In the movies

„Film ist vierundzwanzigmal
                          Wahrheit pro Sekunde“

                                    Jean-Luc Godard


Vierundzwanzigmal pro Sekunde
laufe ich mir davon kommt etwas
auf mich zu sagt: Ich


laufe davon bin fest
gehalten in den Bildern
die laufen ein Massaker
jede Bewegung eine Wendung
im Schlaf in vierundzwanzig
Stück pro Sekunde Stunden
der Tag zerteilt eine gepreßte
Stimme die Tonspur sagt: Ich


hab mich verlaufen sehe vor
lauter Bildern den Film nicht
den Stillstand sehe mich vor
vierundzwanzig Feststellungen
pro Sekunde bewegt die Hand
in den Mund gestopft: Leben

tut weh Madame beißen Sie zu.

© Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1995
From: Blue Box. Gedichte
Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 1995
ISBN: 3-518-40681-7
Audio production: 2000 M. Mechner, literaturWERKstatt berlin

neurorumor

totenmesse für meine neuronen
vorzeitig gefallen
in einem krieg, der nicht der ihre war
für meine neuronen
jung verschieden, strotzend vor ideen
voller pläne.

mit einem streifen pelikanolfilm als schale, der periodisch mit der zunge befeuchtet,
geschickt in den schädel gesteckt,
und bei der gelegenheit gleich ein gelbwelkes blatt fortstreifend, das der wind herantrug, jener vom
druckabfall zwischen außer- und innerhalb des craniums verursachte,
ganz zu schweigen von den dosenbohnen, konstant konsumiert
auf einem hirn mit prothesen aus verfestigtem nebel,
nach einem temporären leistenbruch
weißt du wie’s ist, hinter dir
eine gedankenversunk‘ne hirnwindung her zu zerren?

und unaufmerksame übergewichtige treten darauf

requiem für meine synapsen

für meine von der schwarzen sonne der melancholie, vom grauen mond, der beigen sonne verbrannten synapsen

von denen ich abbeiß und mir bleibt stecken ein stück im hals
von denen ich abbeiß und noch einmal
mir bleibt im hals
stecken ein  stück, fatal.

 

 

Übersetzung aus dem Rumänischen von Eva Wemme