerslapp
fra kjeve til kjeve, etter den sylbleke sniffeposen som blåser av sted, til den
finner trinnene. Nøler, snur seg opp ned og danser oppover på sine ballerina-
stumper, fordi fisken i samme luftflom
reiser seg og applauderer
Wie das trudelnde, trudelnde Linden-
allemand | Brigitte Oleschinski
blatt, mitten im zärtlichsten Blutbad, berührt
deine Hand mich, viel zu blond
flammt
aus der Schulter jetzt
dieser steile
Achilles-
flügel
from: Your Passport is not Guilty
Reinbek: Rowohlt Verlag, 1997
Audio production: 2001, M. Mechner, literaturWerkstatt berlin
Som det dalende, dalende linde-
norvégien
blad, midt i det kjærligste blodbad, berører
din hånd meg, alt for blond
flammer
ut av skulderen just
denne steile
Akilles-
fløyen
Staub
allemand | Marcel Beyer
Und was ist Staub, will ich dich manchmal
fragen, wenn abends jemand einen Augenblick
auf die Terrasse tritt, wenn er die Fußmatte
am Steingeländer ausklopft, mit kurzen Armen
und mit überzeichnetem Gesicht (Staub ist
doch da, und Staub umgibt uns. Ich
höre ihn, den Putz, die Borsten kratzen, und
weiter unten bellt
der Hund), Staub ist nicht Haare, wenn ein
Dachshund wieder still ist, Staub ist nicht
Schuppen toter Haut, wenn jemand seine Läden
mit der Ferse schließen will, ist auch nicht
Trockenlaub und Lehm, wenn sich davon nichts
mehr erkennen läßt. Was ist das, frage ich dich
manchmal, wenn ich die Staubwolke, den Schatten
sehe, über die Wäscheleinen, den Kamin und
dann, noch immer Schatten, über die Antennen
hin. Staub ist im Blauen, Luft, und meine
Frage, Staub in den Himmel, bis es dunkel ist.
from: Erdkunde. Gedichte
Köln: DuMont Literatur und Kunst Verlag, 2002
Audio production: 2000 M. Mechner, literaturWERKstatt berlin
Støv
norvégien
Og hva er støv, vil jeg av og til spørre
deg, når noen om kvelden går ut
på terrassen et øyeblikk, når han banker
dørmatten mot steingjerdet, med korte armer
og med skarptegna ansiktstrekk (men støv
fins jo, og støv omgir oss. Jeg
hører den, pussen, børstene skraper, og
lenger nede bjeffer
en hund), støv er ikke hår, når en
dachshund er stille igjen, støv er ikke
tørr avskallet hud, når noen vil lukke
dørlemmene sine med hælen, heller ikke
tørt løv og leire, når ikke noe av det lenger
er til å kjenne igjen. Hva er det, spør jeg deg
av og til, når jeg ser støvskyen, skyggen,
over klessnorene, skorsteinen og
så, fremdeles skygge, bortover antennene.
Det er støv i det blå, luft, og spørsmålet mitt,
støv opp mot himmelen, til mørket faller på.
sibylle – gedicht in acht silben
allemand | Anja Utler
Сивилла: выжжена, сивилла: ствол.
Все птицы вымерли, но Бог вошел.
Sibylle: ausgebrannt, sibylle: Stamm.
Die Vögel ausgelöscht, Gott aber kam.
(Marina Cvetaeva)
hat die: körner berührt, bloßen augs: bloßen munds ist ent-
zunden, sibylle, sie schaudert, glüht: sand sengt die kuppen die
finger die zunge schlägt funken im körper: loht auf
•
sie: taumelt, sibylle, verfallen dem: rinnenden sand stürzt sie, strömt
– myriaden von poren – durchweht sie durchzuckt sie die sonne – wird:
sonnensturm – murmelt sie spuckt, weiß: sie senkt sich nicht mehr
•
ist: geborsten, sibylle, der: splitter im fleisch ist sie – blutet noch? –
spreißelt – entzweit, klafft: den lippen gleich, strunk – ist: lamelle, verholzt
sie: durchschneidet das licht, trieft: sie knarzt, das: entquillt
•
sibylle so: gähnt sie, ächzt: schwingen die: stimmlippen, -ritzen sie
kratzen: hinweg übern kalk, scheuern, reißen ein: krater vom
becken zur kehle der: stimmschlund, sibylle, sie: zittert, vibriert
•
vibriert, ist: das beben, sibylle – erschütterung – zuckt: in den sand- in
den luftwirbeln knirscht sie verwirft: das gelenk sich staucht, wimmert: zur
nehrung: verzehrt sie sich – zittert: entwurzelte kiefer – sie: erodiert
•
sibylle sie: türmt sich, wird: klippen sie zischt ist die: gischt in den
poren verglüht sie versprüht: sibilanten, erlischt -sss- ebbt
flutet sich selbst und: stöhnt auf
•
ihr: schwindelt, sibylle sie: bricht sich in wirbelnder hitze sie: zischelt
sirrt: sumpf, tümpel glitschende schenkel der: schilfgürtel nässt sie um-
züngelt sich selbst gurgelt – natter – entwischt sie und: girrt
•
•
und still. bloß die witterung: brandstätte rodung vernehmbar – ist: ehemals knistern –
und: fäulnis die zehen befingern den strunk: eine pilzige höhlung, bestochern die ab-
geworfene haut: sie zerfällt an den schuppigen sohlen und: raschelt auf
from: münden - entzüngeln. Gedichte.
Wien: Edition Korrespondenzen, 2004
Audio production: 2003 M. Mechner, literaturWERKstatt berlin
Sibylle - dikt i åtte stavelser
norvégien
Sibylle: ble svidd av, sibylle: tre.
Hver fugl ble utradert, men guden kom.
Marina Cvetaeva
har: rørt ved kornene, blotte øyet: blotte munnen er an-
tent, sibylle, hun gyser, glør: sand svir av tuppene
fingrene tungen slår gnister i kroppen: tar fyr
•
hun: sjangler, sibylle, henfallen til: rennende sand stuper hun, strøm
- myriader av porer - fyker hun lyner hun gjennom sola - blir:
solstorm - mumler hun spytter, vet: skal ikke senke seg mer
•
er: revnet, sibylle, den: splinten i kjøttet er hun - blør ennå? -
spaltet - i to, sprik: som leppene, stilk - er: lamell, treaktig
hun: skjærer over lyset, drypper: hun knistrer, det: spruter ut
•
sibylle et: gap, et gisp: svinger med: stemmelepper, -sprekker de
risper: bortover kalken, skurer, flenger et: krater fra
bekken til strupen et: stemmesvelg, sibylle, hun: sitrer, et skjelv
•
er skjelvet, vibrerer, sibylle - en rystelse - røsker: i sand- og
i luftvirvler gnisser avviser: leddet bender seg, hviner: mot
landtungen: smekter hun - sitrer: rotløs furu - hun: tæres opp
•
sibylle hun: tårner seg, blir: klipper hun visler hun: perler i
porene glør hen gnistregn: sibilanter, slukner - sss- ebber ut
strømmer over seg selv: sukker brått
•
er: svimmel, sibylle hun: brytes i virvlende hete hun: hvisker
summer: sump, tjernet glidende lår hun: vætes av sivbeltet spiller med
tungen rundt seg selv gurgler - snok - unnslipper og: kurr
•
•
og stille. bare teften: branntomten rydning fornemmes - er
fordums knistring - det råtne: tærne befingrer stilken:
et soppaktig hulrom, pirker i den ut- skiftede hammen: de
skjellete sålene går i stykker og: rasler brått
Schnee
allemand | Marcel Beyer
Meinst du am Ende die Möwen, die Stiefel nachts
auf der Mole, nachts in den Schnee? Triest oder
Turku, Turku, Triest - wo sind die Flocken, wo
die Figuren, unsere Sohlen, was treten sie fest?
Meinst du den Lichtschein am Rand, die Tiefe,
meinst du den Blick, die offene See? Kein
Schnee, Schnee, Kot, Kaugummi, Eis, und
kein Schnee - Schneefall ist alles, was ich noch
weiß, blau sind die Hände, blau ist der Rest.
from: Erdkunde. Gedichte
Köln: DuMont Literatur und Kunst Verlag, 2002
Audio production: 2000 M. Mechner, literaturWERKstatt berlin
Snø
norvégien
Mener du kan hende måkene, støvlene om natten
på moloen, om natten i snøen? Trieste eller
Turku, Turku, Trieste – hvor er flakene, hvor
figurene, sålene våre, hva tråkker de på?
Mener du lysskinnet på kanten, dypet
mener du blikket, den åpne sjøen? Ingen
snø, snø, møkk, tyggegummi, is, og
ingen snø – snøfall er det eneste jeg kan
huske, hendene er blå, resten er blått.
Schilf
allemand | Marcel Beyer
Schilf steht auch über Land, steht
in der Schwebe, still. Schilf steht,
ich höre nichts, im Licht, du siehst
noch Schachtelhalm, und Flechtwerk,
linkerhand, und Tracht. Die Fragen
klingen nach im Schilf, die Wolken
oben, das Gesicht, das Atmen wird
noch in die Rede eingewoben. Doch
wie es um das Schilf steht, wie um
das Gewebe, ungewiß. Der Staub,
der Qualm, das Schilf neigt sich,
du sprichst, reicht weit bis in den
brennenden April, ich sehe nichts.
from: Erdkunde. Gedichte
Köln: DuMont Literatur und Kunst Verlag, 2002
Audio production: 2000 M. Mechner, literaturWERKstatt berlin
Siv
norvégien
Siv står også over land, står
der og svever, stille. Siv står,
jeg hører ingenting, i lyset, du kan
ennå se kjerringrokk og flettverk
på venstre hånd, og honninggjemme.
I sivet gir spørsmålene gjenlyd,
skyene oppe, ansiktet, selv pusten
blir vevd inn i talen. Men
hvordan det står til med sivet, med
det vevde, uvisst. Støvet,
røyken, sivet bøyer seg,
du snakker, det når helt inn i den
brennende april, jeg ser ingenting.
Reinzeichnen
allemand | Marcel Beyer
Ruß, Wasser sehe ich dich zeichnen, Poren im
Plastikvorhang, Tageslicht, es riecht nach
Steppdecke, nach grünem Vorzeitkaro. Ich hänge
an Kastanienzweigen, auf meinem Unterarm
die Fliegen. Ende August. Ein Minigolfverlangen.
Nachzeichnung zwei, am Plastikvorhang scheiden
sich die Bilder, ich sehe dich gegen den Himmel
schatten. Im Laub ein Turnschuh, Fell, aus dem
Kommodenphoto schaut ein fremder Mann. Der
Farn gerät an einer Stelle in Bewegung, ich sehe
dich, der Himmel zieht ins Haar hinter den Ohren.
from: Erdkunde. Gedichte
Köln: DuMont Literatur und Kunst Verlag, 2002
Audio production: 2000 M. Mechner, literaturWERKstatt berlin
Rentegne
norvégien
Sot, vann, ser jeg deg tegne, porer i
plastforhenget, dagslys, det lukter
dyne, grønt gammelt rutemønster. Jeg henger
i kastanjegrener, på underarmen min
fluer. Slutten av august. En minigolflengsel.
Tegning nummer to, ved plastforhenget skiller
bildene seg, jeg ser deg mot himmel
skyggen. I løvet en turnsko, pels, fra fotoet
på kommoden skuler en fremmed mann. Et
sted begynner bregner å bevege seg, jeg ser
deg, himmelen siver inn i håret bak ørene.
Ohne Hymen geboren, die Ohren
allemand | Brigitte Oleschinski
dir nach dem Munde redend, war ich dein flehendes
Echo. Ich kann nur antworten. Wenn mich der Wind packt, antworte ich.
Wenn in den Baugruben das Wasser glitzert, antworte ich.
Du hast mich gerufen
wie die Windböe über den Brennesselhalden, wenn aus den Wipfeln
der Kräne eine Wolke von Krähen steigt. Dein Ruf
riß mir die Stimme aus dem Leib, ich sang.
Schamvolle Glieder, im Singen
ausgestreut. Nur Hunde
besprangen ihre Spur
from: Your Passport is not Guilty
Reinbek: Rowohlt Verlag, 1997
Audio production: 2001, M. Mechner, literaturWerkstatt berlin
Født uten jomfruhinne, med minne
norvégien
som snakker deg etter munnen, var jeg ditt bønnfallende
ekko. Jeg kan bare svare. Når vinden tar tak i meg, svarer jeg.
Når vannet glitrer i gropene på byggeplassene, svarer jeg.
Du ropte på meg
som vindkastet over brenneslene på slagghaugene, når det fra kronen
på kranene letter en sky av kråker. Ropet ditt
rev stemmen ut av kroppen min, jeg sang.
Skamfulle lemmer, strødd ut
under syngingen. Bare hunder
bedekket deres spor
Nur
allemand | Brigitte Oleschinski
war deine Nähe nicht eßbar, leer
bäumt sich der Magen nach dir, speit
seinen Hunger nach diesem hohen Hundeton
über allen Deutschfrequenzen, speit,
speit –
Erbrechen wollte ich mich vor Glück
mit deinem schmelzenden Margarinewürfel
im Leib, im Gleichtakt des Stechzwangs
spukblaß
wie links und rechts am Bett
die echten Rindsblasenschirme
from: Your Passport is not Guilty
Reinbek: Rowohlt Verlag, 1997
Audio production: 2001, M. Mechner, literaturWerkstatt berlin
Bare
norvégien
at nærheten din ikke var spiselig, tom
revolterer magen etter deg, spytter
ut hungeren sin etter denne høye hundetonen
over alle tyskfrekvenser, spytter,
spytter –
av lykke ville jeg brekke meg
med din smeltende margarinterning
i kroppen, i den taktfaste stikktvangen
spøkelsesblek
lik de ekte okseblæreskjermene
til venstre og høyre for sengen
Niemand hier
allemand | Brigitte Oleschinski
berührt dich. Es ist nur dein Atem, der
die Wände beschlägt und in der Ecke
den umgestülpten schwarzen Eimer. Der Atem
bläht sich und stinkt
wie ein Scheuerlappen. Niemand hier
berührt dich
from: Your Passport is not Guilty
Reinbek: Rowohlt Verlag, 1997
Audio production: 2001, M. Mechner, literaturWerkstatt berlin
Ingen her
norvégien
berører deg. Det er bare pusten din, som
dugger på veggene og i hjørnet
den svarte bøtten snudd på hodet. Pusten
blærer seg og stinker
som en skureklut. Ingen her
berører deg
Mit Uns
allemand | Peter Waterhouse
Aus allen erdenkbaren Gründen (wie bitte?)
musizieren deine Hände. Du sitzt
wo? Im Innern der Geige Jeder fragt:
Ist das sein Haus? Wo der wohl die Beine lagert? Im Hals
oder Bauch oder in einem Dritten? Dein Arm fliegt heraus
und führt den Bogen quer durch die Räume
zum Fenster, zur Tür, am Ofen vorbei, den Saiten
hinterher. Auch
über die Bäume, den Weg, das Geländer
die Türme. Was da von weitem
wohl klingt: Der Bogen oder die Ränder
der Dinge? Ein sehr besonderer Bogen:
Am Ende versehen mit Farbe
er schreibt, während er vor und zurück durch die Welt fährt
und die Landschaft berührt. Nicht jede. Welche?
Die Landschaft mit Gründen. Wie find ich die? Aus solchen
kommen die Hände geflogen. Man fragt:
Wie kann der so fliegen durch die Räume
zum Fenster, zur Tür, über Türme und Bäume?
Was da klingt: Die Dinge?
Besondere Landschaft: An den Spitzen versehen mit Farben.
Welchen? Mit Farben erdenkbarer Gründe.
Du prüfst sie. Ja: Sie eignen sich, also setzt du an deinen Bogen
und streichst.
Über uns alle.
Aus allen erdenkbaren Gründen musizieren deine Hände.
Man fragt: Mit wem? Mit uns.
from: MENZ. Gedichte
Graz: Literaturverlag Droschl, 1984
ISBN: 3-85420-097
Audio production: 1999 M. Mechner, literaturWERKstatt berlin
MED OSS
norvégien
Av alle tenkelige grunner (unnskyld?)
musiserer hendene dine. Du sitter
hvor? Inne i fiolinen. Alle spør:
Er det der han bor? Hvor får han plass til bena mon tro? I halsen
eller i magen eller et tredje sted? Armen din flyr ut
og fører buen tvers gjennom værelsene
til vinduet, til døren, forbi kaminen, følger etter
strengene. Også
over trærne, veien, gelenderet
tårnene. Hva er det som klinger
i det fjerne: Buen eller tingenes
render? En svært underlig bue:
Utstyrt med farge i enden
buen skriver, mens den farer frem og tilbake gjennom verden
og rører ved landskapet. Ikke hvert enkelt. Hvilket?
Landskapet med grunner. Hvordan finner jeg dem? Derfra
kommer hendene flygende. Man spør:
Hvordan kan den fly slik gjennom værelsene
til vinduet, til døren, over tårn og trær?
Hva er det som klinger: Tingene?
Et underlig landskap: Utstyrt på spissene med farger.
Hvilke? Med de tenkelige grunners farger.
Du undersøker dem. Ja: De egner seg, altså legger du buen din inntil
og stryker.
Over oss alle.
Av alle tenkelige grunner musiserer hendene dine.
Man spør: Med hvem? Med oss.
Dikt in: MENNSK. Oktober 2004
Die sirrenden Forsythien über den aus-
allemand | Brigitte Oleschinski
wärtigen Handelsstöcken, die wie schwarz-gelbe Ziffern alle zum Abflug
blinken, bis sich hier auf der körnigen Außenmauer, kopfunter
zwischen lauter Rauhputzmänteln, mitten im März diese frierenden
Taillen krümmen:
Where do you come from?
Your passport is not guilty –
from: Your Passport is not Guilty
Reinbek: Rowohlt Verlag, 1997
Audio production: 2001, M. Mechner, literaturWerkstatt berlin
De summende gullbuskene over de uten-
norvégien
landske handelskubene, som alle lik gulsvarte sifre blinker til
avgang, til de frosne taljene krummer seg midt i mars, på hodet
mellom grov murpussbekledning, her på den kornete
yttermuren:
Where do you come from?
Your passport is not guilty.
Im Garten sitzend ohne Entsprechung
allemand | Peter Waterhouse
Heute sagtest du: Vereinfache dich. Auch
als Formulierung: Mache eine Vereinfachung und setze dich ein
oder hinein (man wird dann genannt: In der Vereinfachung
sitzendes ich. Oder: Dein einfacher Zustand
ist so liebenswert.) Die Zurücknahme mag lauten:
Welt, Tisch, Sessel. Warum? Und:
Warum fragen wir? Das Platznehmen auf dem Sessel
ist die liebenswerte Reduktion (sogenannte Reduktion
ohne Entsprechung). Alles geschieht ohne
Entsprechung. Wer sitzt dann im Mittelpunkt
der Entsprechungslosigkeit? Wir sind es. Wir
haben uns vereinfacht. Sitzend
heißt der Gedanke: Ich sitze. Ich sitze
am Ende der Reihe. Die Reihe heißt:
Welt, Tisch, Sessel, ich. Der Grund des Anblicks heißt:
Mache eine Vereinfachung. Setzte dich an den Punkt
ohne Entsprechung. (Das Gleichnis heißt: Wir sind nicht
Welt, Tisch, Sessel. Wir setzen uns hinzu.) Der Sitzende ruft frech:
Herr Schnitter, ich bin keine Blume. Antwort: Steh auf
von Sessel, der ist fremd; von Tisch
der ist fremd; von Welt, die ist eine fremde. In der Nacht:
Du vereinfachter Nachtgast. Am Tage:
Du vereinfachter Taggast. Komm her
du Sessel; bring dich mit.
from: MENZ. Gedichte
Graz: Literaturverlag Droschl, 1984
ISBN: 3-85420-097
Audio production: 1999 M. Mechner, literaturWERKstatt berlin
SITTENDE I HAGEN UTEN MOTSVARIGHET
norvégien
I dag sa du: Forenkle deg. Også
som formulering: Foreta en forenkling og sett alt inn
eller deg inn (da blir man kalt: Et i forenklingen
sittende jeg. Eller: Din enkle tilstand
er så elskverdig.) Å ta tilbake kan lyde:
Verden, bord, stol. Hvorfor? Og:
Hvorfor spør vi? Å ta plass på stolen
er den elskverdige reduksjonen (såkalt reduksjon
uten motsvarighet). Alt skjer uten
motsvarighet. Hvem sitter da midt i
mangelen på motsvarighet? Det er vi. Vi
har forenklet oss. Sittende
lyder tanken: Jeg sitter. Jeg sitter
i enden av raden. Raden vil si:
Verden, bord, stol, jeg. Bakgrunnen for det vi ser vil si:
Foreta en forenkling. Sett deg ved punktet
uten motsvarighet. (Ligningen lyder: Vi er ikke
verden, bord, stol. Vi setter oss bort dit.) Den sittende roper frekt:
Herr Langljå, jeg er ingen blomst. Svar: Reis deg
fra stol, den er fremmed; fra bord
det er fremmed; fra verden, den er fremmed. Om natten:
Du forenklede nattegjest. Om dagen:
Du forenklede daggjest. Kom her
du stol; ta deg med.
Dikt in: MENNSK. Oktober 2004
Aus dem Zittergras
allemand | Brigitte Oleschinski
vor den Klinikfenstern tanzen sie wie Mücken davon, ein Schwarm glitzernder
Babyzellen
über der windigen Ebene, durch die mit allen Fingern das Licht
fährt, leere Parkplätze aufwirbelnd und die nickenden, wiegenden Prärie-
skalpelle, die unter rollenden Wolkenzügen das flüchtige
Bündel
eilends auseinanderstreuen in nichts
als flirrende
Augen-, Flügel-, Zehenpixel
from: Your Passport is not Guilty
Reinbek: Rowohlt Verlag, 1997
Audio production: 2001, M. Mechner, literaturWerkstatt berlin
Ut av bevregresset
norvégien
foran klinikkvinduene danser den bort som mygg, en sverm av glinsende
babyceller
over den værharde sletten, som lyset drar gjennom med alle
fingrene, virvler opp tomme parkeringsplasser og de nikkende, vuggende prærie-
skalpellene, som under rullende skydrag strør den flyktige
bylten
i en fart utover til ingenting annet
enn flimrende
øyen-, vinge-, tåpiksler
Angefrorener Tang
allemand | Brigitte Oleschinski
auf dem Strand, und oben entlang die dämmrige Fischgrätpromenade, die starren
sturen Lampenkellen, die Stunden um Stunden vorangestapften Gummi-
stiefel, wie sie jäh aus dem Hang ragen, rostige Knöchel
im freigelegten Grenzverhau. Der rechte Fuß polnisch, das Haltbarkeitsdatum
fehlt. Der linke
ein Haken, das war mein Kind. Es rannte
im Zickzack, rann
durch den Draht, zehn Zehen sah ich
auf dem Wasser
gehen
from: Your Passport is not Guilty
Reinbek: Rowohlt Verlag, 1997
Audio production: 2001, M. Mechner, literaturWerkstatt berlin
Fastfrosset tang
norvégien
på stranden, og oppe langs den skumrende fiskebeinspromenaden, de stive
sta lampesleivene, gummistøvlene som time etter time stampet
framover, brått rager de ut av skråningen, rustne knoker
i den planerte grenseforhogningen. Den høyre foten polsk, holdbarhetsdatoen
mangler. Den venstre
en krok, det var barnet mitt. Det løp
i sikksakk, fløt
gjennom piggtråden, ti tær så jeg
gå
på vannet