Ludo Blok

alemán

[für Joseph Brodsky]

War das Sofa rot?
Der Koffer ja Überseekoffer
stand da wie ein Boot
bereit für Amerika.
Fahne Koffer die Bücher
im Lot. Das Weggehen
so plötzlich aber Not
und wie sich zeigte
für immer. Jetzt bist du tot.


Es schneite in Leningrad.
Nacht und die Tankstelle
öd wie Brachland. Straßen
Fassaden verwaist ohne
Pracht. Du hast dich auf
leisen Lippen davongemacht
ins Gedicht. So fuhren wir
still und gewichtlos durch
deine Stadt. Sprachen nicht.


Die Schuhe der Schritt
die Gasse dein Gesicht
mittendrin. Du stehst
am Kanal im Licht wie bestürzt
und ich weiß nicht
was sagen. Kragen hoch
das Wort eine Wolke vorm Mund
rund. Und lebwohl.
Bis in wie viel Tagen?

© Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1997
De: Ein Strich durch alles. Neunzig Neunzeiler
Frankfurt a. M. : Suhrkamp Verlag, 1997
ISBN: 3518408992
Producción de Audio: M. Mechner, literaturWERKstatt berlin

Bluttest

‘Wenn Männer bei mir sind
verlieren sie die Kontrolle
über die Sachen die passieren’
sagt sie, die keine Kontrolle
über mich (ich ebensowenig), wir:
zwei Fusseln im Wind
‘Du hast keine Ahnung was Du wegwirfst’
Ich gebe ihr Recht - ich weiß es nicht
each man kills... das gleiche Lied
Ich fühle mich wie ein Schuft, ein Dieb
auf frischer Tat. Aber ich bin nicht
aus Vorbedacht hier
(Was schon, denke ich, wer ist es
wer ich bin, ein Bauer
der seine Ernte vernichtet
im blöden Suff
ein plündernder Soldat
der sengen will als Beute?)
Sie lässt mich barfuß hinaus
Ihr Kater huscht zwischen meine Beine
der Schwanz hoch wie eine Schlange
von anderen beschworen, ein Aal
mit abgehauenem Kopf, der sich winden
bleibt, bis auf unserem Teller
‘Das ist symbolisch’, findet sie
Ich bejahe, drücke meine Stirn
gegen ihren blonden Kopf
‘Ich bedauere’, sage ich, ‘wir schießen nicht
mit dem Bogen. Eros schießt.’

Ich laufe mit Sonnenbrille
im Eilschritt durch die Nacht
eine Eule die nicht weinen kann
Ich warte, rauche meine Gitanes
während es langsam morgen wird
der Orbit blauig violett
die Stunde gleich bevor l’heure bleu
wenn der Azur vom Licht gestrichen wird

Die Schüler Buddhas fragten ihren Meister:
‘Sind Sie ein Heiliger?’
Er sagte: ‘Nein’
Nach einer Weile fragten sie: ‘Sind Sie ein Engel?’
Er sagte: ‘Nein’
‘Aber was sind Sie denn?’, fragten sie
Der Buddha antwortete: ‘Ich bin wach’


Das Fenster ziehe ich eine Handlänge nach unten
und mittlerweile füllt sich mein Gemüt wieder
mit Luft, ich fahre schneller, beschleunige, verzögere
Die Liebe ist ein Bluttest
und ich puste, puste, sehe
das was verfließt, was nicht
Ich rieche meinen eigenen Atem
Sonst noch? Der Alkohol
der Rausch, das Bittere
und das Luzide... Ich lobe
den Tag der bricht, denke:
Gottdank, ich bin wach
Gottdank, ich bin immer noch wach

Aus dem Holländischen von Ludo Blok



© Ludo Blok