Kerstin Hensel
german
EXUBERANCE WITH BLOODY HANDS
What do the Minoans teach us –
exuberance with bloody hands?
The wind the Goddess brings
is both wonderful and vicious
she flies into your soul
she flies into your face
and what will you do to see her?
Become the stone altar
become the moist fetish
become the bird screaming down on you
it’s just a trance
you tell yourself
you’ll wake up tomorrow
your lover sleeping on your shoulder
it was just the wine
it was just the drugs
it’s all over
I can’t remember
nothing happened
no-one got hurt
but there was something
a wind, a bird, a sense
of being taken up and over
dancing and dying
dancing and not dying
dancing and living forever
but your mortal lover snores
and snuffles into your mortal skin
the rattle, the trees, that perfume,
that fantastic presence
what are you fit for now?
whose throat would you cut
to have it happen again?
From: Crete
South Melbourne: Hyland House , 1996
Audio production: M.Mechner, literaturWERKstatt, 2003
GEILER WAHNSINN BLUTIGER HÄNDE
Was lehren die Minoer uns -
geiler Wahnsinn blutiger Hände?
Die Göttin Wind
ist groß und grausam gleichermaßen
in deine Seele schlägt sie ein
sie schlägt dir ins Gesicht
wie willst du sie erkennen?
Werde zum Steinaltar
zum feuchten Fetisch
werde der Vogel, der auf dich herabkreischt
ein Wahngewirr ists
sagst du dir
morgen wirst du erwachen
schlafend an der Schulter die Geliebte
es war nur der Wein
es war nur der Rausch
alles vorbei
erinnre mich nicht
nichts ist geschehen
niemand verletzt
aber da war was
ein Wind, ein Vogel, das Gefühl
aufsteigen und an die Kandare genommen zu werden
tanzen und sterben
tanzen und nicht sterben
tanzen bis in alle Ewigkeit
doch dein sterblicher Geliebter schnarcht
und schneuzt sich in deine sterbliche Haut
dieses Ratzen, die Bäume, dieses Parfüm
dieses wahnwitzige Dasein,
was bringt dich wozu jetzt?
Würdest du wessen Kehle durch-
schneiden, damit es noch einmal geschieht?
auch in: Hochzeit der Elemente. Zeitgenössische australische Dichtung.
Hg. von Ivor Indyk
Köln: Du Mont 2004