Gunshot

Our country is the stage.
            When soldiers march into town, public assemblies are officially prohibited. But today, neighbors flock to the piano music from Sonya and Alfonso’s puppet show in Central Square. Some of us have climbed up into trees, others hide behind benches and telegraph poles.
            When Petya, the deaf boy in the front row, sneezes, the sergeant puppet collapses, shrieking. He stands up again, snorts, shakes his fist at the laughing audience.
            An army jeep swerves into the square, disgorging its own Sergeant.
            Disperse immediately!
            Disperse immediately!
the puppet mimics in a wooden falsetto.
            Everyone freezes except Petya, who keeps giggling. Someone claps a hand over his mouth. The Sergeant turns toward the boy, raising his finger.
            You!
            You!
the puppet raises a finger.
Sonya watches her puppet, the puppet watches the Sergeant, the Sergeant watches Sonya and Alfonso, but the rest of us watch Petya lean back, gather all the spit in his throat, and launch it at the Sergeant.

            The sound we do not hear lifts the gulls off the water.

© Ilya Kaminsky
From: Deaf Republic
Minneapolis, MN: Graywolf Press, 2019
Audio production: Haus für Poesie, 2019

Schuss

Schauplatz ist unser Land.
            Wenn Soldaten in die Städte einmarschieren, herrscht Versammlungsverbot. Aber heute rotten sich die Nachbarn vor dem Klavier von Sonja und Alfonsos Kasperletheater am Marktplatz zusammen. Manche von uns sind auf Bäume geklettert, andere verstecken sich hinter Bänken und Masten.
            Wenn Petja, der taube Junge aus der ersten Reihe, niest, stürzt der Handpuppensergeant mit einem Schrei zu Boden. Er richtet sich auf, prustet, droht dem lachenden Publikum mit erhobener Faust.
            Ein Armeejeep fährt vor, spuckt einen eigenen Sergeant aus.
            Weitergehen, nicht stehen bleiben!
            Weitergehen, nicht stehen bleiben!
, äfft die Puppe die Stimme in hölzernem Falsett nach.
            Alle erstarren, nur Petja kichert noch. Jemand drückt ihm mit der Hand den Mund zu. Der Sergeant dreht sich mit gehobenem Zeigefinger zu dem Jungen um.
            Du!
            Du!
, hebt die Puppe den Finger.
            Sonja guckt zu ihrer Puppe, die Puppe zum Sergeant, der Sergeant zu Sonja und Alfonso, aber der Rest von uns guckt auf Petja, der sich zurücklehnt, alle Spucke im Rachen sammelt und sie auf den Sergeant schießt.

            Das Geräusch, unhörbar, scheucht die Möwen vom Wasser auf.

Übertragen von Dagmara Kraus
VERSschmuggel 2019, poesiefestival berlin
Sprachmittlerin: Irina Bondas