Halb Taube Halb Pfau 2

Offenbar geht es darum, das Land zu durchqueren, es womöglich zu besiedeln. Das bin also ich, wie ich das Land durchquere, es mir erschließe. Und ich trage eine große Lampe an der Stirn, einen Detektor für außergewöhnliche Vorkommnisse vor der Brust, einen Expeditionshut, beige, auf dem Kopf, ich trage meinen Kopf, und gegen das stechende Weiß, die Schneewehen, gegen die vaskuläre Erschlaffung, den anästhesierten Blick formuliere ich widerspenstige Sätze. Ich sage:

Zu gleichen Teilen bin ich der Landschaft ausgesetzt die Landschaft mir. Ich bin dem Weiß überlassen, wie das Weiß mir überlassen ist. Hier bin ich der Angst ausgesetzt, hier ist die Angst ausgesetzt. Das Land macht mir zu schaffen, ich mache mich am Land zu schaffen. Ich baue Dinge im Land, mit denen ich das Weiß vermesse oder eindämme, umstelle oder zeitweise überschreite. Ich trage auf und grabe aus, ich sammle und schiebe zusammen. Das sind die Schollen, die ich bilde im Land.          
Von Zeit zu Zeit weiß ich dem Gebiet nicht beizukommen. Man droht sich alle paar Meter zu verlaufen. Die Suche nach einem Zusammenhang im Land gestaltet sich schwierig, die Infrastrukturen scheinen nahezu aufgelöst. Es gibt hier keine Wegweiser. Es gibt so viele freie Flächen, offenbar handelt es sich zu großen Teilen um nicht erforschtes, nicht besiedel-bares Gebiet. Vage Vektoren zeichnen sich als momentane Marschroute über das Revier, aber es gibt so viele unter-schiedliche Richtungsmöglichkeiten. Und vielleicht ist es so: An diesen Schollen ist das Land zusammengenäht. Hier wird es reißen.

© 2016 by Secession Verlag für Literatur, Zürich
From: Halb Taube Halb Pfau
Zürich: Secession Verlag für Literatur, 2016
Audio production: Audiotrack aus: Halb Taube Halb Pfau (Secession Verlag für Literatur 2016)
Regie: Maren Kames & Milena Kipfmüller, Komposition: Klaus Janek, Stimmen: Maren Kames & Marina Frenk

[Apparently the territoy must be crossed]

Apparently the territoy must be crossed, ideally colonized. That would be me then, how or with what means I cross the land, expolit it. And I’m wearing a big headlamp, a detector for unusual incidents on my breast, an expeditionary helmet, beige, on my head, I carry my head, and against the gleaming white, the snow drift, against the vascular atony, the anesthetized gaze, I formulate wayward sentences. I say:

I am exposed to the landscape to the same degree the landscape is exposed to me. I’ve been abandoned to the white, just as the white is abandoned to me. Here, I am exposed to fear, here, fear is exposed. The land worries me, I worry the land. I build things in the land with wich I measure or contain, convert or momentarily traverse the white. I grab on and dig out, I gather and scrape togehter. These are the floes that I build in the land.
At times I don’t know how to navigate the region. At each turn, I threaten to lead myself astray. The pursuit of unity in the land proves difficult, the infrastructures seem almost desintegrated. There are no guideposts here. There are so many empty expanses, apparently they are, in large part, unexplored and uninhabitable zones. Vague vectors indicate my momentary route across the district, but there are so very many viable trajectories.

Translated by Amanda DeMarco