Günter Grass
MÄRZ
Schon wieder mischen sie Beton.
Von rostiger Armierung taut
die letzte Hemmung, Fertigteile
verfügen sich und stehen stramm:
Komm. Paß dich an. Komm. Paß dich an.
Als meine Wut den Horizont verbog,
als ich den Müll nicht schlucken wollte,
als ich mit kleinen spitzen Verben
Bereifung schlitzte – Warum parken Sie? –,
als ich den Pudding durch ein Haarsieb hetzte
und ihm sein rosa Gegenteil bewies,
als ich mir Schatten fing, als Schattenfänger
bezahlt, danach veranlagt wurde,
als ich die Nägel himmelwärts
durch frischgestrichne Bänke trieb,
als ich Papier, mit Haß bekritzelt,
zu Schiffchen faltete und schwimmen ließ,
als Liebe einen Knochen warf
und meine Zunge sich Geschmack erdachte,
als ich beschloß, die Gürtelrose zu besprechen,
nur weil im Welken noch drei Gramm Genuß,
als ich, es nieselte, die Bronze leckte
und schwellenscheu die Fotzen heilig sprach,
als meine Finger läufig wurden
und längs den Buden jedes Astloch deckten,
als ich die Automaten, bis game over,
bei kleinen Stößen Klingeln lehrte,
als jede Rechnung unterm Strich
auf minus neunundsechzig zählte,
als ich bei Tauben lag und schwören mußte:
Nie wieder werde ich mit Möwen! –
als ich ein Ohr besprang, um Ablaß bat:
Zu trocken sind die Engel und zu eng! –
als nur noch Kopfstand mir Vokabeln gab:
Ich liebe dich. Ich liebe dich. –
Als Winterfutter aus den Mänteln
geknöpft und eingemottet wurde,
als sich das Treibhaus bunt erbrach –
Lautsprecher in den März gestellt –,
als Kitzel Krätze Fisch und Lauch
sich stritten, brach der Frühling aus:
Ich hab genug. Komm. Zieh dich aus.