KRISTAL

Ka kohë që s'shihemi dhe ndjej
Si të harroj un'dalngadal,
Si vdes tek unë kujtimi yt
Si vdesin flokët dhe gjithçka.

Tani kërkoj unë posht'e lart
Një vend ku ty të të lëshoj.
Një strofë a notë a një brilant
Ku të të lë, të puth, të shkoj.

Në s'të pranoftë asnjë varr,
Asnjë mermer a morg-kristal,
Mos duhet vall' prap' të të mbart
Gjysmë të vdekur, gjysmë të gjallë ?

Në s'gjetsha hon ku të të hedh
Të gjej një fushë a një lulnajë
Ku butësisht porsi polen
Gjithkund, gjithkund të të shpërndaj.

© Ismaïl Kadaré
From: Vepra. Vëllimi i njëmbëdhjetë. Tome 11.
Paris: Editions Fayard, 2002

Samstagabend

Schnell in ein Restaurant, eine Schale Nudeln bestellt.
In zwei Minuten gegessen, sehr beschäftigt wirkend, nicht mal
die schwarze Katze beachtet, die am Boden hockt und dauernd
schmeichlerisch miaut. Im Lokal sind nur zwei Leute,
der Wirt und ich. Schief an die Theke gelehnt
lächelt er unentwegt den Fliegentöter an, entledigt sich
mehr oder weniger teilnahmslos meiner Ungeduld, offenbar der Eintönigkeit
dieses Abends beipflichtend. Während er sorgfältig das Wechselgeld herausgibt,
spüre ich, wie wichtig es ist, etwas zu tun zu haben.

Also hinaus auf die Strasse, eine Abendzeitung gekauft,
(keine Neuigkeiten) und in den nächsten Bus hinein.
Die Klimaanlagen in den öffentlichen Bussen sind zu stark eingestellt,
ich schaudere, presse mich rasch in einen Sitz.
Der Bus ist von seltsamen Gerüchen nach Plastik,
Sägemehl und Farbe erfüllt. Im Bus sind kaum Leute, es regnet,
wer wird da noch einen Fuss vor die Tür setzen? Es sei denn, man fährt nach Hause,
oder wird von einem zweifelhaften Gedanken getrieben,
wer sonst wäre bereit, vier Fahrkarten zu vergeuden, nur um mit hängendem Kopf
im Halbschlaf durch die Nanjing-lu zu fahren?

Nach einer Weile, aus dem Dämmer erwacht, steige ich
hastig aus. „Zu dumm!“ sagt jemand
hinter mir. Ins Putzen seiner Brillengläser vertieft
hat er die Haltestelle verpasst. Ich werfe einen Blick zurück,
schwankend fährt der Bus ins verschwimmende Dunkel
aus Regenfäden, Nacht und Neonlichtern hinein.
Nun weiss ich, der junge Kerl am Eingang der Bank
ist der Mann, den ich sehen will. Er ist kurzhalsig,
klein, und nennt sich selbst einen Räuber, kein Wunder,
er hat schon alles aus seinem Aussehen herausgeholt.

Noch vor dem Betreten des Schnell-Restaurants
haben wir ein paar Sätze zu Ende gesagt. Wir holen uns kalte Getränke,
setzen uns ans Fenster und beginnen über ein paar
uns bekannte Beteiligte zu reden. Ihr Leid
eilt zwischen ein paar Universitäten hin und her. Ausserdem
haben sie sich auch ans Spötteln gewöhnt,
spötteln über ihre eigenen Organe, sie können nicht anders,
und über die Langeweile von allerlei Plänen. Wenig später
äugt er wieder auf die Schaufensterstrasse, mühsam
mit den Geschäftsstrassen in seinem Kopf Vergleiche anstellend.

Nebenbei erwähnt er das Begräbnis seiner Mutter,
lauter Verwandte, lauter Knallfrösche, lauter
unbekannte kleine Kinder, aber nur ganz kurz standen
die Angehörigen um das Porträt der Verstorbenen und bekundeten ihre Trauer.
Er meint, ihr Tod habe einen Streit beendet.
Mir wird nicht klar, wer mit wem
beschloss die Arznei ins Brot zu tun, sie ass davon
einen Monat, dann lächelte sie ein letztes Mal.
Als wir für einen Moment in angemessenes Schweigen verfallen,   
merken wir, dass wir die Zeit schon ziemlich in die Länge gezogen haben,
stehen auf und verabschieden uns: „Bis zum nächsten Mal!“

     Kaum auf der Strasse, ist er verschwunden.
Es ist noch früh, vor dem Heimweg kann es nicht schaden,
noch ein bisschen durch die Strassen zu bummeln. Wieder packt mich  
dieser unselige zweifelhafte Gedanke. Das Herz hämmert.
Eine Zigarette geraucht. Sogar zum Kino gegangen und
das Programm angeschaut, offenbar alles schon gesehen. Ein Film
über Opium, einer über Scheidung, ein dritter
über einen von uns, der seine Gefühle besiegte.
Die Lösung, die ich mit zehn Jahren bekam,
erörtert immer noch meine Frage: Ich gehöre zu uns.

Folglich sind die Kennzeichen glücklicher Tage
spazieren gehen, baden und in der 1. bis 3. Person
Singular bedächtig das Blaue vom Himmel herunterreden. Was
soll das bedeuten? Ein paar Strassen, ein paar Musikkappellen,
die die Nationalhymne und Militärmusik spielen. In den weit geöffneten
Eingängen der Kaufhäuser flutet ein kalter Lufthauch. Im Kaufhaus
sind zwei Mädchen dabei, sich BH‘s auszusuchen. In dem Augenblick
möchte ich nach Hause. Andernfalls müsste ich unter der Hochstrasse
bei einem Qigong-Meister lernen, mit den Füssen den Rücken zu umklammern,     
Faustkampf üben, und am Ende gar auf den Händen durch die Strassen gehen.

Gähnend, mit ihren Computern, kriechen die Angestellten
in die Taxis; in den ungleich hohen Gebäuden
gehen die ersten Lichter aus. Aus den Bars in den Gassen
dringt Beifall von Jazzmusik. Immerhin,
zu dieser Schlafenszeit ein solcher Lärm,
als wäre das Leben einer Woche endlich auf dem Höhepunkt angelangt.
Doch schon hat der Bus die Haltestelle erreicht. Jetzt
ist die Nacht tief aber aschgrau, nicht pechschwarz.
Zurück auf dem Campus, sehe ich unter den Bäumen
am Wegrand sogar zwei Kinder, die umschlungen dahingehen.
 

4. 6. 1997

Die Nanjing-lu ist die wichtigste Geschäftsstrasse Shanghais. Die dort verkehrenden klimatisierten Busse sind viermal so teuer wie die normalen einfachen Busse.

© Aus dem Chinesischen von Raffael Keller