Robert Schindel
KLEINE KATZENSUITE
Der Tau des morgendlichen Dämmers, Träne des Herbstes
Steigt auf und tränkt seinen Nebel, der stetig bewallt
Seinen Schauplatz, auf welchem die Neidstücke
In die aberwitzigen Verlängerungen gehen
Das seh ich durch die Schnurrbarthaare
Meines unaufhörlichen Katers
Es nähern sich die Akteure von Gestern
Halten einander die Lippen hin, tauschen
Versinterte Worte untereinander, blähen
Die Hamsterbacken, lachen in Öde
Das seh ich durch die Schnurrbarthaare
Meiner vom Absterben bedrohten Katze
Nächstes Frühjahr schreit in Nachbars Garten
Das Katzengesindel die Jammerleiter rauf und hinab
Sodass die Herzensdiebe sich verziehn, Harmonikaspieler
Werfen unter zotigen Sätzen das Ding nach den Sängern
Das hör ich durch die angelegten Ohren
Meiner in Liebesgefangenschaft harrenden Putzikatz.
Es ist so: schräg hinter dem Kater Ché
Dem der Hunger der Welt eine Gleichgültigkeit war
Verlebte ich meine Jugend, aber unentwegt beim Denken
Fuhr meine Linke gegen seinen Strich ihm zum Nacken
Da öffneten sich die Horizonte der Zukunft und zwirbelten
Sich durch die Schnurrbarthaare des Katers zuschanden
Nun gehe ich schon lange unterm abendlichen Nebel
Der Tau nässt mein Gebein, Frost labt das Herz.
Die Katzenviecher, ob Trotzki oder Mao, ob Putzi oder Ché
Liegen unter Jesuitenwiesen und sintern Zeit.
Doch wer sieht mich wandern zu schließenden Horizonten
Durch gezwirbelte Barthaare und murrendes Schnurren?