Wilhelm Bartsch
Das Mansfeld
Das Mansfeld ist nicht gemütlich. Es flaggt
Halden in Halbtrauer. Schon aus der Ferne
sah ich, da wird nichts mit Schunkeln.
Hochspannung harft durch die Hügelsteppe
und ohne Gütlichkeit vom Welfesholz über
das deutsche Gizeh bis nach Schraplau im Erdloch.
Deutschland schaut niemals zum Mansfeld aus Furcht
vorm erzharten Landsknecht tief in seinen Knochen.
Aus Deutschlands Reihe tanzt immer das Mansfeld.
Das Mansfeld tanzt niemals. Es schlägt. Es ist
das hohle Herz Deutschlands, der rumpelnde
Schlafsaal, der kupferne Kopf Barbarossas.
Deutschland! klirrten seine Messinghülsen,
Deutschland! heulten seine Stahlmantelgeschosse.
Mansfeld! ruft alles aus Müntzer und Luther,
Mansfeld kann flüstern wie Gertrud und Mechthild,
Heinrich von Morungen gießt es in Lieder,
Novalis bestirnt seine Mordfinsternis.
Doch das Mansfeld ist rot, enthäuteter Bizeps,
Deutschlands Blutrieselfeld, tiefste Hallen,
wo Blut tropft in ewigen Schlafes Ohr.
Deutschlands hohle Mitte heißt Mansfeld.
Im kimmerischen Nebel rudert der Tod.
Er stößt seinen Nachen ins Trinkwassernetz.
Er fährt durch die Kirchen seiner Kavernen.
Manchmal zur Probe tief unter uns zog schon der Tod
des Bergschlags Glocke. So schunkelt das Mansfeld.
ca. 1998/2004/2018