Es ist Zeit, mir Gedanken zu machen über meine Pflichten.
Gedanken darüber, warum meine Ehe nicht glücklich war.
Bestimmt, weil ich arbeitete.
Bestimmt, weil ich schön war.
Bestimmt, weil ich meine Stimme erhob.
Bestimmt, weil ich kein Opfer sein wollte.
Liebe war für mich nicht
fünf Minuten Sex vor dem Einschlafen
und mit zig Sackerln neben dem Ehemann
aus einem großen Supermarkt herauszustolzieren.
Liebe war für mich nicht Hand in Hand zu spazieren,
als ich schwanger war.
Auch nicht, eine tolle Wohnung zu haben.
Und zwei Schritte hinter dem Ehemann zu gehen.
Vielleicht scheiterte meine Ehe deshalb.
Es ist Zeit, mir Gedanken zu machen über meine Pflichten:
Ganz gewiss kann nur er müde sein.
Ich aber soll alles mit mir herumtragen:
die Wäsche in der Schürze, den an der Pfanne verbrannten Finger, die Eifersüchteleien,
die an der Scheibe plattgedrückte Nase, die Babywindeln, die glücklichen Enden der Serien,
geduldig und gehorsam –
das ist doch nicht zu viel verlangt.
Kommt drauf an, aus welchem Blickwinkel man das sieht.
Für mich sah es aus jedem Winkel gleich aus.
Es ist Zeit, achtzehn Mal liebevoller zu sein (aber nicht sexy),
auch dann, wenn er nach einer anderen riecht.
Und mich in die Familie zu keilen wie ein gefalteter Zettel
unter den wackligen Tisch – als Provisorium.
So unterwerfen soll ich mich.
Und überhaupt mich immer gering schätzen.
Mittwochs und freitags soll ich ihn nicht lieben,
außer seine betrunkene Hand begrapscht mich zufällig.
An solchen Tagen soll ich sie wegschieben und zu Gott aufblicken,
er aber darf sagen, ich sei seine Frau und was Gott das angehe.
Dann aber müssen wir eine Kerze anzünden. Uns reuig zeigen.
Es ist Zeit, glücklich zu sein mit meiner Selbstaufopferung,
denn wenn schon, dann gab Gott mir Titten und Muschi,
ihm aber weit erhabenere Teile.
Es ist Zeit, ihnen zu huldigen um mich zu vermehren.
Es ist Zeit, ihm die Füße zu waschen
ohne je meinen Blick zu heben.
Nur von den Füßen bis zu den Knien und von der Brust bis zur Stirn soll ich ihn anschauen.
Den Rest im Finstern.
Es ist Zeit, dass er mich köpft wie einen Drachen,
weil nirgends Platz für mich ist.
Es ist Zeit, dass er das Oberhaupt ist und die Familie ernährt.
Ich aber soll ihm jeden Tag die Einkaufsliste reichen: Brot, Mayonnaise, Öl, Gemüse,
und am Ende der Liste ganz bescheiden:
Damenbinden.
Und damit glücklich sein.
Vielleicht ist es Zeit.

Aber ich erinnere mich:

Einmal wusch ein Mann mir wirklich die Füße und liebte mich.
Einmal wusch ich einem Mann wirklich die Füße und liebte ihn.
Damals erinnerte sich keiner von uns an eine Heilige Schrift.
Damals erinnerte sich keiner von uns an eine Vereinbarung.
Und wir hatten
zwei Körper.
Zwei Köpfe.
Vier Füße und vier Hände.
Und Platz genug.