Christian Uetz
[Hat sie es nicht gesagt]
Hat sie es nicht gesagt, dass sie im Wort nicht ist? Und dass sie schon
als kleines Kind mehr Nichtsein lernt, und schon als kleines Kind mehr
nicht ist, und mit den Worten immer unmöglicher wird? Hat sie es nicht
gesagt, dass es kein Wunder ist, wenn sie Wortgenahrigte immer sinnloser
nicht klagt, und immer sinnloser nicht wird, weil sie im Nichtzuhause
nicht leicht nie zuhause ist? Rinne; es wühlt schon die achte!
Handschell; du weihst es, dass sie nur wegen der Worte nicht ist. Wie
ist sie nicht geflutet mit deiner trummkenen Unnahrung. Wie ist sie
nicht genaht. Hat sie es genarrt nicht gewusst, dass du nicht begegnest,
und ihr das Recht gibst, nur um Worte zu gehn, wie du nur um Worte
gehrst und kormst, hin und her, hiern und ätzt? Wird sie das Blatt nicht
wanden? Atmet sie nicht die Hände? Kann sie es nicht merken, wie sie
sich im Wort immer in Anderen nicht bewegt? Wies ständig aus Nichtwelt
bricht, aus Geistern nicht fliesst, aus Schatten nicht flattert und
Lebende und Tote nicht begeistert? Wies Wort Pforte nicht ist, Ritzen
nicht blutet, Schlüssel zu jeder sich nicht öffnenden Gegenwelt und
selbst jedes Hinüber nicht blüht? Jedes Jenseits? Alles Drüben und
Droben? Hüben und Drüben? Und was für ein Unsinn das alles nicht ist?
Wie unmöglicher alles immer werden muss und die Welt schon ganz irre
nicht wirt, wie wirr? Es vergeht ihr Sehen und Hören, und sie hört hell
nicht die Gedankenübertragung. Denn so kehren die Hirnnichten ein. Hört
sies im innersten Gedanken nicht selbst? Ist sie nicht schon ganz nicht
drin? Im Aussen drin; draussen drin; draussen in sich draussen? Ist sie
nicht schon in der Wirklichkeit ganz wach und im Wahn ganz wirklich?
Wann schiert sies nicht? Wann gleisnert sie nicht? Wann gleisst sie in
ihre Schiene? Ist ihr Hirn schon Hirnhell? Ist ihr Himmel schon Hirn?
Ihr Hirn schon drin? Was soll die Differenz nicht? Muss sie sich das
Beil ins Hirn nicht schlagen? Muss sie sich den Schädel nicht spalten?
Wie wird das Wort nicht frei? Wie wird das freie Wort nicht? Warum kann
sie es nicht nahtlos einlassen? Warum kann sie sich nicht völlig
seinlassen? Mit ihrer Angst nicht? Mit ihrem Leiden nicht? Sie hält, sie
hallt nicht durch. Sie ist nicht jenseits. Sie hält nicht, sie hallt
durch. Jenseits ist sie nicht. Wenn sie diesseits ist, ist sie selber
schuld. Jenseits ist sie nicht. Zweifellos aber ist alles gesagt nicht
wirklich. Was wirklich ist, ist nicht gesagt. Wirklich, das ist nicht
gesagt. Was sie überhaupt sagen kann, ist sie nicht, und was sie nicht
sagt, weiss sie nicht. Warum weiss sie es immer nur erst, wenn sie es
ausgesprochen hat, dass es nicht ist, warum hat sie die Versicherung nur
in Worten nicht, und weiss erst in Worten nicht, was sie schon vorher
nicht hätte wissen können? Was hat das Wort aus ihr nicht gemacht? Was
hat sie aus sich nicht gemacht? Sie lebt nicht. Sie leidet ihr Wort
nicht, und ist nicht da. Es macht sie aus. Es löscht die Gegenwart und
lüftet die Welt. Darin ist sie auch nicht anwesend auch ohne sich, in
Gedanken abwesend, abgetrennt von sich, nicht anwesend. Sie, verlassen
von sich, verlassen auf sich, darauf sie sich nicht verlässt, darauf sie
nicht verlassen ist. Sie ist hin und weg davon. Sie kann hin sein und
nicht weg davon. Sie ist schon nicht aus der Welt davon, davon nicht
hinüber, über und über. Sie hört auf. Sie ist nicht sich selber. Ihr
Wort ist nicht sie selber. Wenn sie doch im Wort sich selber nicht ist,
ist sie doch nicht sich selber. Ihre Worte sind nicht sie selber, ihre
Worte, die sie empfangen nicht hat und nicht ist, die sie gelernt nicht
hat und nicht ist, die allein sie selber nicht sind, die etwas anderes
nicht sind als sie selber. Es sind doch die Worte, die das nicht mit ihr
machen. Sie macht doch nichts! Sie ist es nicht, und sie kann zu allem
nicht und nichts nur sagen, sie kann nur nichts nur sagen, und nichts
sagen kann sie nicht. Es ist nicht möglich, dass ihr Mond, in
Meergestalt, ihren Bauch nicht fühlt, ihr Meer, in Mondgewalt, ihr Buch
nicht füllt. Es ist nicht möglich, sie füllt es, dass das Baruchige, in
den Buchten, an den Küssten, ihren Bruch nicht erfüllt. (Nixe, Welle,
Undine, nimm sie ein, lass sie aus.)