Andreas Koziol
Schneegefechte
Wie erschossen auf der Flucht aus Straßenschluchten
Liegt ein Schnee im Rinnstein. Die Hyänenhaare
Einer Szenensonne trinken sein Kristallgebein.
Dabei hat er sich gestern, schon in feierlichem
Suizidweiß noch vor jede Bahn geworfen, sich
Ekstatisch, wie ein märchenhaftes Wortspiel
Aus Frost und Wasser, an der Statik jeder Ecke
Des Häuserlabyrinthes aufgerieben, hat den
Schlaflos schwarzen, blinden Citybitternissen
Sein Protokoll der Stille auf den Leib gezuckert.
Der Baum im Hof, frisch über Nacht befördert
Zum Tausendsterne-General des Flockenfriedens,
Hob die Lamettaschultern, rief den Himmel aus
Und nahm die hungrige Parade meiner Meisen ab.
Ich hätt mich selber gern des Formenzaubers halber
Für den der Schnee gefallen war, ins Feld geführt.
Doch schon der nächste Tag hat alles abgeblasen,
Hat, mit Wind- und Regenklingen bis zum Horizont
Bewaffnet, die zarten Heeresscharen des Partikel-
Taumels noch vor Sonnenabgang in den Schlamm geworfen,
Hat den Baum, das hohe Tier, den Koma-Kommandanten
Der Wolkenkissenschlacht, die kalt entschieden war,
Kühl degradiert zum Wächter unsres Lichtquadrates.
Er hat der Winterlähmung meiner Sehnsuchtsdehnung
Erneut die schädeldicken Steinbandagen angelegt.
Noch ein, zwei Tage, und es geht der Eiskadaver
In die Verlesung seiner Eingeweide über: Plastik,
Spielzeugfarbne Wegwerf-Einsamkeiten, ein bleierner
Archipel voller Trübsal ... Medaillons aus Pfützen,
Die beim Widerspiegeln der Passantenströme sich
Erschaudernd an den selbstlosen Glanz erinnern, den
An den Feind gefallenes, eingeschmolzenes Silber hat.