Ursel Allenstein
Translator
on Lyrikline: 5 poems translated
from: swedish, danish to: german
Original
Translation
[Min mor sa: Jag ska återta det som tillhör mig]
swedish | Athena Farrokhzad
Min mor sa: Jag ska återta det som tillhör mig
Du ska möta döden berövad på språk
Mållös är du kommen, mållös ska du gå
Min far sa: Jag skrev om bröd och rättvisa
och så länge den utsvultne kunde läsa
gjorde mig typsnittet detsamma
Min far sa: Seriferna sticker i mina fingrar
Min far sa: Hur mycket motstånd kan människofettet bära
innan piskrappen permanentas
Min far sa: Om du glömmer bort alfabetet
hittar du det på min ryggtavla
Min far sa: Först när du förlåter den som angett dig vet du vad våld vill säga
Min far sa: Det fanns de som avrättades i gryningen innan sömnen skingrats
Min mor sa: Det fanns de som fick betala för kulorna
för att få begrava sina döttrar
Min mor sa: In i vilken segrares natt slungade denna seger oss
Min far sa: Din morbror fanns med på en knastrande telefonlinje
Din morbror raffinerade sina liknelser med varje piskrapp
Min bror sa: Begrav mig inte här
Begrav mig där piskorna är virtuella
Min morbror sa: Allting kommer du att glömma
utom minnet som du alltid kommer att minnas
Jag minns att innan kriget tuggade soldaten med mina tänder
Agitatorn skrek med min hals
Min morbror sa: För mina sluttande axlars skull
för mitt ständiga leende
För denna stenhögs skull som en gång var mitt hus
Min morbror sa: Finns det någon pöl där kriget inte tvättat sina blodiga händer
Min morbror sa: Det fanns de som avrättades i varje soluppgång
Det fanns de som stannade kvar och såg domsluten verkställas
Min mor sa: Varför åkallar de gud från hustaken
Har de glömt att det var gud som höll i piskan
när deras mödrar torterades
Min mor sa: Visa mig den som bebor sitt ansikte
så ska jag visa dig den som inget ansikte förtjänar
Min bror sa: Jag vill veta vem som förnedrades för min skull
Vilka affiniteter jag gjort mig skyldig till
och vilka repressalier som väntar
Min bror sa: Det finns en slakt som alltid ska pågå för ett tecken ingen kan minnas
Min morbror sa: Vad ska det bli av oss sedan vi utkämpat vår befrielse
med samma medel som hållit oss fångna
Min far sa: Kroppar utan klarhet, kroppar utan skugga
Min bror sa: Vanan att knäböja ska ersättas av glädjen att befalla
Min far sa: Det finns ett krig som utspelar sig i innanmätet
Det finns en fiende som störtar fram ur mina händer och läppar
Min bror sa: Det finns en feber som eskalerar för varje slag
Det finns en maskin som hamrar i avstängt läge
Min far sa: Våldet är ett språk i vilket handen excellerar
Min far sa: När vi ger efter förmåga och får efter behov
Min mor sa: När vi ger efter förmåga och får efter behov
Min bror sa: När alla orättvisor och historien själv tar slut
Min mormor sa: När du är lika gammal som jag
Då ska alla orättvisor och historien själv ta slut
Min far sa: Begrav mig inte här
Begrav mig där all egendom exproprierats
Ge mig ingen gravsten, tillägna mig dina sötebrödsdagar
Min mor sa: Det är bättre att drömma att man är död
än att dö av alla drömmar som uppfinner en
Min mormor sa: Begrav mig inte här
Begrav mig där myntan växer längs med bäckarna
Duka en festmåltid, servera min godaste gryta
Min morbror sa: Kriget har aldrig tagit slut
Du har bara slutat vara krigets offer
Min mor sa: Begrav mig inte här
Begrav mig där civilisationens fernissa flagnat
Spotta ut mitt språk, ge mig mjölken tillbaka
from: Vitsvit
Albert Bonniers Förlag, 2013
ISBN: 9789100131142
Audio production: Rámus., 2013
[Meine Mutter sagte: Ich werde zurückerobern, was mir gehört]
german
Meine Mutter sagte: Ich werde zurückerobern, was mir gehört
Du wirst der Sprache beraubt dem Tod begegnen
Sprachlos bist du gekommen, sprachlos sollst du auch gehen
Mein Vater sagte: Ich schrieb über Brot und Gerechtigkeit
und solange der Ausgehungerte lesen konnte
war mir das Schriftbild egal
Mein Vater sagte: Die Serifen stechen mir in die Finger
Mein Vater sagte: Wieviel Widerstand kann das Menschenfett aushalten
bis die Peitschenstriemen permanent sind
Mein Vater sagte: Solltest du das Alphabet vergessen
findest du es auf meinem Rücken
Mein Vater sagte: Erst wenn du dem verzeihst, der dich verraten hat, weißt du, was Gewalt bedeutet
Mein Vater sagte: Es gab jene, die hat man in der Morgendämmerung hingerichtet, ehe der Schlaf verflogen war
Meine Mutter sagte: Es gab jene, die mussten für die Kugeln bezahlen
dafür, ihre Töchter begraben zu dürfen
Meine Mutter sagte: In die Nacht welches Siegers hat dieser Sieg uns geschleudert
Mein Vater sagte: Dein Onkel war über eine knisternden Telefonleitung dabei
Die Gleichnisse deines Onkels wurden mit jedem Peitschenhieb raffinierter
Mein Bruder sagte: Begrab mich nicht hier
Begrab mich da, wo die Peitschen virtuell sind
Mein Onkel sagte: Alles wirst du vergessen
bis auf jene Erinnerung, an die du dich für immer erinnern wirst
Ich erinnere mich, dass die Soldaten vor dem Krieg mit meinen Zähnen kauten
Der Agitator mit meinem Hals schrie
Mein Onkel sagte: Wegen meiner hängenden Schultern
wegen meines ständigen Lächelns
Wegen dieses Steinhaufens, der einmal mein Haus war
Mein Onkel sagte: Gibt es eine Pfütze, in der der Krieg nicht seine blutigen Hände gewaschen hat
Mein Onkel sagte: Es gab jene, die wurden bei Sonnenaufgang hingerichtet
Es gab jene, die blieben und sahen, wie die Urteile vollstreckt wurden
Meine Mutter sagte: Warum rufen sie Gott von ihren Hausdächern aus an
Haben sie vergessen, dass es Gott war, der die Peitsche hielt
als ihre Mütter gefoltert wurden
Meine Mutter sagte: Zeig mir den, der sein Gesicht bewohnt
dann zeig ich dir den, der kein Gesicht verdient
Mein Bruder sagte: Ich möchte wissen, wer meinetwegen erniedrigt wurde
Welcher Affinitäten ich mich schuldig gemacht habe
und welche Repressalien warten
Mein Bruder sagte: Es gibt eine Schlacht, die für immer andauern wird, um ein Zeichen, an das sich keiner mehr erinnern kann
Mein Onkel sagte: Was wird aus uns, nachdem wir unsere Befreiung
mit denselben Mittel erkämpft haben, die uns gefangen hielten
Mein Vater sagte: Körper ohne Klarheit, Körper ohne Schatten
Mein Bruder sagte: Die Gewohnheit des Niederkniens muss durch die Freude am Befehl ersetzt werden
Mein Vater sagte: Es gibt einen Krieg, der sich in den Eingeweiden abspielt
Es gibt einen Feind, der aus meinen Händen und Lippen hervorstürzt
Mein Bruder sagte: Es gibt ein Fieber, das mit jedem Schlag eskaliert
Es gibt eine Maschine, die in ausgeschaltetem Zustand hämmert
Mein Vater sagte: Die Gewalt ist eine Sprache, in der die Hand brilliert
Mein Vater sagte: Wenn wir nach Vermögen geben und nach Bedarf bekommen
Meine Mutter sagte: Wenn wir nach Vermögen geben und nach Bedarf bekommen
Mein Bruder sagte: Wenn alles Unrecht und die Geschichte selbst zu Ende gehen
Meine Großmutter sagte: Wenn du so alt bist wie ich
Dann sollen alles Unrecht und die Geschichte selbst zu Ende gehen
Mein Vater sagte: Begrab mich nicht hier
Begrab mich da, wo alles Eigentum enteignet wird
Gib mir keinen Grabstein, widme mir deine süßen Tage
Meine Mutter sagte: Es ist besser, man träumt, man wäre tot
als an all den Träumen zu sterben, die einen erfinden
Meine Großmutter sagte: Begrab mich nicht hier
Begrab mich da, wo an den Bächen die Minze wächst
Decke einen Festtagstisch, serviere meinen besten Eintopf
Mein Onkel sagte: Der Krieg hat nie aufgehört
Du hast lediglich aufgehört, Opfer des Krieges zu sein
Meine Mutter sagte: Begrab mich nicht hier
Begrab mich da, wo der Firnis der Zivilisation abblättert
Spuck meine Sprache aus, gib mir die Milch zurück
ORDENE REJSER
danish | Pia Tafdrup
Jeg bor i et andet land, men forlader
alligevel ikke mit hjem.
Alfabetet tager jeg med
og gramatikkens strukturer,
ordenes betydning og betoning.
Uanset hvor på kloden
jeg slår mig ned,
bor jeg i sproget,
jeg er født ind i.
Ingen storm af andre sprog
vælter mit omkuld.
Jeg er jeg
i mit eget sprog -
drømmer på det, der tilfældigt
blev mit modersmål.
Jeg skriver hjemme,
skriver ude,
overalt det samme:
Ordene har trækfuglehjerte,
viser dissektionen,
de vil nå en anden,
og jeg lever
med disse fugleord, deres sang og hæse skrig.
from: Trækfuglens kompas
Gyldendal, 2010
Audio production: LiteraturHaus København, 2013
DIE WÖRTER REISEN
german
Ich wohne in einem andern Land, verlasse dennoch
aber nicht mein Zuhause.
Das Alphabet nehme ich mit
und die Strukturen der Grammatik,
Bedeutung und Betonung der Worte.
Ganz gleich, wo auf dem Erdball
ich mich niederlasse,
wohne ich in der Sprache,
in die ich hineingeboren worden bin.
Kein Sturm von anderen Sprachen
wirft mich um.
Ich bin ich
in meiner eigenen Sprache –
träume in der, die zufällig
meine Muttersprache wurde.
Ich schreibe daheim,
schreibe auswärts,
überall dasselbe:
Die Worte haben Zugvogelherzen,
zeigt die Obduktion,
sie wollen einen andern erreichen,
und ich lebe
mit diesen Vogelworten, ihrem Singen und heiseren Schreien.
Aus dem Dänischen von Hanns Grössel.
- - - alternative Übersetzung - - -
DIE WÖRTER REISEN
Ich wohne in einem anderen Land und verlasse
dennoch nicht mein Zuhause.
Das Alphabet nehme ich mit
und die Strukturen der Grammatik,
die Bedeutung der Worte und ihre Betonung.
Wo immer auf der Erde
ich mich niederlasse
wohne ich in der Sprache
in die ich hineingeboren bin.
Kein Sturm anderer Sprachen
weht die meine um.
Ich bin ich
in meiner eigenen Sprache –
träume in dem, was zufällig
meine Muttersprache wurde.
Ich schreibe zu Hause,
schreibe unterwegs,
und überall dasselbe:
Die Wörter haben Zugvogelherzen,
wie die Obduktion ergibt,
sie möchten einen anderen erreichen,
und ich lebe
mit diesen Vogelwörtern, ihren Liedern und heiseren Schreien.
Aus dem Dänischen von Ursel Allenstein.
[Min mor sa: Det verkar som att det aldrig föresvävat dig]
swedish | Athena Farrokhzad
Min mor sa: Det verkar som att det aldrig föresvävat dig
att det är ur ditt namn civilisationen stammar
Min mor sa: Mörkret i min mage är det enda mörker du behärskar
Min mor sa: Du är en drömmare född att vrida raka ögon sneda
Min mor sa: Om du kunde betrakta omständigheterna som förmildrande
skulle du låta mig komma lindrigare undan
Min mor sa: Underskatta aldrig vilka besvär människor gör sig
för att formulera sanningar som är möjliga för dem att uthärda
Min mor sa: Du var inte livsduglig ens från början
Min mor sa: En kvinna grävde ut sin mors ögon med fingrarna
så att modern skulle slippa se dotterns förfall
Min far sa: Du har en dragning åt metafysik
Ändå skolade jag dig i produktionens beskaffenhet
när dina mjölktänder var intakta
Min mor sa: Din far levde för den yttersta dagen
Din mor likaså, men hon tvingades till andra ambitioner
Min mor sa: I din fars sömn blir ni avrättade tillsammans
I din fars dröm bildar ni en genealogi av revolutionärer
Min far sa: Din mor matade dig med importerade silverskedar
Din mor var överallt i ditt ansikte
kammade frenetiskt ut lockarna
Min mor sa: I en livstid avundades jag din fars trauman
tills jag insåg att mina egna var långt mer anmärkningsvärda
Min mor sa: Jag har spenderat en förmögenhet på dina pianolektioner
Men på min begravning kommer du att vägra spela
Min mor tog drömmen ur min fars hand och sa:
Du blir inte sötare av allt socker
Gå ett varv kring huset innan du tar insulinsprutan
Min far sa: Jag har levt mitt liv, jag har levt mitt liv
jag har gjort min beskärda del
Nu återstår intet av ungdomens sötebrödsdagar
Min mor sa till min bror: Ta dig i akt för främlingar
Minns att du ingenting har att återvända till
om de skulle bli fientliga
Min bror sa: Jag hade en så underlig dröm
Att gryningen dog i mina ögon innan sömnen skingrats
En mänsklighet av socker och slakt
När jag tog farväl av ljuset visste jag allt
Min mor sa: Ur cellernas delning
ur ett genetiskt material
ur din fars huvud
Men inte ur mig
Min far sa: Ur civilisationernas kamp
ur en grundläggande antagonism
ur mitt trötta huvud
Men inte ur henne
Min far sa: Om det gick att tävla i martyrskap skulle din mor göra allt för att förlora
Min mor sa: Hjärtat är inte som knäet som kan böjas av fri vilja
Min far sa: Även den tupp som inte gal får se solen stiga
Min mor sa: Men om hönan inte värper serveras hon själv till middag
Min far sa: Din bror rakade sig innan skägget börjat växa
Din bror såg terroristens ansikte i spegeln
och önskade sig en plattång i julklapp
Min bror sa: Någon gång vill jag dö i ett land
där människor kan uttala mitt namn
Min bror sa: Tro inte att det står i din makt att erbjuda mig något
Min far sa: Vems far är det du skildrar
Min mor sa: Vems mor är det du skildrar
Min bror sa: Vilken bror är det som åsyftas
Min mormor sa: Om du inte hackar klart grönsakerna snart blir det ingen middag
Min far sa: Åt de som har ska vara givet
och från de som saknar ska ännu mer tas
Min mor sa: Ta lite mer mjölk innan den härsknar
Min mor sa: Visst vore det underligt att känna
en enda natt som denna
mitt språk i din mun
from: Vitsvit
Albert Bonniers Förlag, 2013
ISBN: 9789100131142
Audio production: Rámus., 2013
[Meine Mutter sagte: Es scheint, als wäre dir nie in den Sinn gekommen]
german
Meine Mutter sagte: Es scheint, als wäre dir nie in den Sinn gekommen
dass von deinem Namen die Zivilisation abstammt
Meine Mutter sagte: Das Dunkel in meinem Bauch ist das einzige Dunkel, das du beherrschst
Meine Mutter sagte: Du bist eine Träumerin, geboren, um gerade Augen schiefzuziehen
Meine Mutter sagte: Wenn du die Umstände als mildernd einstufen könntest
würdest du mich glimpflicher davonkommen lassen
Meine Mutter sagte: Unterschätze nie, welche Mühe Menschen sich geben
um Wahrheiten so zu formulieren, dass sie sie aushalten können
Meine Mutter sagte: Nicht einmal ganz am Anfang warst du lebensfähig
Meine Mutter sagte: Eine Frau höhlte ihrer Mutter mit den Fingern die Augen aus
damit die Mutter das Verderben der Tochter nicht mitansehen musste
Mein Vater sagte: Du hast einen Hang zur Metaphysik
Trotzdem habe ich dich über die Qualität der Produktion unterrichtet
als deine Milchzähne intakt waren
Meine Mutter sagte: Dein Vater lebte für den Jüngsten Tag
Deine Mutter ebenso, doch man zwang sie zu anderen Ambitionen
Meine Mutter sagte: Wenn dein Vater schläft, werden wir zusammen hingerichtet
Wenn dein Vater träumt, bilden wir eine Genealogie der Revolutionäre
Mein Vater sagte: Deine Mutter hat dich mit importierten Silberlöffeln gefüttert
Deine Mutter war überall in deinem Gesicht
kämmte frenetisch die Locken glatt
Meine Mutter sagte: Ein Leben lang habe ich deinen Vater um seine Traumata beneidet
bis mir klar wurde, dass meine eigenen weitaus bemerkenswerter sind
Meine Mutter sagte: Ich habe ein Vermögen für deine Klavierstunden ausgegeben
Doch an meiner Beerdigung wirst du dich weigern zu spielen
Meine Mutter nahm meinem Vater den Traum aus der Hand und sagte:
Du wirst nicht süßer von all dem Zucker
Geh eine Runde ums Haus, bevor du die Insulinspritze nimmst
Mein Vater sagte: Ich habe mein Leben gelebt, ich habe mein Leben gelebt
ich habe meinen gerechten Anteil getan
Jetzt bleibt nichts mehr von den süßen Tagen der Jugend
Meine Mutter sagte zu meinem Bruder: Nimm dich vor Fremden in Acht
Denk dran, dass du nichts hast, wohin du zurückkehren kannst
sollten sie feindselig werden
Mein Bruder sagte: Ich hatte einen so seltsamen Traum
Dass die Morgendämmerung in meinen Augen erlosch, ehe der Schlaf verflog
Eine Menschheit aus Zucker und Schlacht
Als ich Abschied vom Licht nahm, wusste ich alles
Meine Mutter sagte: Aus der Teilung der Zellen
aus einem genetischen Material
aus dem Kopf deines Vaters
Doch nicht aus mir
Mein Vater sagte: Aus dem Kampf der Zivilisationen
aus einem grundlegenden Antagonismus
aus meinem müden Kopf
Doch nicht aus ihr
Mein Vater sagte: Gäbe es einen Wettstreit im Märtyrertum, deine Mutter würde alles tun, ihn zu verlieren
Meine Mutter sagte: Das Herz ist nicht wie das Knie, das sich aus freiem Willen beugen lässt
Mein Vater sagte: Auch der Hahn, der nicht gekräht hat, darf die Sonne aufgehen sehen
Meine Mutter sagte: Doch wenn das Huhn keine Eier legt, kommt es selbst auf den Tisch
Mein Vater sagte: Dein Bruder hat sich rasiert, noch bevor sein Bartwuchs einsetzte
Dein Bruder hat das Gesicht des Terroristen im Spiegel gesehen
und sich zu Weihnachten ein Glätteisen gewünscht
Mein Bruder sagte: Ich möchte einmal in einem Land sterben
in dem die Menschen meinen Namen aussprechen können
Mein Bruder sagte: Glaub nicht, es stünde in deiner Macht, mir etwas anzubieten
Mein Vater sagte: Wessen Vater schilderst du da
Meine Mutter sagte: Wessen Mutter schilderst du da
Mein Bruder sagte: Auf welchen Bruder spielst du an
Meine Großmutter sagte: Wenn du nicht bald das Gemüse schneidest, gibt es kein Essen
Mein Vater sagte: Denn wer hat, dem wird gegeben
wer aber nicht hat, dem soll noch mehr genommen werden
Meine Mutter sagte: Nimm noch ein bisschen mehr Milch, bevor sie sauer wird
Meine Mutter sagte: Es wäre doch wohl seltsam
in einer einzigen Nacht wie dieser
meine Sprache in deinem Mund zu spüren
VI ER IKKE ENDAGSDYR
danish | Pia Tafdrup
I mørket vogter månen
konkavt.
Dine øjne er lukkede -
alle har set noget,
men ingen det samme.
Hvad ansigtet skjuler,
iagttager natten.
og døren står åben.
Dine øjne er lukkede -
dit ansigt er nær mit.
En kraft stiger og stiger
fra det øjeblik, vi fødes,
- og vi er ikke endagsdyr.
Vores hjerne er ikke konstrueret
til at styre vinger,
men til at bygge sprog
og navigere på anden vis:
At tænke er at forsøge
at se på en ny måde, polarklart
- hvilket vil sige
også at fatte begrænsningen.
Dine øjne er lukkede -
din krop er et kast frem
i det safranlysende skær.
Søvnen har væltet
din hjernes rosettasten;
den viser en skrift,
vi ikke har tydet før …
Vores sted er tiden,
og vi læser,
som ville vi forsøge at huske det,
der endnu ikke er hændt os.
Hvad vi ikke gør,
tilgives ikke.
Den ene hånd griber hårdt,
den anden beskytter,
en tredje velsigner.
Dine øjne er lukkede ―
sjælen tiltrækkes
af det uendelige rum,
bygget af musikkens pauser.
Jeg har dit skrig
i min mund.
from: Hvalerne i Paris
Gyldendal, 2002
Audio production: LiteraturHaus København, 2013
WIR SIND KEINE EINTAGSTIERE
german
Im Dunkel wacht der Mond
konkav.
Deine Augen sind geschlossen –
alle haben etwas gesehen,
doch niemand dasselbe.
Was das Gesicht verbirgt,
registriert die Nacht
und die Tür steht offen.
Deine Augen sind geschlossen –
dein Gesicht ist meinem nah.
Eine Kraft steigt und steigt
vom Augenblick unserer Geburt an
– und wir sind keine Eintagstiere.
Unsere Gehirne sind nicht konstruiert
um Flügel zu lenken,
sondern um Sprache zu bilden
und anders zu navigieren:
Das Denken ist der Versuch,
auf eine neue Weise zu sehen, polarklar
– was bedeutet
auch die Begrenzung zu erfassen.
Deine Augen sind geschlossen –
dein Körper ist einen Wurf voraus
im safranleuchtenden Schein.
Der Schlaf hat den Rosettastein
deines Gehirns umgestürzt;
er zeigt eine Schrift,
die wir noch nie gedeutet haben …
Unser Ort ist die Zeit,
und wir lesen,
als versuchten wir uns an das zu erinnern,
was uns noch gar nicht passiert ist.
Was wir nicht tun,
wird nicht vergeben.
Die eine Hand packt fest zu,
die andere beschützt,
eine dritte segnet.
Deine Augen sind geschlossen –
die Seele wird angezogen
von dem unendlichen Raum,
erbaut aus den Pausen der Musik.
Ich habe deinen Schrei
in meinem Mund.
OCEANERS BRÆNDPUNKT
danish | Pia Tafdrup
„Fiskeri forbudt”
står der på skiltet ved det kurvede ocean,
men jeg har netop fanget
en hval
uden at blive slugt -
det er ordene, der har den i munden nu.
Jeg tænker i lyset,
der er gråt som menneskeaske,
over hvalens væsen
- forstår,
mens jorden kysses
af metallisk hed regn,
at intet er, hvad jeg har ventet.
Der gives ikke andet midtpunkt i en søsyg verden
end det, der bevæger sig frit …
Hvad indfangede
hvalens øje?
Fra urhavet truede den mig
med et kraters glæde,
med hellig skamløshed.
Den fylder til min lettelse
uendeligt meget mere end mit eget liv,
når jeg drømmer om den
- eller for at udtømme det muliges rige
møder den febernøgen
og mærker,
mens det vidunderlige gløder og gør ondt,
at jeg taber min sjæl i dens,
fordi den taber sin i min.
from: Hvalerne i Paris
Gyldendal, 2002
Audio production: LiteraturHaus København, 2013
BRENNPUNKT DER OZEANE
german
„Fischen verboten“
steht auf dem Schild am kurvigen Ozean,
aber ich habe soeben
einen Wal gefangen
ohne verschlungen zu werden –
die Worte haben jetzt ihn im Mund.
Ich sinniere im Licht,
das grau ist wie Menschenasche,
über das Wesen des Wals,
– verstehe,
während metallisch heißer Regen
die Erde küsst,
dass nichts so ist, wie von mir erwartet.
In einer seekranken Welt ist kein anderer Mittelpunkt gegeben
als der, der sich frei bewegt ….
Was erfasste
das Auge des Wals?
Vom Urmeer drohte er mir
mit der Freude eines Kraters,
mit heiliger Schamlosigkeit.
Zu meiner Erleichterung füllt er
unendlich viel mehr aus als nur mein eigenes Leben,
wenn ich von ihm träume
– oder, um das Reich des Möglichen auszuschöpfen,
erscheint fiebernackt
und spürt,
während das Wunderbare glüht und wehtut,
dass ich meine Seele in seiner verliere,
weil er die seine in meiner verliert.