Hans Thill
Das Gras
Das Gras
Du hast den Hunger auf fremde Namen, die
ihre Vokale verbergen. Leute werden benannt nach
Dörfern, die sie nie sehen werden, nach einem einzelnen Stein
im Gras. Die Idee ist, den Inhalt eines Vokals
mit einer möglichst feinen Nadel
herauszuziehen wie der Vogel den Wurm
aus der besäten Erde. Leute werden benannt
nach Tätigkeiten, nutzlos, ein alter Schuh. Einen Hund
nenne ich Ohr, ein Mädchen könnte ich Apfel nennen,
einen Freund nenne ich Abdelwahab. Ganz nah
die Namen hinter den Leuten, die auf einer Treppe posieren,
ihre Vokale leuchten aus dem Schatten hervor.
Man steht bis zum Hals im Gras, es hat die
Sonne seit langem nicht gesehen. Mit der Wärme des Halms
gehe ich in die Stadt, die sich mal hebt, mal senkt
immer nur in Millimetern aus ihrem alten Beton.
Ich trage das Gras bei mir wie einen Namen, der fleischlich ist
und somit Wort von meinem Wort. Ich gehe über die Straße
weil ich drüben ein Anderer bin, der mit seinen Halmen
die Autos dekoriert. Die Ideen
liegen in der Vergangenheit. Wir sind vielleicht gewachsen,
größer als es in unserer Familie stand. Die Heiterkeit
des Essens liegt hinter uns. Man geht nicht zweimal
durch dassselbe Gras