Lagerfeld

Rom: offene Stadt Ein Feldlager
Auf dem Laufsteg defiliert die Mode
Der Jahrtausendwende Panzerhemden
Für den Beischlaf Zwei Gladiatoren
Kämpfen um den Arbeitsplatz mit Würgegriffen
Eine alte Übung, die Beifall findet
Dafür haben sie die Schule besucht ER ODER ICH
Der Gestank der Angst In seinem Imperium
Erfüllt sich Lagerfeld einen Traum EIN RUDEL
FRAUEN AUSGESUCHTE SCHÖNHEITEN  
Die Winterkollektion für die Daker-Kriege
Hat ihn reich gemacht ZUM ABGEWÖHNEN
Sie tragen meine Ideen, es sind Sommerkleider
In die verwöhnte Welt Ein Fest der Schönheit
Helena Christensen im Abendkleid Die beiden
Handwerker lassen indessen nicht locker
Der eine ist Commodus, der ausgelassene Sohn
Eines gelassenen Vaters und Fehltritt der Mutter
Wenn er verröchelt steht der Thron leer
Und Septimius Severus der Afrikaner
Marschiert mit der XIV. aus der Wildnis Wien
Auf die Hauptstadt ARMES ROM Ein Barbar
Imperator An seinen Fersen der Rest der Welt
Lagerfeld schaut nicht hin Er hat ein Problem
Er kann sie schöner machen, aber nicht besser
Immer noch schöner Das Outfit der Bestien
ARM UND REICH Eine geteilte Kundschaft
ES IST GRAUENHAFT Bezahlen und stehlen
Ich genieße das ungeteilte Interesse Aber
Er weiß was vor sich geht, er ist ja nicht blind
Der fünfzehnjährige Killer aus Springfield
EIN LEICHENBERG IN DER CAFETERIA DER HIGH SCHOOL
Er hat gelernt Hand anzulegen
Sitzt in Papierkleidern in Gewahrsam
Auch eine Mode Aus Amerika Kinderbanden
Durchkämmen Nordrhein-Westfalen Lehrlinge
Auf der Nahrungssuche bei Woolworth und Hertie
Ein fingerfertiger Völkerstamm aus der Zukunft
In den Arbeitsämtern  wartet das Aas
Auf die Wiederverwendung Es kann lange warten
Wer Arbeit hat wartet die Automaten
Sie warten darauf, etwas warten zu dürfen
Legionen Während die Welt schwarz wird
Wie Afrika MAN DARF GEWALT NICHT NUR ANKÜNDIGEN
MAN MUSS SIE AUCH AUSÜBEN Das auswärtige Amt
Erklärt sich mit inwendigem Grinsen
Zu Bosnien Man wird euch zeigen was Arbeit ist
Eine Maschine mit Gliedmaßen geschlechtsneutral
Das Mannequin für die Arbeit von morgen
AM ENDE DES TAGES BIST DU EIN PRODUKT
Das Denken ist genau das was ich vermeide
Das täglich bedruckte Papier
Der Gewahrsam gegen den Selbstmord der Gattung
Ich lese es nicht, ich schaue nicht hin
Ein Theater gefüllt mit Gleichmut
DER EINZIGE ORT WO ES WOHLTUT
VERZWEIFELN Der ausgelassene Kleist
In Stimmings Krug MEINE GANZE JAUCHZENDE SORGE
EINEN ABGRUND TIEF GENUG ZU FINDEN  legt Hand an
Ein Doppelpunkt bei Potsdam Das Warten auf nichts
Das ist das Drama: es gibt keine Handlung
Wir wissen es anders und handeln nicht Nein
Wir können nicht anders Das Kleid
Ist angewachsen MAN ARBEITET HEUT ZU TAGE
ALLES IN MENSCHENFLEISCH Aber sie dauert
Sehen Sie Commodus, ein Tod von der Stange /
Lagerfeld oder Die Gelassenheit Er
Liebt nicht die Schönen, die er haben kann Sein Herz
Sucht die Schönheit überall Die Schönheit
Ist ein Sohn der Gosse Sie ist vorbestraft
Sehn Sie den Steckbrief, schwarze Haut
Ich genieße den Luxus, ausgestoßen zu sein
Ein Idiot im 3. Jahrtausend Ein Bürger der Welt
Helena Christensen verläßt den Laufsteg
Warum soll ich Mode werden
In der Wegwerfgesellschaft
Das Stadion voll letzter Schreie Ideen
Roms letzte Epoche des Unernsts
Sehn sie nun das Finale ICH ODER ICH
Salute, Barbaren

© Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1999
From: Tumulus
Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag , 1999
ISBN: 3-518-41027-X
Audio production: 2000 M. Mechner, literaturWERKstatt berlin

[And I enter the dishevelled hair of the gardens...]

And I enter the dishevelled hair of the gardens, the night, with those lamps
illuminating the willows and the sluggish air leaning against the rockery,
since everything sleeps, children, their books of birds whose songs are
vaster than in any story. And I muse on love to keep the summer between
my legs, I say “utopia” while thinking “liberty,” working a long patience
with these words that take melancholy’s hand and lead it away, words without
hope, in which I will want to believe, however, even in my eternal ash.

translated by by Tim Lilburn
Versschmuggel, Poesiefestival Berlin 2007