Mental Heat Control

Eine hochsensible Sonde wird im Gedächtnis befestigt
und spannungsfrei an den Nackenwirbeln entlang
bis zum Herzen, zum Zwerchfell, zur Vagina geführt.
Verankerung prüfen: Speicher blinkt.
Damit ist die Starttemperatur erreicht. Legt Strom
auf die Leitung. Ein Geruch von Regen weht auf, von nassem Pflaster
und alten Bäumen, in den ein Saxophon sich einschwingt
und schwingt und schwingt, bis alle Pfützen
die Augen erheben –

Der Speicher blinkt.
Dreht stärker auf! Das weich
und erwärmt erscheinende Abendlicht täuscht:
Über dem flachen Schärenrücken steht die Kälte
goldgefärbt und reizt in den Zellen
wieder die Mittelmeerlust, sich nackt auf die Felsen zu werfen,
an ihnen den Leib zu scheuern, zu reiben, die steinernen Risse
zu ertasten mit durstigen Händen, an quarzenen
Adern zu lecken und über die spröden, klüftigen Flächen
sich auszuspannen unter der bloßen Luft, gedehnt
bis an die Grenzen des Fleisches –

Die Sonde erwacht: ein winziger, glühender Sensor mitten
im Gehirn. Dies war das Stichwort, diese Lust
ist auszubrennen. Keine neue Begründung.
Anweisung löschen. Narbe löschen.

Ist die Sonde entfernt?
Sonde entfernt. Kontrolle positiv.

© beim Verlag und bei der Autorin
De: Mental Heat Control
Reinbek: Rowohlt Verlag, 1990
Producción de Audio: 2001, M. Mechner, literaturWerkstatt berlin