Christine Lavant
[Der Mondhof war noch nie so groß...]
[Der Mondhof war noch nie so groß...]
Der Mondhof war noch nie so groß,
im Süden kämpft die Regenzeit,
der Herr hält seinen Zorn bereit
und läßt gewiß die Hunde los,
sobald ich etwas träume.
Des Nachbars Apfelbäume
sind wild bewegt vom warmen Wind,
die Rosenkugel duckt sich blind
im gelben Wald der Malven.
Die Sterne, die mir halfen,
solang ich noch voll Hoffnung war,
bedeuten jetzt ein Sterbejahr
und Krankheit, Feindschaft, Kummer.
Mein Herz erträgt voll stummer
Verwunderung die arge Zeit
und trinkt in Abgeschiedenheit
den bittern Kelch der Ängste.
Die Nacht ist wohl die längste!
Vielleicht kräht niemals mehr ein Hahn?
Der Mond welkt wie ein Löwenzahn,
hat seinen Hof verloren.
Mein Traum fällt ungeboren
dem Eifer Gottes in die Hand,
ich weine keine Träne.
In meinen Augen knirscht der Sand
wie hundert Hundezähne.