Raphael Urweider
tropische trauer 17.12. 2020
17.12.2020.)
tropische trauer
17.12. 2020
ich schwitze schnaps unter meinem hemd
es ist nacht was ich in kleinen schlucken trinke
kommt in kleinen perlen aus meiner brust
es gibt fast kein vorwärtskommen
in dem immergleichen tropischen klima
anlegen sparen aufsteigen sind konzepte
die durch jahreszeiten begünstigt werden
hier hilft nur propaganda wie günstige
lebensversicherungen für HIV positive
luxus reality TV und der mann der sich
fünf frauen leisten kann alle gut gekleidet
überschminkt und abgesichert dies
befeuert die menschen mehr zu wollen
als sie brauchen oder sich leisten können
wie eine traumhochzeit von amerikanischen
fernsehideen und chinesischen produkten
aus kurzlebigen träumen gefertigt aus plastik
leuchtdioden und leichtmetall mehrstöckige
märkte aus nichts in niemals fertig gestellten
malls aus billigem ziegelstein wellblech
und erstaunlich schnellen rolltreppen das ist
der albtraum überproduktion ein vokabular
das nun alle rechtsschreibehilfen vorhersagt
unmenschliche wörter die menschen bedingen
die in diesen träumen überleben üben und alles
wertfrei wird weil eine bratpfanne mehr kostet
als eine matratze und eine andere bratpfanne
weniger als ein stück fleisch und eine andere
matratze mehr als ein stück mensch
ich trinke brandy und schwitze in mein hemd hinein
und weisß weder wer noch wie brandy oder hemd
gemacht doch scheinen wir uns immer mehr
daran zu gewöhnen dass die dinge wie träume
vor uns entstehen und dann irgendwo liegenbleiben
ohne dass wir den schmerz der herstellung sehen
wir gewöhnen uns wie an uns und das rätsel existenz