An Angel


Licht, Dunkelheit,
Inseln von Dunkelheit,
Inseln von Licht.
Angie schleuderte
ihr dickes schwarzes Haar nach hinten, belehrte
mich über die Grausamkeit, alles,
was wir aus Liebe tun, wird
für niemals Bestand haben,
mischte mir, damit ich nicht mehr begehre,
das Hirn der Katze mit Schnipseln
von Briefen, schleuderte mir
ihr dickes Haar, durch=
stieß mich.

In Europas Städten schrieen die Geistesgestörten.
Kleine Jäger schleppten ihre Beute ab.
Vom Mond fiel das Licht wie Puder
und bedeckte die Orte.
Weiß
wie das Rauschen der Sprache.
Wie das Summen der Sonnensysteme.
Schiele umspielt die Scham
mit Beinen, die man nicht liebt.
Mit liegenden, knieenden, rück=
wärtigen Positionen: Fremd
bleibt, was man liebt.
Teilchen vernichten einander im Blitz.

Nager wisperten
in den Krümmungen ihrer Gänge.
Das Schaben tektonischer Platten,
die zischende Auffächerung
der Säugetiere vor aller Zeit:
Ich hörte.
Ich schlief.
Korallen errichten Millionen
Kubikmeter Riff und verschwinden.
Die Spuren der Plünderungen verwischt.
Die Leichen seitwärts geschafft. So
tauchen die Sieger auf, als
Angie mich durchstieß.

Ich rede
von kleinen verlogenen Händen.
Vom Pochen der Pfortadern. Vom Oberst
mit den Gewehren. Aus der Ohm
wachsen Inseln. Gewitter wuchern.
Der flache Atem der Tierkörper. Die
erschreckenden Innenauskleidungen
der Frau. Als eine Frau
das Kinn eines Mannes berührt, um seinen Blick
aufzurichten, beginnt er zu weinen.
Zwischen den Zweigen
erscheint ein Gesicht und verschwindet
für alle Zeit.

Inseln von Dunkelheit.
Inseln von Licht.
Wie Brausepulver glitzerte Angie auf meiner Haut.
Es fiel ihr dickes Haar.
Es ist eine alte Geschichte.
Und meine Hände griffen
in einen Laut,
der schmeckt wie Erde,
griffen in Licht, das sich
anhört wie Blut.
Für alle Zeit.

© Paulus Böhmer
Aus: Wäre ich unsterblich. Gedichte 1996-1999.
Deutscher Taschenbuch Verlag, 2001
Audioproduktion: 2005, M.Mechner / Literaturwerkstatt Berlin