Tragödie

Mama hat mich
immer gewarnt

Mit dir zieh ich mir
ein hölzernes Pferd
in die Mauern

Papa ringt jetzt
mit den Schlangen
am Strand

© Verlag Voland & Quist
From: Klimaforschung [Mit Audio-CD]
Dresden und Leipzig: Verlag Voland & Quist, 2008
Audio production: 2004, M.Mechner / Literaturwerkstatt Berlin

Der Habicht und der Schatten

Am Sommerhimmel fliegt der Habicht
Unter der Kalligraphie des Zodiak
In zunächst weiten und abrupten Kreisen
Wie unaussprechliche Gedanken
Dann werden sie enger, obsessiver
Er säumt über dem Heimatgrund
Wiewohl sich alles Übrige weiterhin um
Eine imaginäre Achse dreht.

Der Schatten des Habichts fällt kreisförmig
Auf die Erde, aus der die Wasser sprudeln
Wie verbotene Liebschaften
Und der Mensch gibt dem Durst nach,
Auch wenn er sich nicht traut, es zuzugeben.

Der Echoschatten klingt im Traum nach
Habicht, hab ich tausend Jahre Erinnerung…

Erinnere dich an den Augenblick, als sie dich betörte.
Sie war unhörbar gegen den Himmel geprallt
Treu ergeben dem Habicht und dem Unermesslichen
Dir kam es vor, als komme sie von allen Seiten,
Und konntest sie doch nirgends finden.

Erinnere dich an diesen überirdischen Augenblick.
Wenn die Untreue der Anfang wäre
egoistische Fata Morgana –
der Spaltung zwischen Seele und Form,

wenn die Erinnerung ihren dämonischen Strudel befreien würde,
dann würde sich wie ein Hirngespinst der Vogel
in dir einnisten, der auf dem Kreuz der Unendlichkeit einschläft,
weit weg vom Grund, an den uns die Eitelkeit schweisst
wie ans Leben.

Ewig suchst du auf Erden,
Was im Himmel geschieht.

Die verschwundene Form, der verlorene Mensch
Überfliegen deinen Geist
Du wendest dich um, bezaubert und untröstlich.

Und dein Schatten zeichnet sich ab, so nah,
Dass dir die Distanz fehlt,
Um dir selber näher zu kommen
Und deine Flügel zusammenzufalten.

Aus dem Mazedonischen von Michaël Pfister