vereinfache sie weder von rechts noch von links; vereinfache sie weder zu meinem eigenen besten noch zu meinem eigenen besseren.
bei jeder vereinfachung werde ich jammern, und das ist auch besser so.
wenn du eine blume vereinfachst, stirbt die blume; wenn du ein grab vereinfachst, zum beispiel, indem du einen stein rausziehst, bricht es über dir zusammen, und du erstickst du im grab eines anderen.
ich sehe einfach aus, bin aber eigentlich ziemlich komplex; genauso, wie jede mücke komplexer als der computer deep blue ist.
alle elefanten wissen das, und darum sprechen sie den mücken nie ihre komplexität ab, weshalb sie auch rein gar nichts dagegen tun können, dass die mücken sich in ihre ohren bohren und ihnen schmutzige geschichten erzählen.
alle schmutzigen mücken sind genauso komplex wie alle intellektuellen; die echte oder falsche unabhängigkeit eines intellektuellen zu bewahren ist darum an sich schon komplex genug.
mücken haben eine sehr kurze lebensspanne. dennoch sind sie ein teil der natur – kannst ja mal versuchen, sie auszurotten. kannst ja genauso gut mal versuchen, der
natur ihre würde abzusprechen.
die natur bewahrt ihre würde, indem sie ihre komplexität bewahrt, und so mache ich das auch.
also: rupf mir nicht die federn aus, ändere meinen kalender nicht, und lass mein tagebuch in ruhe.
ich wurde im jahr der revolution 1963 geboren. vereinfache mich nicht als einen idioten, der nur weiß, wie man no sagt. ich habe die 1980er knapp überlebt. vereinfache mich nicht als einen idioten, der nicht weiß, wie man no sagt.
vereinfache mich genauso wenig zu einem helden;
glaube genauso wenig, dass helden immer auf der seite der einfachen leute stehen, oder immer gegen sie; glaube genauso wenig, dass helden wenig komplex wären; genauso, wie einfache leute alles andere als einfach sind.
wenn du eine wahrheit willst, gebe ich dir eine virtualität; wenn du eine virtuelle existenz willst, nehme ich einen nagel und nagle deine füße am boden fest.
bereits im jahr 1992 habe ich meine existenz auf fünf ichs verteilt: ein bitteres; ein zweifelndes; ein undefiniertes; eines, das grinsend weiterspricht; eines, das seine segel auf dem teilnahmslos tobenden fluss der geschichte setzt.
weshalb ich auch im jahr 2011 dabei bleibe: leute, die die welt in schwarz und weiß einteilen wollen, sind ausgesprochen schwer von begriff.
wenn selbst ein schwarzweißfilm grautöne enthalten kann, solltest du dir erst recht nicht anmaßen, die hunderttausend farben des mächtigen herbstes meiner gewaltigen existenz zu bestimmen.
wenn die hähne nicht krähen, krähe ich.
vereinfache mich nicht zu einem hahn; und glaube genauso wenig, dass du die komplexität der hähne vereinfacht hättest, nur, weil du mich vereinfacht hast. um die komplexität der hähne zu bewahren bitte ich darum, auch meine komplexität nicht zu vereinfachen.
ich bin komplex, weil tiere und vögel überall auf der welt komplex sind.
ich bin komplex, doch jetzt bin ich müde, und bereit, vorerst die klappe zu halten. aber auch wenn ich die klappe halte, bleibe ich weiterhin komplex. hier endet dieses gedicht.
(20. dezember 2011, mumbai)