Jürgen Theobaldy
Vor der Pension
Vor der Pension
Für Jannis Ritsos
Nachts trocknen die Straßen aus, jede Nacht.
Geröll sammelt sich im Rinnstein, Geröll,
das die Farben übrigließen, der Mittagslärm,
die fettbeschlagenen Scheiben, die Autos, all die Autos...
Kein Wind geht, und doch, etwas strömt um die Häuser,
etwas, das kein Zeitungsblatt im Staub aufwirft,
das nicht stärker rauscht als das Blut in den Ohren.
Starkes Licht steht in der Taverne, und die Mauer
hindert es, auf die Tische vor der Tür zu fallen.
Wie lange ist es her, daß ein Gewehrabzug knackte
und mondgraue Trupps hier um die Ecke drängten, Athen?
Jede Nacht um elf kommen sie an diesen Tisch,
der mächtige Alte im Burnus, mit Fäusten
groß wie der Kopf des Kinds, das ihn mit sich zieht.
Ich sehe die beiden schmausen, immer für sich,
Hammel mit Bohnen und Brot und Wasser.
Und jede Nacht nach zwölf gehen sie davon,
zu welchem Lager hin, er, in Schuhen, ohne Strümpfe,
das Mädchen barfuß? Aus den Fingern
meiner rechten Hand zieht eine schmale Spur Blut
durchs Notizbuch. Ich halte den Atem an.
Weit weg entfernt sich das Rasseln des Panzers.