Kathrin Schmidt
idiom, das meinen mund schaukelt
idiom, das meinen mund schaukelt
über der atemschwelle, im schwesternkuß: klarnamen,
an die tür gehängt und vergessen, im stoffturnbeutel,
zwischen körperkultur und brotdose. jemand schweißte es
so zusammen - ledernacken und tochternatur -,
daß der hilfscode versagte, das rechte paßwort
sich im geheimen verlor. mundartmündel
mit kurzem insektenatem, waren wir zart gedacht
in unseren flappenden höschen, beim turnen nach noten
oder beim staffellauf. regelhafte beschwerden hielten wir
interniert, unter der leibdecke, im sonnengeflecht.
so konnte es bleiben, bis zwischen den mädchenlippen
pflanzen sich zeigten, schallmauerblumen. die wächsernen
stengel filterten wort um wort, das idiom war ein kunstgriff
geworden.