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in qiaoli (an der kreuzung von autobahn und zubringer
immergrüne topfpflanzen, regen sammelt sich in einer senke)
stehen sonnenverbrannte gartenarbeiter im staub
als stünden sie im leben; langstreckenbusse, lkws,
sie transportieren die geschwindigkeit dieser zeit
rundum (schwarze asphaltstraße, weißer zebrastreifen)
ducken sich stechpalmen, als seien sie fließbandarbeiter
die den kopf senken und gehen, spült strömender regen
den staub, spült das unglück vom leben. sie sprechen über
löhne, die seit jahren nicht mehr gestiegen sind, sie sprechen
über job hopping, zwei-tage-wochenenden, überstundenzuschläge,
sie sprechen über begehren, trauer und glück, aber auf keinen fall
werden sie untergehen, wie ich, in einer unaussprechlichen unzulänglichkeit
von der nichtigkeit des lebens zu sprechen, von seiner nutzlosen, winzigen traurigkeit
2
zugeschnittene pflanzen, sie stehen aufgereiht vor der elektrofabrik
ihre jugend, ihre namen, ihre schönheit in arbeitsanzügen (weiß) verpackt
ihre körper, ihre gesichter, ihre bewegungen zugeschnitten vom fließband
das ist das bild, das sie für mich aufbewahren, zwischen den schatten
des neonlichts (weiß) ertragen sie die beleidigung ihrer jugend,
ertragen sie schrauben und plastikplatten, metallplatten
sind ihre synchronsprecherinnen, als aufgereihte bewegung
die in die realität der worte fließt, körper, die einem begehren nicht vergeben können
das sich im chaos der teile versteckt, ein winziges teilmodul,
dem man eine riesige bedeutung gegeben hat, wirtschaft, kapital,
markenname, auftragslage, krise, nicht zu vergessen eine umstrittene liebe.
du kannst sicher sein, in der elektrofabrik, dass die zeit immer kleiner wird,
unermesslich kleiner... klein wie ein ISO-genormtes glasfaserkabel
3
ein bohrkopf fräst zukunft ins metall, die ahnung einer geträumten zukunft
durch ein winzig kleines loch, zwischen roten kabeln, grünem draht
und goldenen magnetabtastköpfen, zwischen ihrer kleinheit, winzigkeit,
zwischen jeder unwichtigkeit und verbrauchbarkeit leben wir,
ja, wir leben, unwichtige menschen, bodensatz, wir sind
die lebenden, menschen, die es nicht weit bringen werden,
die in meinen zeilen leben, zwischen den seiten, sie sind so riesig
wie sie zerbrechlich sind, die winzigen stimmen in diesen zeilen
die brechbaren herzen, ohne möglichkeit, die riesigen dinge zu berühren
ja, was diese in der stimmlosigkeit lebenden menschen angeht
bewahren wir uns ein so uraltes mitleid wie wir unfähig sind
das desinteresse, die verachtung dieser zeit für ihre stimmlosigkeit zu ändern