The Empress

My beloved, you who spend your nights
Torturing me
By holding up one mirror after another
To me in the dark,
If there’s anything I know to say or do today,
I merit no praise for it,
But owe it to the subtlety of your torments,
And your perseverance in keeping me awake.

All the same, who gave you the right
To judge me in my wretchedness?
What soul white as snow
Compiled this endless list of misdeeds
You read to me every night?
The airs you put on when I tell you to stop
Would make one believe
You were once a bedmate of a Chinese emperor.

I like it best when we do not say a word.
When we lie side by side
Like two lovers after their passion is spent.
Once again, day is breaking.
A small bird in the trees is pouring her heart out
At the miracle of the coming light.
It hurts.
The beauty of a night spent sleepless.

© Charles Simic
De: New and Selected Poems 1962-2012
New York: Houghton Mifflin Harcourt, 2013

Die Kaiserin

Meine Liebste, du, die ihre Nächte damit verbringt,
Mich zu quälen,
Indem du mir im Dunkeln
Einen Spiegel nach dem anderen vorhältst,
Gäbe es etwas, das ich heute zu sagen oder zu tun wüsste,
Verdiente ich dafür kein Lob,
Sondern verdankte es der Finesse deiner Qualen
Und der Beharrlichkeit, mit der du mich wachhältst.

Gleichviel, wer gab dir das Recht,
Mich in meinem Elend zu richten?
Welche schneeweiße Seele
Trug diese endlose Liste von Untaten zusammen,
Die du mir jede Nacht vorliest?
Dein vornehmes Getue, wenn ich dich bitte aufzuhören,
Könnte einen glauben machen,
Du seiest einst der Bettschatz des chinesischen Kaisers gewesen.

Ich mag es am liebsten, wenn wir gar nichts sagen.
Wenn wir Seite an Seite liegen
Wie zwei Liebende, deren Leidenschaft sich erschöpft hat.
Noch einmal wird es Tag.
Ein kleiner Vogel schüttet in den Bäumen
Sein Herz beim Wunder des anbrechenden Lichts aus.
Das schmerzt.
Die Schönheit einer schlaflos verbrachten Nacht.

Aus dem Amerikanischen von Wiebke Meier