[mit langem bogen streicht]

mit langem bogen streicht
der schöpfergeiger an
der jahreszeitenvioline

herr vitaler zeiger wann
fällst du den guillotinen
schnitt: langen wogen gleich

© Arne Rautenberg
Producción de Audio: 2004, M.Mechner / Literaturwerkstatt Berlin

Arabeske

Aga Mirak malte Vögel und Blumen, Wasser und den Herrscher. Nur sie,
die als einzige im Herrscherbett liegen durfte, durfte er nicht abbilden.
Denn man würde ihn kastrieren. Er malte und malte Arabesken, trug Millimeter
für Millimeter Farbe in vorgezeichnete Figuren auf und darin erwachten die
Vögel und die Blumen und das Wasser – nur des Herrschers Gesicht war nirgends
mehr zu erkennen. Monate um Monate malte er, ausdauernd, nur zu frühen
Morgenstunden, wenn Arbeiter und Herrscher schliefen. Und eines Morgens,
am dritten Tag des sechsten Mondes, ganz früh, war die Arabeske fertiggemalt
und da war sie, deren Bildes wegen man ihn kastrieren würde. Erschöpft schlief er
über ihr ein, das Gesicht auf ihrem Bauch, den die Finger des Herrschers
zerkratzten. Da erwachte der Herrsche und im Bett neben ihm lag die gemalte
Arabeske als Bild eines Blumenlabyrinths, in dessem Herzen sie für ewig sich
verlor, die als einzige in seinem Bett liegen durfte.

Aus dem Slowenischen von Ludwig Hartinger