Minsk

Ich habe nie so viel Schnee gesehen
nicht so viele Landstriche so dick überfroren
kalt und eisstill wie das Land das sich abkehrt von uns
in ein inneres Gespräch senkt sich
die Weite mit der Weite
einige rennen darauf sterben verrecken tausende
graben und ziehen Linien aus Draht in die
vereiste Luft in. Die Wälder sind tief
keiner geht darin
ohne Grund
nur stufenweise Geschichte aufgeblättert
die Propeller der Maschinen
unaufhörliche Wiederholungen der
Kälte
nicht Wille nicht Erdknochen nur
wie weit kann man laufen
wenn der Himmel sich einwärts biegt Eisregen fasst
die Statik des Himmels der Sterne
Schiffsladungen die Docker fremder Häfen
Kohle Knochen Hoffen auf etwas
was fern liegt
angerührt vom Innersten her
junge Buchen
  hell oder neu oder Wind.

© Carl Hanser Verlag, 2016
From: Proben von Stein und Licht. Gedichte
München: Carl Hanser Verlag, 2016
Audio production: Literaturwerkstatt Berlin, 2015

Minsk

I never saw so much snow
never so many tracts of land frozen so thick
cold and icestill like the land that turns away from us
sinks into an inner conversation
the breadth with the breadth
some run across die croak thousands
dig and draw lines of wire into the
icy air in. The woods are deep
no one wanders within
groundlessly
only gradually unfolding history
the propellers of machines
ceaseless repetitions of
the cold
not will not earthbones only
how far can one run
when the heavens bend inward sleet grasps
the static of the heavens the stars
shiploads the dockers of foreign ports
coal bones hope for something
which lies distant
touched from deep inside
young beeches
bright or new or wind.

Translated by Anne Posten